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Blaubeeren und Vanilleeis

Blaubeeren und Vanilleeis

Titel: Blaubeeren und Vanilleeis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gudrun Helgadottir
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Guffis Vater zu Opa und sagte, dass es nun doch mal angebracht wäre, mit der Polizei zu sprechen. Und sei es nur, um ein paar gute Ratschläge zu bekommen. Oma wurde noch blasser, und Opa, der sich inzwischen wohl doch ziemlich sorgte, stimmte Guffis Vater zu.
    »Wo ist denn die Mutter von den dreien?«, wollte Guffis Vater wissen.
    »Die ist nicht zu Hause«, sagte Opa. »Sie ist mit Umweltschützern in den Bergen. Wir sorgen derweil für die Kinder.«
    »Tja-ja«, sagte der Mann. »Die Frauen haben eben heutzutage keine Zeit mehr, sich um Haus und Hof zu kümmern.«
    »Solveig kümmert sich besser als so manch andere um ihr Zuhause«, sagte Opa ziemlich scharf.
    »Meine ist gerade bei irgendeinem Weibertreffen in der Walachei«, sagte Guffis Vater, »und ich muss zusehen, dass die Kinder was zu essen bekommen.«
    »Na, da hat man dir ja was aufgebürdet«, kommentierte Opa trocken.
    Inzwischen waren zwei Polizeibeamte eingetroffen und bald kamen auch Männer vom Rettungsdienst. Einer hatte einen großen Hund dabei, und sie machten sich gleich daran, die Suche professionell zu organisieren.
    »Was sollen wir tun?«, fragte Oma. »Müssen wir nicht versuchen, Lolla zu erreichen?«
    »Nein, nein, lass uns noch warten«, sagte Opa. »Sie braucht Stunden, um herzukommen, und würde vor Angst durchdrehen.«
    In der Zwischenzeit verschwanden die Männer einer nach dem anderen und schwärmten in alle Richtungen aus.
    Oma holte Kaffee für sich und Opa und sie setzten sich mit Tumi und Vildis auf die Veranda. Vildis war in Tränen aufgelöst. Opa nahm sie in den Arm und versuchte vergeblich, sie zu beruhigen.
    »Ich hätte auf sie aufpassen müssen«, schluchzte sie.
    »Wir alle hätten nach ihr schauen müssen«, sagte Opa. »Aber es ist trotzdem unbegreiflich, dass das Kind nicht zu finden ist.«
    Sie zuckten zusammen, als die lauteste Klingel des Viertels geläutet wurde.
    Tumi lief zur Tür und öffnete. Draußen stand Hermann und guckte verwundert zum Polizeiauto, das in der Einfahrt stand.
    »Ich muss meine Brille bei euch auf dem Küchentisch vergessen haben«, sagte er. Das hatte er tatsächlich, trotzdem fiel Tumi ausnahmsweise nichts ein, was er zu Hermann hätte sagen können. Er stand bloß da und sah zu, wie Hermann die Brille in das Etui steckte. Sollte er den Filialleiter zu Oma und Opa auf die Veranda bitten?
    Auch Hermann sagte nichts, sondern beobachtete bloß durchs Küchenfenster, wie einer der Polizisten mit einem Mann sprach, der gerade in den Garten gekommen war.
    »Was ist hier eigentlich los?«, fragte Hermann. »Ist etwas passiert?«
    »Ja«, stieß Tumi hervor. »Vala ist weg. Alle suchen nach ihr.«
    »Vala? Eure kleine Schwester?«
    »Ja, genau die«, sagte Tumi.
    »Aber sie saß doch vorhin noch bei euch am Tisch«, sagte Hermann. »Weit kann sie ja eigentlich nicht sein. Sie saß dort, gerade erst aufgewacht, mit ihrem Teddy im Arm.« Er wartete gar nicht erst darauf, dass man ihn auf die Veranda bat, sondern ging hinaus zu Oma und Opa, wo er sich mit ernster Miene zu ihnen setzte. Sie überlegten nun gemeinsam, wohin Vala gelaufen sein könnte, kamen aber zu keinem Ergebnis. Der Mann vom Rettungsdienst ließ den Hund an Kleidern von Vala schnuppern, die Oma ihm gegeben hatte, doch das Tier drehte sich nur im Kreis und lief dann hektisch hin und her.
    »Ich war auch mal beim Rettungsdienst«, sagte Hermann nachdenklich. »Da hat man uns beigebracht, dass man überlegen soll, was die vermisste Person getan hat, als sie zuletzt gesehen wurde. Vala saß ganz still und ruhig am Küchentisch, als wäre sie noch nicht so richtig wach. Sie hat bloß ihren Teddy an sich gedrückt, als hätte sie Angst, ihn zu verlieren.«
    »Der war ja auch eine ganze Weile weg«, sagte Tumi.
    »Und wo habt ihr ihn wiedergefunden?«, fragte Hermann.
    »Unter meinem Bett«, sagte Tumi. »Da hatte er mehrere Monate lang gelegen.«
    Mit einem Mal hörte Vildis auf zu weinen und starrte ihren Bruder an. Und auch Tumi starrte seine Schwester an, denn ihnen war haargenau dasselbe eingefallen. Das passierte manchmal, dass sie im selben Moment genau das Gleiche dachten.
    »Komm mit«, rief Tumi, und sie rannten ins Haus.
    Es vergingen nur wenige Sekunden, bis Tumi wieder zurückkam.
    »Sie ist unter meinem Bett. Schläft tief und fest.«
    Oma und Opa sprangen auf und Hermann stürzte hinter ihnen her. Er langte unter das Bett und zog Vala vorsichtig hervor. Sie hatte tatsächlich geschlafen und war noch ganz durcheinander.

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