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Blau wie Schokolade

Blau wie Schokolade

Titel: Blau wie Schokolade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Lamb
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Anwalt des Schlappschwanzes aufgenommen worden, der genauso schlapp und schwänzig aussah wie sein Mandant.
    »Nach der Wahl hast du noch ein paar Tage Zeit, um zur Ruhe zu kommen, aber dann musst du sofort herfliegen«, erklärte mir Roy. »Ich möchte, dass du vor dem Prozess deine Antworten mit mir einübst. Ich mache mir Sorgen um dein Auftreten im Zeugenstand und um deine Fähigkeit – beziehungsweise Bereitwilligkeit –, dein Mundwerk im Zaum zu halten.«
    »Ich weiß, Roy, das verstehe ich. Ich darf nicht ehrlich sein. Ich soll sympathisch wirken. Ich soll mich zurückhalten und kurze, höfliche Antworten geben. Ich darf mich vom gegnerischen Anwalt nicht provozieren lassen. Ganz im Gegenteil, ich muss die ganze Zeit lieb und brav sein. Tränen wären nicht schlecht. Ich soll freundlich und nachdenklich antworten und überzeugend zum Ausdruck bringen, wie schrecklich verletzt ich war, als ich herausbekam, dass meine große Liebe mich zigmal betrogen hatte. Ich bin das Opfer. Ich muss klarmachen, dass ich wusste, dass die körperliche Reaktion auf meine klitzekleine Attacke minimal sein würde.«
    »Genau. Und du musst klarmachen, dass du einfach durchgedreht bist. Du warst hysterisch. Verletzt. Du hattest von einer Zukunft mit diesem Mann geträumt, du gingst davon aus, dass er so treu und zuverlässig wäre wie du ihm gegenüber, dass du von seiner Untreue auf dem falschen Fuß erwischt wurdest.«
    »Verstanden. Ich werde niedlich und bemitleidenswert sein. Niedergeschlagen. Schwach. Am Boden.«
    »Genau. Bloß ist das alles überhaupt nicht deine Art.« Roy murmelte etwas vor sich hin, das ein wenig klang wie »verdammt nochmal«. Ich rügte ihn nicht wegen seiner Ausdrucksweise.
    »Stille, zurückhaltende, disziplinierte Menschen sind langweilig. Aber ich werde zurückhaltend und diszipliniert sein, Roy. Wirklich. Und ich werde schweigen.«
    Er stieß einen tiefen Seufzer aus. »Wenn ich das nur glauben könnte!«
    Ich wiederholte, was ich schon hundertmal gesagt hatte: »Danke, Roy, für alles, was du getan hast. Ich habe dich lieb.«
    Ich merkte, dass er einen erstickten Laut von sich gab. »Ich hab dich auch lieb, Kleine. Und ich helfe dir gerne. Das hätte deine Mutter auch gewollt, und du weißt, dass mein einziges Ziel im Leben war, diese Frau glücklich zu machen.«
    Eine Weile sprach keiner von uns, der Verlust meiner Mutter ging uns beiden zu nahe. Sie war die Beste gewesen. Die Allerbeste. »Vom ersten Tag an, als ich dich kennenlernte, wusste ich, warum meine Mutter dich liebte, Roy.«
    Wir verabschiedeten uns, weil es nicht mehr zu sagen gab. Trauer kann einen zum Schweigen bringen. Und dann ist ringsherum alles einsam und leer.
     
    Nachdem ich einen Abend lang Rosvita gelauscht hatte, die ausführlich verschiedene afrikanische Krankheiten, nach Regionen geordnet, mit den entsprechenden Symptomen erörterte, sehnte ich mich nach der Ruhe des Salmon River. Ich stand auf meinem Balkon und schaute hinab. Er war ein wunderschöner Fluss, sauber und natürlich. Wie ein Gedicht aus Wasser. Er erinnerte mich an Vivaldi und Monet und Schlagsahne.
    Als ich an Schlagsahne dachte, fielen mir wieder die beiden Polizisten ein, die zu meinem superschicken Haus in Chicago gekommen waren, wo ich sie in superschicken Klamotten erwartete.
    Ich weiß noch, wie sie hereinkamen. Beide bemühten sich, nicht zu grinsen, doch ihre Lippen zuckten wie bei einem Fisch an der Angel.
    Ich konnte nicht anders: Ich musste lachen. Der Fluss rauschte vorbei, und die Bäume raschelten über mir.
    Und ich lachte.
    So wie die Polizeibeamten, als der eine versuchte, mir meine Rechte zu verlesen. Ich lachte darüber, dass der eine wie eine kichernde Bulldogge reagierte, als ich mein Verbrechen auf der Stelle gestand und hinzufügte, ich bereute es nicht im Geringsten, da der Schlappschwanz es verdient habe, es täte mir leid zu hören, dass er keinen bleibenden Schaden davongetragen habe. Als ich den beiden erklärt hatte, wie genau ich mein Vergehen vorbereitet hatte, weinten sie Tränen vor Lachen.
    Ich musste noch immer darüber lachen, wie der eine die Dienststelle anrief und mitteilte, sie hätten den Kondomkiller verhaftet und würden mich mit meinem Latex nun überführen. Die Leitstelle erkundigte sich, ob man mich auf weitere gefährliche Pariser gefilzt hätte. Die beiden Beamten sagten, sie hätten sich überzeugt, dass ich kein »Kondom im Anschlag halte«, auch sei bei mir kein gefährliches Erdnussöl mehr zu

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