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Blaue Wunder

Blaue Wunder

Titel: Blaue Wunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildikó von Kürthy
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seine Enttäuschung nicht zu zeigen - was ihm überhaupt nicht gelingt.
    «Ach, mach dir nichts daraus, als ich Max nach zwei Monaten mit einem anderen Kerl unter der Dusche erwischt habe, wollte ich auch meinem zweiten Impuls folgen und das Badezimmer zu Kleinholz machen.»
    «Und?»
    «Ich bin dann doch meinem ersten Impuls gefolgt und weinend vor dem Waschbecken zusammengebrochen. Die beiden haben mich dann eine Stunde lang beruhigt und getröstet. Aber sag, musstest du auf der Dachterrasse übernachten?»
    «Martin hat dieser Astrid die gemeinsame Nacht ausreden können. Die beiden haben sich wohl versöhnt. Zum Abschied sagte sie: »
    «Und dann? Hast du ihm die Augen ausgekratzt?»
    Ich lächle gequält.
    «Nein. Ich habe versucht, mich zu beherrschen. Ich wollte cool tun und sachlich sein, eben ganz anders als die blöde Astrid. Das war doch meine einzige Chance. Ich wollte ihn beeindrucken, indem ich keine Szene mache. Das ist mir auch einigermaßen gelungen. Meine Beherrschtheit hat ihn mehr unter Druck gesetzt, als es ein gekonnter Nervenzusammenbruch getan hätte. Manchmal glaube ich, Männer tun bloß so, als würden ihnen unsere Gefühlsausbrüche auf die Ner- ven gehen. Dabei sind Frauen, die Porzellan zerstören, im Grunde genau das, was Männer kennen, was sie erwarten und wo sie sich heimisch fühlen. Eine Frau, die kein Drama macht, obschon sie allen Grund dazu hätte, ist Männern zutiefst unheimlich. Ich denke, Martin konnte einfach nicht damit umgehen, dass ich nicht hysterisch geworden bin.»
    Erdal nickte bedächtig.
    «Du magst Recht haben, Elli. Als ich noch mit Jan zusammen war, wurde ihm erst klar, was er mir mit seiner schrecklichen Unordentlichkeit angetan hatte, als ich mich schreiend auf den Boden warf. Ja, auf einmal konnte der Herr aufräumen! Aber da war es für uns beide schon zu spät. Hat sich dieser Martin eigentlich bei dir entschuldigt?»
    Als Martin wieder auf der Dachterrasse erschien, hatte ich ihn so lässig wie möglich mit der Frage empfangen: «Oh, ist deine Geschäftsbesprechung schon zu Ende? Ich hoffe, ihr seid euch handelseinig geworden?»
    Seine Antwort hatte echt geklungen.
    «Elli, es tut mir Leid. Hast du alles mit angehört? Astrid hat vor dem Haus auf mich gewartet, und sie bestand darauf, mit hochzukommen. Also habe ich dir aus purer Verzweiflung die SMS geschickt. Du musst mir glauben, ich hatte keine Ahnung, dass Astrid davon ausgeht, dass wir noch zusammen sind. Für mich war die Sache absolut vorbei, wirklich.»
    «Warum gehst du nach Bielefeld?»
    Es gelang mir, relativ desinteressiert zu klingen.
    «Weil ich keine Lust habe, die nächsten zwanzig Jahre der Juniorchef zu sein, der mit dem Kennzeichen WC 2 durch die Gegend gurkt. Ich übernehme Anfang Juni eine kleine, aber ausbaufähige Sanitärhandlung in Bielefeld. Mein Vater weiß noch nichts davon. Ich will es ihm und unseren Geschäftspartnern erst am Sonntag nach dem Wolkenball bekannt geben. Deswegen habe ich dir auch nichts davon erzählt. Außerdem wollte ich dich nicht verschrecken. Wenn ich dir an unserem ersten Abend gesagt hätte, dass ich in einem Monat die Stadt verlasse, hättest du dich wahrscheinlich nicht auf mich eingelassen.»
    «Nun, das mag sein, und es wäre ja auch sicherlich die richtige Entscheidung gewesen, wie sich jetzt herausstellt. Mich stört an dir allerdings weniger, dass du nach Bielefeld gehst. Dass du eine Verlobte hast, wäre der Grund gewesen, warum ich mich nicht auf dich eingelassen hätte.»
    Ich hatte ein kleines, süffisantes Lächeln versucht. Martin stand stumm vor mir, den Blick auf seine Schuhspitzen gerichtet, die Hände in den Taschen. Ich wünschte, alles wäre anders, so wie es vor einer Stunde noch zu sein schien. Es ist so schlimm, wenn die Gefühle auf einmal nicht mehr der Situation entsprechen, in der man steckt. Das ist wie ein Temperatursturz im Sommer. Du trägst ein trägerloses Top, und der Regen, der dir auf die Schultern klatscht, ist eiskalt. Ich schaute mir diesen Mann an, und mein Verstand riet mir, sofort und wortlos zu gehen. So was durfte man sich nicht gefallen lassen! Was hier geschehen war, war ein Trennungsgrund, und zwar ohne Diskussion. Jede Freundin, die in so einer Situation auch nur eine Sekunde lang gezögert hätte, hätte ich wüst beschimpft und für eine dumme Pute gehalten.
    Ich zögerte eine Sekunde. Gab es irgendeine Möglichkeit, das Unvermeidliche zu vermeiden? Es

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