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Blau wie Schokolade

Blau wie Schokolade

Titel: Blau wie Schokolade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Lamb
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an.«
    Ich befeuchtete meine Lippen. Zumindest mein Mund war nicht mehr so trocken. »Echt?«
    »Ja, echt.«
    »Aber Sie halten mich für verrückt, so was zu tun.«
    »Ja. Ein wenig. Aber auf verrückte Art ergibt es einen Sinn. Jetzt ziehen Sie sich an, bevor Sie frieren. Wir haben noch etwas vor uns, es wird schon spät.« Er drehte sich um und verschränkte die Arme vor der Brust.
    »Sie haben recht«, sagte ich. »Es ist schon spät.« Aber aus irgendeinem Grund war ich nicht müde. Ich ignorierte das leise Flattern in meiner Brust, holte meine Kleidung aus dem Rucksack und zog mich an. Seinen Rücken behielt ich dabei im Auge.
    »Fertig zum Laufen?«, fragte er.
    »Ja. Fertig zum Laufen.« Er betrachtete mich von oben bis unten. Wieder zuckte sein Mundwinkel. Er bestand darauf, den jetzt leeren Rucksack zu tragen.
    Wir joggten.
    Die Eulen riefen.
    Der Fluss rauschte neben uns.
    Der Mond folgte uns.
    Ich spürte etwas Neues. Etwas Besseres. Etwas Weiches.
    Frieden.
     
    Später am Abend gönnte ich mir ein langes, heißes, nach Lavendel duftendes Schaumbad und dann zwei Stücke Schokoladencremekuchen von Zelda. Ich ging mit einem Buch ins Bett, konnte mich aber nicht darauf konzentrieren und machte das Licht aus.
    Ich hätte über die Dummheit meiner Taten nachdenken sollen. Darüber, was hätte passieren können, wenn ich im Evakostüm buchstäblich mit der falschen Person zusammengestoßen wäre.
    Stattdessen war ich mit einem Fremden, der mindestens fünfzehn Zentimeter größer war als ich, zurück zu Rosvitas Bed & Breakfast gejoggt. Ich hatte ihm nicht zeigen wollen, wo ich wohnte, doch dann sah ich ein, dass das lächerlich war.
    Wenn der Mann eine Gefahr für mich darstellte, hätte er die Situation an Ort und Stelle ausgenutzt. Als ich ihm sagte, er sei nun weit genug mitgekommen, wir seien fast am Stadtrand, er bräuchte mich nicht noch länger zu begleiten, weigerte er sich. »Ich bringe Sie bis vor die Tür. Keine Widerrede!«
    Und genau das tat er.
    Das Licht auf der Veranda war angeschaltet, so dass ich dieses feine Exemplar von Mann besser betrachten konnte. Er hatte hellblaue Augen und dichtes braunes Haar, von grauen Strähnen durchzogen. Seine Zähne waren ebenmäßig. Er war kein Schönling, dafür war er ein bisschen zu kantig, ein wenig zu herb. Von der Sonne hatte er Fältchen um die Augen, und alles an ihm passte. Ich neigte den Kopf zur Seite. Ja, da war eine Menge Testosteron drin. Ich war ein Fan von Testosteron.
    Ich schluckte. Wie verhält man sich in so einer Situation? Die Kummerkastentante würde antworten: Wenn man nackt am Fluss entlanggelaufen ist und einen Fremden über den Haufen gerannt hat, sollte man ihm aufrichtig für seine Zeit und seine Mühe danken und ihm höflich die Hand geben. Am nächsten Tag dann ein Kärtchen mit der Post, in dem Sie Ihrer Dankbarkeit Ausdruck verleihen.
    Ich hielt dem Fremden die Hand hin. (Meine Manieren sind oft verborgen, aber sie sind vorhanden.) Er griff zu. Meine Hand verschwand in seiner riesigen Pranke. »Danke«, sagte ich.
    Er nickte, aber ließ mich nicht los.
    Wir sahen uns lange in die Augen, als würden wir uns schon seit einer Ewigkeit kennen.
    »Es hat mich gefreut, Sie kennenzulernen«, sagte er.
    »Es hat mich auch gefreut.«
    »Vergessen Sie nicht, was ich über den Pazifik gesagt habe.«
    Ich nickte.
    Er machte einen Schritt auf mich zu. Oh, dieser kantige Kiefer! »Wohnen Sie hier?«
    »Ich bin nur zu Besuch. Letzten Monat habe ich Chicago verlassen. Wie Sie wahrscheinlich bemerkt haben dürften, habe ich noch nicht wieder alle fünf Sinne beisammen. Ich habe mich noch nicht entschieden, wo ich leben möchte; zum jetzigen Zeitpunkt ist das meine geringste Sorge.«
    Er betrachtete den Fluss hinter Rosvitas Haus, als würde er etwas überlegen, dann ruhten seine Augen wieder auf mir. »Ich habe hier ein Haus, aber ich arbeite in der Stadt und muss die nächsten beiden Wochen dort sein. Wenn ich zurückkomme, würde ich mit Ihnen gerne für einen Tag an den Pazifik fahren. Er ist wunderbar.«
    Ich schüttelte den Kopf, schob das Haar aus den Augen. Wie sonderbar! Eben noch hatte ich befürchtet, er würde mich vergewaltigen, und jetzt verabredete er sich mit mir. »Ich verabrede mich nicht mit Männern«, erklärte ich ihm, obwohl er eine große Versuchung war. »Dafür bin ich zu sehr von der Rolle.« Außerdem bin ich ein bisschen gemein zu meinem letzten Freund gewesen … »Wie Sie selbst gemerkt haben dürften.«
    Ich

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