Blau wie das Glück: Roman (German Edition)
kannst du mich einfach so verlassen? Du bist doch mein Vater!«
»Ich habe dich nach bestem Wissen und Gewissen ausgebildet und trainiert, und jetzt kann ich nichts mehr für dich tun.«
»Doch, du könntest bei mir bleiben. Du könntest mich lieben, wenigstens ein bisschen.«
Er öffnete die Tür und ergriff die Koffer. Sie sah kein Bedauern auf seinem Gesicht, nur Geistesabwesenheit. Sie sah ihm an, dass er eigentlich schon weg war.
»Ich fliege mit der Frühmaschine. Wenn ich noch etwas brauche, melde ich mich.«
»Bedeute ich dir überhaupt etwas?«
Er blickte ihr ins Gesicht. »Du bist mein Vermächtnis«, sagte er und ging.
Sie weinte natürlich. Ihre Verabredung sagte sie ab und verbrachte ihren Geburtstag alleine zu Hause. Ein paar Tage später saß sie, wieder alleine, auf dem Friedhof, um
das zu vernichten, was aus dem Jungen geworden war, der ihr einmal etwas bedeutet hatte.
Und seitdem hatte sie sich immer wieder gefragt, ob er wohl noch am Leben wäre, wenn sie mit ihm ausgegangen wäre.
Jetzt stand sie im Schlafzimmer ihrer Wohnung in Boston dem Mann gegenüber, dem sie all ihre Liebe und ihre Hoffnung geschenkt hatte.
»Jeremy, bitte, wir müssen darüber reden. Komm, setz dich.«
»Reden?« In seinem Gesicht stand immer noch ungläubiger Schock, während er seine Sachen in eine Reisetasche packte. »Ich kann nicht darüber reden. Ich will nichts davon wissen. Niemand sollte etwas darüber wissen.«
»Es war falsch von mir.« Sie legte ihm die Hand auf die Schulter, aber er schüttelte sie so heftig ab, dass es ihr das Herz zerriss. »Ich hätte dich nicht mitnehmen, es dir nicht zeigen dürfen. Aber du wolltest mir ja nicht glauben, als ich versucht habe, es dir zu erzählen.«
»Dass du Vampire tötest? Was habe ich mir nur dabei gedacht, dir das nicht zu glauben?«
»Ich musste es dir zeigen. Wir konnten doch nicht heiraten, bevor du nicht alles wusstest. Es wäre einfach nicht fair dir gegenüber gewesen.«
» Fair? « Er wirbelte herum, und sie sah es seinem Gesicht an. Nicht nur Angst, nicht nur Wut, sondern Ekel. »Ist das denn fair? Du hast mich die ganze Zeit über angelogen und getäuscht.«
»Ich habe nicht gelogen. Ich habe es dir nur nicht erzählt, und das tut mir leid. Gott, es tut mir so leid, aber ich hätte es dir doch nicht von Anfang an erzählen können … und ich wusste auch gar nicht, wie ich dir sagen sollte, was ich bin, was ich tue.«
»Du bist ein Monster.«
Sie zuckte zurück, als hätte er ihr eine Ohrfeige versetzt. »Ich bin kein Monster. Mir ist klar, dass du wütend bist, aber …«
»Wütend? Ich weiß nicht, wer du bist, was du bist. Himmel, mit wem habe ich in den letzten Monaten bloß geschlafen? Aber eins weiß ich. Halt dich fern von mir, von meiner Familie, von meinen Freunden.«
»Du brauchst Zeit. Das verstehe ich ja, aber …«
»Mehr Zeit bekommst du von mir nicht. Es macht mich krank, dich auch nur anzusehen.«
»Jetzt reicht es.«
»Ja, es reicht schon längst. Glaubst du, ich könnte noch mit dir zusammen sein, dich noch anfassen?«
»Was ist los mit dir?«, sagte sie. »Ich rette Menschenleben. Der Vampir hätte Menschen getötet, Jeremy. Er hätte unschuldige Menschen gejagt und getötet. Das habe ich verhindert.«
»Es gibt ihn nicht.« Er nahm die Reisetasche vom Bett, das sie seit fast sechs Monaten miteinander teilten. »Wenn ich hier verschwinde, gibt es ihn nicht mehr und dich auch nicht.«
»Ich dachte, du liebst mich.«
»Anscheinend haben wir uns beide geirrt.«
»Dann geh«, sagte sie leise, »und ich höre auf zu sein.«
»Genau.«
Nicht zum ersten Mal, dachte sie, nein, nicht zum ersten Mal. Der einzige andere Mann, den sie geliebt hatte, hatte das Gleiche getan. Langsam zog sie den Diamantring vom Finger. »Du nimmst ihn besser wieder an dich.«
»Ich will ihn nicht. Ich will nichts, was dich berührt hat.« An der Tür blickte er sich noch einmal um. »Wie lebst du eigentlich mit dir?«
»Ich habe nur mich«, sagte sie ins leere Zimmer. Dann legte sie den Ring auf die Kommode, sank zu Boden und weinte.
Männer sind wirklich gemeine Geschöpfe. Sie benutzen die Frauen und werfen sie dann weg. Lassen sie alleine und mit gebrochenem Herzen zurück. Man verlässt sie besser als Erste, was? Am besten aber ist es, wenn man es ihnen heimzahlen kann und sie bluten lässt.
Du bist es leid, immer diejenige zu sein, die zurückgelassen wird, oder? Und dann all die Kämpfe, der Tod. Ich kann dir helfen. Ich würde
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