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Blau wie Schokolade

Blau wie Schokolade

Titel: Blau wie Schokolade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Lamb
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Schwänze zwischen ihren Lippen sehen.
    »Hey, Moment mal«, sagte ich. »Ich kann ja wohl auch weich, rosa und süß sein, was auch immer ›Rosa‹ bedeuten soll.«
    Wieder Schweigen.
    »Du bist eine supergeile Alte, du hast es drauf«, sagte Soman. »Du hast einen super rechten Haken, du lässt dir von keinem was sagen, du haust jeden um, der sich dir in den Weg stellt, und du kannst es nicht ausstehen, wenn einer nicht die Wahrheit sagt. Und dafür lieben wir dich, du schmales Handtuch. Aber du bist nicht süß wie meine Becky.«
    »Ich hab dich lieb, Jeanne«, sagte Becky. Sie sah deutlich besser aus als noch vor einigen Wochen, als sie sich die Hände hatte abschneiden wollen, und tausendmal besser als damals, als ich sie zum ersten Mal sah. Sie hatte nicht mehr diesen toten, verzweifelten Blick, als wollte sie einfach nur fort. »Ich wäre gerne ein bisschen mehr so wie du.«
    »Hey, Süße, zum Glück bist du das nicht«, protestierte Soman. »Unsere Jeanne kann einem Mann eine Riesenangst machen, weißt du. So dass er ganz kleine Eier bekommt. Du dagegen, mein Schatz, du bist weich und kuschelig –« Soman drückte Becky an sich und flüsterte ihr etwas ins Ohr, das sie zum Kichern brachte.
    Bradon schaute mich an. Er versuchte, ernst zu sein, aber ich sah das Blitzen in seinen Augen. »Ich finde, du bist auch weich und kuschelig.«
    »Sehr witzig, Bradon«, fuhr ich ihn an. »Sehr komisch.«
    Bradon brach in schallendes Gelächter aus. Er bildete sich wirklich eine Menge auf seinen Humor ein.
    »Kommt her!« Emmaline klatschte in die Hände. »Kommt alle her!«
    Wir gingen zu ihr, obwohl ich merkte, dass Soman und Becky sich am liebsten verdrückt hätten.
    »Ihr werdet mit dieser Farbe eure Körper bemalen.«
    »Was?«, rief Soman.
    »Farbe auf meine Brust? Auf diese breite Brust hier?«, meldete sich Bradon.
    »Bemalt euch selbst!«
    »Meinen ganzen Körper, sogar meinen braunen Hintern?«, rief Soman.
    »Bemal dich am ganzen Körper, auch deinen braunen Hintern«, befahl Emmaline. »Stellt euch vor den Spiegel. Benutzt eure Phantasie! Eure Kreativität! Malt das, was ihr seid. Malt, was ihr jetzt seid. Malt, was ihr sein wollt. Malt, wer ihr mit achtzig Jahren sein wollt. Malt! Malt!«
    »Ich möchte ein Krieger sein«, überlegte Bradon.
    »Ich möchte ein Rockstar sein«, sagte Soman. »Rock me, Baby, rock me!«
    »Ich möchte Künstlerin sein«, sagte Becky. »Eine Künstlerin, die die Menschen kennt, schreckliche Dinge erlebt hat und mit ihrer Kunst Hoffnung gibt. Jeder braucht Hoffnung, sonst könnten wir alle genauso gut auf der Stelle sterben.«
    Das hielt ich für eine interessante Philosophie.
    »Ich möchte Mutter sein«, sagte ich mit leiser Stimme. In meinem Herzen öffnete sich etwas und grämte sich, doch dann wurde es schwächer, und zum ersten Mal wirkten diese Worte befreiend auf mich, statt mich unter einer Decke schwarzer, erstickender Trauer zu begraben. »Ich möchte Mutter sein.«
    Bradon, Emmaline, Becky und Soman bestaunten mich.
    »Du wärst eine verdammt gute Mutter«, sagte Soman mit leicht erstaunter Stimme. »Eine saugeile Mutter.«
    »Du hättest es auf jeden Fall drauf«, überlegte Bradon. »Du wärst hart, aber gut.«
    »Deine Kinder hätten ein Riesenglück, Jeanne, dich zur Mutter zu haben«, sagte Becky, ganz weich, rosa und süß. »Ich male etwas für sie.«
    »Hört sofort auf damit!« Emmaline wischte sich die Tränen von den Wagen. »Aufhören! Seid nicht so rührselig! Macht euch an die Arbeit und malt eure Körper an, rauf mit der Farbe, richtig schmierig-glitschig! Ist mir völlig egal, aber malt jetzt los, verdammt nochmal! Worauf wartet ihr noch?« Sie flatterte mit ihren weißen Armen.
    Ach, was sollte es? Ich schnappte mir mehrere Tuben und ging zum Spiegel.
    Becky, Bradon und Soman taten es mir nach.
    Rot, blau, grün, gelb, lila, pink und Glitter. Von Kopf bis Fuß. Überall.
     
    Ungefähr eine Stunde später standen wir vier vor den raumhohen Spiegeln.
    Bradon hatte sich mit gelben und violetten Streifen bemalt und seine Brust mit Glitzersternchen bedeckt. »Violett ist die Wut. Gelb ist der Frieden. Die Sterne stehen für die Person, die ich sein möchte.«
    Soman war rot. Am ganzen Körper. »Mein Herz steht in Flammen für Becky, deshalb muss ich rot sein. Rot wie die Liebe. Hey, Mann, ich bin total verliebt.«
    Becky hatte Kreise auf ihren Körper gemalt, kleine Kreise, große Kreise, mittlere Kreise. »Ich verändere mich«, sagte sie. »Manchmal

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