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Blaubeeren und Vanilleeis

Blaubeeren und Vanilleeis

Titel: Blaubeeren und Vanilleeis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gudrun Helgadottir
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Armee zu den Waffen rufen. Mama musste sie ja schließlich auch in der Werkstatt noch hören, aber manche Besucher erschraken bei dem Lärm ganz fürchterlich. Ein dicker Mann hatte einmal vor Schreck einen Satz nach hinten gemacht und sich prompt auf den Hosenboden gesetzt. Die Kinder fanden, dass ihm das recht geschehen war, denn er war gekommen, um den Fernseher mitzunehmen, weil Mama vergessen hatte, irgendeine Rechnung zu begleichen. Ein richtiger Mistkerl. Aber der ließ sich zum Glück nie wieder blicken.
    »Lauf zur Tür, Schatz«, sagte Oma zu Vildis.
    Vildis ging zur Tür und sie hörten sie mit einem Mann sprechen.
    »Bitte den Herrn doch herein, Vildis Liebes«, rief Oma.
    Vala war als Letzte in die Küche gekommen. Sie saß, immer noch ganz verschlafen, auf Opas Schoß und drückte den inzwischen wollmausfreien Teddy an sich.
    Vildis betrat die Küche und warf Tumi einen vorwurfsvollen Blick zu. Hinter ihr war – Hermann, der neue Filialleiter höchstpersönlich. Vildis guckte, als hätte Tumi ihn herbeigezaubert.
    »Hey, das ist ja toll!«, begrüßte Tumi den Filialleiter. Er freute sich natürlich.
    Hermann entschuldigte sich für die Störung am Samstagmorgen, doch er sei zum Geburtstag seiner Tante eingeladen und habe keine Ahnung, was er ihr schenken solle. Er würde ihr so gerne etwas richtig Schönes schenken und da sei ihm die Werkstatt auf dem Wallhof eingefallen.
    »Ist deine Mutter denn zu Hause?«, fragte er Tumi.
    Der wurde ganz steif auf seinem Stuhl. Er ärgerte sich schwarz. Warum konnte Mama nicht zu Hause sein, jetzt, wo Hermann endlich zu Besuch war und zudem auch noch etwas in der Werkstatt kaufen wollte? Was ging es sie schon an, ob ein paar Wasserfälle als Stromquelle genutzt wurden oder nicht? Tumi beschloss, Hermann lieber nicht zu sagen, wo Mama war. Sonst würde der sicher nichts mehr mit ihr zu tun haben wollen. Hermann war nicht so ein Schluffi wie Mamas ausländische Naturfreunde.
    »Sie ist mal eben in die Stadt gefahren«, schwindelte Tumi.
    »Durch die Werkstatt kann ich dich auch führen«, sagte Vildis. »Ich bin oft mit Mama dort. Komm, ich bringe dich hin.«
    Also gingen die beiden gemeinsam zur Werkstatt, und Vildis sagte Hermann, dass er sich in Ruhe umschauen und gucken solle, ob er etwas fand, das ihm gefiel – genau wie Mama es immer zu ihren Kunden sagte.
    »Nein, bleib unbedingt hier und hilf mir, etwas Schönes auszusuchen …«, bat Hermann, »… für eine fünfzigjährige Tante, die lustigste in der ganzen Stadt. Wenn sie gerade nicht beim Linientanz ist, dann garantiert beim Bauchtanz.«
    »Da weiß ich was«, sagte Vildis eifrig. »Mama hat neulich Perlenketten gemacht, die sind total schick. Guck, hier! Sie kann sie entweder um den Hals oder um Taille und Bauch tragen. Deine Tante, meine ich.«
    Hermann sah abwechselnd Vildis und die bunten Perlenketten an, als wäre er nicht sicher, ob man quirligen Tanten solche Ketten schenken konnte, aber dann sagte er: »Doch, du hast recht. Ich bin sicher, dass sie ihr gefallen. Ich nehme gleich zwei.«
    Vildis suchte eine hübsche Schachtel für die Ketten aus, und als sie das Geld entgegennahm, fühlte sie sich richtig erwachsen.

    Hermann hatte sich zu den anderen am Küchentisch gesellt und Oma bot ihm alle möglichen Leckereien an. Er war sehr zufrieden mit dem Geburtstagsgeschenk und blieb noch eine ganze Weile sitzen, um mit Oma und Opa zu plaudern. Tumi starrte ihn an und saugte jedes Wort von Hermann regelrecht auf.
    »So einladend sieht der Frühstückstisch bei mir und den Jungs nicht aus«, erzählte Hermann gerade. »Meine beiden Schlackse nehmen, was gerade da ist, und schlingen es auf dem Weg zur Schule runter. Was das angeht, bin ich ein bisschen zu nachlässig.«
    »Müsstest du dir nicht einfach nur eine neue Frau suchen?«, rutschte es Tumi heraus.
    Hermann brach in lautes Gelächter aus. »Da sagst du was«, sagte er schließlich. »Nein, ich müsste die Jungs einfach nur besser erziehen. Und mich selbst auch.«
    Vildis horchte auf. Das war zu schön, um wahr zu sein. Hermann suchte gar keine Frau! Jetzt konnte Tumi den ganzen Unfug vergessen. »Unsere Mama will auch keinen Mann«, sagte sie. »Sie findet es gut, nur uns drei zu haben.«
    »Das bekommt sie ja auch ganz gut hin«, erwiderte Hermann, der sich umschaute und anerkennend nickte.
    Und bevor Tumi auch nur ein einziges weiteres Wort über Hermanns Frauenlosigkeit abgeben konnte, sagte Vildis: »Mama ist gerade in den Bergen und

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