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Blau wie Schokolade

Blau wie Schokolade

Titel: Blau wie Schokolade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Lamb
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angelächelt hatte.
    Ich merkte, dass auch er sich erinnerte. Wahrscheinlich daran, wie ich ihn geschlagen hatte, beißen wollte, mich über seine schmierigen Hände beschwert hatte, dass ich ihn als Arschloch und Chauvinistenschwein beschimpft hatte.
    Ich schüttelte den Kopf und versuchte zu atmen.
    Lieber Gott.
    Ich würde gleich sterben.
    »Also«, sagte der Gouverneur nach langem Schweigen. »Ich halte sehr viel von Ihrem Bruder. Er hat mir viel von Ihnen erzählt, dass Sie eine hervorragende Kommunikationschefin sind und so weiter.«
    Ich stöhnte. »Mein Bruder ist ein lieber, ein wunderbarer Mensch.« Ich knetete meine Finger im Schoß. »Ich bin überzeugt, dass Sie ihn viel netter finden werden als mich. Aus irgendeinem Grund liebt er mich sehr, weshalb es mit Sicherheit stark übertrieben war, was er von mir erzählt hat. Er wollte nur, dass ich gut dastehe. Glauben Sie ihm bitte kein Wort!«
    Der Gouverneur nickte. Seine Augen waren immer noch weich. »Erzählen Sie mir von Ihren Qualifikationen!«
    »Das ist doch nicht Ihr Ernst!«
    Er nickte, die Finger erwartungsvoll vor sich verschränkt.
    Ich merkte, dass ich rot anlief. Bestimmt sah ich aus wie ein Feuerwehrwagen. Im Hinterkopf dachte ich, es sei beruhigend, dass ich mit siebenunddreißig noch erröten konnte.
    »Wollen Sie das Bewerbungsgespräch trotzdem führen? Trotz der Dinge, die Sie schon wissen?«
    »Ja. Sie müssen mir allerdings versprechen, für die Dauer des Wahlkampfs nicht mehr nackt am Fluss entlangzulaufen.« Der Gouverneur überlegte, schaute zur Decke empor, dann wieder mich an. Jetzt waren seine Augen nicht mehr ganz so weich. »Eigentlich wäre es mir lieber, Sie sagten zu,
nie wieder
nackt am Fluss entlangzulaufen. Das ist gefährlich.«
    Ich nickte. »Das hatte ich heute auch nicht auf der Liste.«
    »Gut. Wie wäre es, wenn Sie es für alle Zeiten von Ihrer Liste nähmen?«
    Ich nickte. »Das wäre wahrscheinlich klug.«
    »Bevor wir beginnen, würde ich noch gerne eine Sache klären.«
    »Ja?« Konnte dieser Mann Gedanken lesen? Wusste er, dass ich in Gedanken schon hundertmal mit ihm geschlafen hatte? War er beleidigt? Angewidert? Lieber Gott, bitte lass ihn nicht verheiratet sein! Ich wollte mir nichts mit einem verheirateten Mann eingebildet haben.
    »Ich habe Ihnen gesagt, ich würde Sie in zwei Wochen besuchen.«
    Ich nickte.
    »Es ist heute dreizehn Tage her.«
    »Das stimmt.« Alles in mir knisterte.
    »Einen Tag habe ich noch.« Seine Worte klangen grob, aber gleichzeitig auch sehr warm. »Ich wollte eigentlich morgen vorbeikommen.«
    »Sie … Sie müssen sich nicht bei mir entschuldigen.«
    »Ich denke doch.«
    Ich blinzelte mehrmals. Meine Augen brannten.
    »Sie brauchen nicht nach mir zu sehen. Mir geht’s gut.« Wie demütigend! Er hielt mich bestimmt für selbstmordgefährdet. Ich hatte den Eindruck, dass er sich um seine Mitmenschen kümmerte. »Sie müssen sich keine Sorgen machen. Sie haben sicherlich genug zu tun.« Ich sah mich im Büro um. »Mindestens dreitausend andere Dinge. Sie brauchen ganz bestimmt kein neues Projekt.«
    »Ich betrachte Sie nicht als Projekt.«
    »Halten Sie mich für verrückt?«
    »Nein.« Er lächelte locker und entspannt.
    »Das Ganze ist doch sinnlos!« Mein Gott, das war es wirklich. Ich fuhr mir mit der Hand durch die goldenen Locken. Meine Finger blieben in einem Knäuel hängen. Ich legte die zitternde Hand wieder in meinen Schoß.
    »Es ist nicht sinnlos, Jeanne. Führen wir das Bewerbungsgespräch. Erzählen Sie mir von sich, erzählen Sie, warum Sie im Wahlkampf mitarbeiten wollen, was Sie in den Wahlkampf einbringen können …«
    Ich starrte ihn an. Dieser Mann machte wohl Witze!
    Ich konnte diese Stelle nicht annehmen, nicht nach der Nacktnummer.
    Doch dann dachte ich an mein kleines kaputtes Haus und an den Fluss direkt hinter meinem Garten. Ich dachte an den teuren Prozess, den der Schlappschwanz gegen mich auffuhr. An die Steuern, die ich für das Haus zahlen musste, wenn ich im Knast saß.
    Ich ordnete meine wild umherhüpfenden Gedanken und begann mit meiner Leier, erzählte dem Gouverneur von meinen Qualifikationen.
    Okay, vielleicht sollte ich es nicht »Leier« nennen. Um meinen Schmerz nach dem Tod von Johnny und Ally zu bewältigen, hatte ich mir buchstäblich den Arsch abgearbeitet und war deshalb beruflich äußerst erfolgreich gewesen. Wer achtzig Stunden in der Woche schuftet, all seine Energie, Zeit und Leidenschaft in den Beruf steckt, kein

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