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Blaue Wunder

Blaue Wunder

Titel: Blaue Wunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildikó von Kürthy
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Joggingsachen auf dem Bett rumzuliegen und deiner Körperbehaarung zu erlauben, sich ihre angestammten Reviere zurückzuerobern.»
    Und dass Petra den unangenehmen Vorfall bei Gregors Hochzeit erwähnt, ist schon wirklich mehr als unsensibel. Ich fühle mich total unverstanden:
    «Sag mal, Petra, hat dich ein indischer Guru gegen mich aufgehetzt? Warum bist du denn auf einmal so gemein zu mir?»
    «Das nennt man nicht gemein, sondern ehrlich! Jetzt sei halt nicht gleich beleidigt. Wie wäre es, wenn wir uns in drei Tagen (Sonntag) für die gleiche Zeit verabreden? Dann hast du vielleicht schon erste Erfolge beim Projekt vorzuweisen.»:-)
    Ich bin schon wieder etwas versöhnt. Sie meint es gut und hat obendrein auch noch Recht. Da braucht man halt ’nen Moment, um das zu verkraften.
    «Alles klar, Sonntag um sechs Uhr morgens. Lass es dir gut gehen, du Mehlwurm, alles Liebe!»
    «Namaste! Das ist übrigens ein indischer Gruß. Er bedeutet: Also nochmal und von Herzen: Namaste, alte Schweinebacke!»
     

 «Ein lebenslanges   
Martyrium im Spannungsfeld  
    zwischen Verzicht und Gewicht»   
     

    «Elli, Sie sind wirklich eine faszinierende Frau.»
    Und Sie sind der absolut ödeste Typ, der mir seit langem begegnet ist, denke ich. Ich habe schon beim Aperitif angefangen, mich mit Ihnen zu langweilen. Und jetzt, wo wir auf Ihren Nachtisch warten, fällt mir kein Thema mehr ein, um diese elende Warterei zu überstehen. Sie quatschen hier dauernd über Ihre Heizkostenabrechnung, über Ihre sich seit Monaten hinziehende Klage gegen die Hamburger Elektrizitätswerke und über die Vor- und Nachteile privater Stromversorger. Wissen Sie was? Ich dreh bei mir die Heizung an, und die Hauptsache ist, es wird warm. Alles andere ist mir so was von egal, Sie Fernwärme-Fetischist. Ich frage mich wirklich, wie es passieren konnte, dass meine beste Freundin einen so missratenen Verwandten hat. Fällt Ihnen eigentlich auf, dass ich über keinen Ihrer Witze gelacht habe? Fällt Ihnen auf, dass Sie mir in drei Stunden ganze zwei Fragen gestellt und meine Antworten nicht abgewartet haben? Fällt Ihnen auf, dass ich Sie schrecklich finde?
    Während ich das denke, schlage ich meine Augen nieder, deute ein geschmeicheltes Lächeln an und flöte: «Sie sind sehr freundlich, Bert, aber Sie kennen mich doch gar nicht.»
    «Das brauche ich auch nicht. Das rieche ich doch hundert Meilen gegen den Wind, dass Sie eine Topfrau sind. Wer hätte das gedacht, dass meine kleine, unscheinbare Cousine eine solche Freundin hat? Ist es nicht eine Schande, dass wir uns erst jetzt begegnen?»
    «Ja, das ist wirklich. schockierend.»
    Warum ist es so, dass man Männern besonders dann besonders gut gefällt, wenn man es überhaupt nicht darauf anlegt, ihnen besonders zu gefallen? Wenn man übellaunig ist und wortkarg. Wenn man ihnen das Gefühl vermittelt, lästige, nichtsnutzige Kreaturen zu sein, die einem wahnsinnig auf den Nerv gehen. Wenn man sie ablehnend anschaut und in ihnen nur einen müden Abklatsch sieht, einen gänzlich misslungenen Artverwandten desjenigen, den man eigentlich liebt. Ausgerechnet dann springt bei denen der Eroberungstrieb an. Sie schlagen Rad, machen Männchen und überschütten dich mit an den Haaren herbeigezogenen Komplimenten. Es ist ein Trauerspiel.
    Aber ich bin ganz froh, dass es auch heute Abend wieder funktioniert. Kurz überlege ich, ob ich mich ein bisschen schämen soll, weil ich Bert so eiskalt für meine Zwecke benutze. Aber dann fällt mir ein, dass Bert mich bestimmt ganz fies behandeln würde, wäre ich auch nur ansatzweise in ihn verliebt. Und dafür soll er büßen.
    «Würden Sie mich wohl einen Moment entschuldigen, Bert?»
    Hastig nehme ich meine Handtasche und flüchte zum wiederholten Male auf die Toilette, um nachzuschauen, ob endlich die erlösende SMS von Erdal eingetroffen ist. Noch immer nichts. Wo steckt der Kerl bloß? Seit Martin um zwanzig Uhr zwölf das Haus verlassen hat, sind Erdal und Karsten hinter ihm her.
    Karsten hatte sich zunächst strikt geweigert, bei der Aktion «Observation von Martin G. zum Zwecke späterer Kontaktanbahnung» mitzumachen. Das sei ihm zu albern, und wer er denn bitte schön sei, durch ganz Hamburg zu gurken, um einen Typen zu beschatten, den er nicht mal kenne. Obwohl schwul, ist Karsten leider oftmals typisch männlich. Keine Ahnung, warum Männer sich immer so zickig

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