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Blau unter Schwarzen - Gesammelte Prosa I

Blau unter Schwarzen - Gesammelte Prosa I

Titel: Blau unter Schwarzen - Gesammelte Prosa I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gsella
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lang, dann kriegt der Pfeil zwar furchtbare Kopfschmerzen, aber sein Schreien hören wir nicht. Pfeile schreien im Ultraschallbereich, daher sollte man sie mit Fledermäusen zusammenbringen, die sehen den Pfeil zwar nicht, umfliegen ihn aber weiträumig. Vorteil: Der Bildschirm bliebe unbeschädigt. Das Wunderbare ist: Es funktioniert auch andersherum. Sind also Fledermäuse im Zimmer, muss man nur den Pfeil zum Schreien bringen, dann kann dem Bildschirm nichts passieren.

ÖÖÖH-KOOH!
    Ein schlimmes Drama in drei Akten
    ERSTER AKT
    Die Titanic -Mitarbeiter Greser, Gsella, Lenz und Sonneborn
    9.45 Uhr am Zweckwohngemeinschaftsküchentisch
    GRESER (in Feinrippunterwäsche, hesselnd) Un wann willse komme?
    LENZ (im bordeauxroten Morgenmantel, eine Maßanfertigung) Um zehn. Noch ne Viertelstunde.
    GSELLA (im grünen Morgenmantel) Geh ich mal fix duschen.
    SONNEBORN (in Boxershorts) Und ich Zähne putzen.
    LENZ Jaja, haut nur ab, ihr feigen Ärsche.
    Beide ab. Es klingelt. Lenz geht zur Wohnungstür und öffnet.
    LENZ Oh, hello! You come very … pointly. I am Heribert.
    Hinter Lenz betritt eine junge Frau die Küche; sie setzen sich.

    LENZ Achim, that’s Alina. Alina, that’s Achim. – Sie ist Bulgarin. Deutsch kann sie nicht, aber ein klein bisschen Englisch. Sagt jedenfalls ihre Chefin.
    GRESER Schlücksche coffee? (Hält Alina die Kaffeekanne hin; Alina hebt abwehrend die Hände.) Na, denn ebbe net. (Zu Lenz:) Wo habt ihr die aal Schlamp’ eischentlisch her?
    LENZ Och, irgend so ne Vermittlung. (Zu Alina:) Which name has your … ehm … concern?
    ALINA Nix värsteh Englisch. Bitte Deutsch.
    GRESER Ups.
    Längere Stille. Vorhang
    ZWEITER AKT
    GSELLA (erscheint im Küchentürrahmen, sieht Alina und bleibt abrupt stehen) Ähm … Formalitäten so weit klar?
    LENZ Pff! Denk nicht dran. Du verziehst dich, und wir sollen alles regeln. GSELLA Ach, Mist. Ich kann so was nicht!
    LENZ Komm, wir wollten’s alle! Außerdem bezahlen wir sie stark übertariflich.
    GRESER Setz dich halt hin. Alinsche, des is Thomas.
    GSELLA (geht zum Tisch und gibt Alina die Hand) Good morning!
    By the way: You can say communist to me. Okay, I’m not in a party, but my soul feels with the lower class, the steelworkers and so what …
    LENZ Gsella, Pidgin kann sie nicht. Aber ein bisschen Deutsch.
    Sonneborn betritt den Raum. In der linken Hand trägt er Besen,
    Staubtuch und Schrubber, in der rechten einen Eimer mit Lappen.
    GRESER Na, des nenn isch »mit de Tür ins Haus falle«!
    SONNEBORN Ich will’s ihr doch nur hinstellen. Damit sie gleich nicht blöd rumsuchen muss …
    GSELLA Aber wir sollten uns doch wenigstens kurz kennenlernen, ihr sagen, dass wir anders drauf sind.
    LENZ Dann geht das Putzen ja auch gleich viel leichter!
    ALINA Jetz putze? Is okay. (Will aufstehen) Anfange in Küch.
    GSELLA Nein, bitte. Sein doch gar nicht schmut-zig. Wir gestern alles durchgewischt. (Fasst Alinas Unterarm.) Aber nun, Stichwort Bulgarien: Wie sind die Verhält-nisse? Man hört Schlimmes. Gibt es hin-reichend Nahrung? Ihr was zu essen?
    ALINA (zieht ihren Arm zurück) Essen? Danke. Habe essen vor drei Stundkov.
    GRESER Apropos Stundkov: Kennst du Balakov? Letschkov?
    ALINA (schüttelt den Kopf)
    SONNEBORN Herrgott, sie ist doch eine Frau!
    GSELLA Alina, bis jetzt wir im-mer sel-ber putzt. Wir nicht hoch-herr-schaftlich. Du unsere erste Putzfr … Raum-pfle-ge-rin. Du glauben, uns pein-lich!
    LENZ Das wird sie bestimmt freuen.
    SONNEBORN Und warum sprichst du eigentlich so komisch?
    GRESER Vermutlisch will er se heirate.
    LENZ Hehe. Stimmt.
    ALINA Heirate? Ja! Ich dann – darf hierbleib!
    SONNEBORN Verstehe. Und ganzes Dorfkov kommt nach.
    ALINA (irritiert lächelnd) Gibt in Deutsch viel Wort mit »kov«?
    SONNEBORN Selbstverständlikov. Praktisch jedes zweitkov …
    GRESER Nee nee, Alina. Des war e Witz. Kaan gute, isch geb’s zu
    …
    LENZ Wir machen halt beruflich Witze.
    SONNEBORN Wir leben davon.
    GRESER Un net amal schlescht, doo!
    ALINA Äh … leben von – Witz?
    GSELLA So kann man es sagen. Aber hör zu, Alina: Auch Putzen ist nor-male Arbeit in unseren Au-gen. Wir nur kei-ne Zeit! Zwischen dir und uns nix Hie-rar-chie, du versteh? Du und wir gleich-be-rech-tigt.
    LENZ Willst du ihr beim Schrubben helfen?
    SONNEBORN Dürfte übrigens kaum gehen. Unser Putzmittel ist alle.
    LENZ Na, das fängt ja gut an.
    SONNEBORN Und Schonflüssigkeit brauchen wir auch noch.
    LENZ Richtig, fürs Parkett! Da sind so hässliche Kratzstreifen

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