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Blauer Montag

Blauer Montag

Titel: Blauer Montag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N French
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er in dieser flachen Landschaft wohl schon jahrzehntelang dem Wind ausgesetzt gewesen war, eine recht einseitige und krumme Form angenommen hatte. Der Himmel wirkte weiß und das umgepflügte Feld hinter Josef wie ein gefrorenes braunes Meer.

    Das Handy klingelte.
    »Hier Frieda.«
    »Was, zum Teufel, soll das?«
    »Wir müssen uns sofort treffen. Wo sind Sie?«
    »Zu Hause. Ich habe heute meine Kinder. Ich kann nicht weg.
    »Wo wohnen Sie?« Sie notierte sich die Adresse, die er ihr nannte, auf einem Fetzen Papier. »Ich bin gleich da.«
    Sie öffnete die Tür und rief nach Josef. »Nach Hause?«, fragte er, als er wieder in den Lieferwagen stieg.
    »Können Sie mich vorher noch schnell zu jemand anderem fahren?«
     
    Karlsson wohnte ganz in der Nähe von Highbury Corner in einem viktorianischen Doppelhaus, das in mehrere Wohnungen unterteilt worden war. Als Frieda die paar Stufen zur Haustür hinaufging, konnte sie durch das Fenster direkt unter ihr einen Blick in die Souterrainwohnung werfen, in der er lebte. Genau in dem Moment, als sie hineinspähte, lief er mit einem kleinen Mädchen auf dem Arm in ihr Gesichtsfeld. Die Kleine umklammerte ihn wie ein Koalabärjunges seine Mutter.
    Das war auch noch so, als er die Tür aufmachte. Er wirkte unrasiert und trug Jeans und eine dicke blaue Strickjacke. Das kleine Mädchen hatte goldblonde Locken und mollige nackte Beinchen. Sie schluchzte vor sich hin, die feuchte Wange an seine Brust gepresst. Vorsichtig öffnete sie ein leuchtend blaues Auge und sah Frieda einen Moment an, dann schloss sie es wieder.
    »Wo bleiben Sie denn so lange?«
    »Fußballstau.«
    »Sie haben sich keinen guten Zeitpunkt ausgesucht.«
    »Ich wäre gar nicht hier, wenn Sie nicht alle meine Anrufe ignoriert hätten.« Das große Wohnzimmer war mit Spielsachen und Kinderklamotten übersät. Auf dem Sofa saß ein kleiner Junge, der sich gerade irgendeinen Zeichentrickfilm anschaute
und nebenbei Popcorn futterte. Behutsam befreite Karlsson sich aus der Umklammerung seiner Tochter und setzte sie neben ihren Bruder. Ihr Schluchzen wurde lauter.
    »Nur noch ein paar Minuten«, sagte er, »dann fahr ich mit euch beiden zum Schwimmen, das verspreche ich. Gib ihr ein bisschen was von dem Popcorn ab, Mikey.«
    Ohne den Blick vom Bildschirm abzuwenden, hielt ihr der Junge den Behälter hin, woraufhin sie eine Handvoll nahm und sie sich in den Mund stopfte. Ein paar kleine weiße Flocken blieben an ihrem Kinn kleben. Frieda und Karlsson begaben sich ans andere Ende des Raums, von wo aus Frieda durchs Fenster Josef in seinem Lieferwagen sitzen sehen konnte. Karlsson stellte sich leicht schräg hinter sie, als wollte er seine Kinder von ihr abschirmen.
    »Also?«
    Frieda berichtete von den Ereignissen der vergangenen Tage, und währenddessen wurde Karlssons Haltung immer steifer, und der gereizte, ungeduldige Gesichtsausdruck, mit der er ihr zunächst gegenübergetreten war, verwandelte sich in höchste Konzentration. Als sie fertig war, schwieg er einen Moment. Dann griff er nach seinem Handy.
    »Ich muss jemanden organisieren, der auf die Kinder aufpasst. Ihre Mutter lebt in Brighton.«
    »Das könnte ich doch machen«, bot Frieda an.
    »Sie kommen mit mir.«
    »Wie wär’s mit Josef?«
    »Josef?«
    Frieda deutete zum Lieferwagen hinaus.
    »Wie bitte?«, bellte Karlsson. »Sind Sie wahnsinnig?«
    »Er ist ein Freund von mir«, entgegnete Frieda ruhig. »Er hat sich auch schon sehr nett um einen Kollegen von mir gekümmert. Normalerweise arbeitet er auf dem Bau.«
    Karlsson wirkte immer noch skeptisch. »Sie verbürgen sich für ihn?«

    »Er ist ein Freund.«
    Sie ging zu Josef hinaus.
    »Nach Hause?«, fragte er sie erneut. »Mir ist kalt, und Hunger habe ich inzwischen auch.«
    »Sie müssen für mich auf zwei kleine Kinder aufpassen«, antwortete sie, »und ab jetzt sagen wir Du.«
    Er wirkte keineswegs überrascht, sondern nickte nur ergeben, ehe er aus dem Wagen stieg. Sie wusste nicht recht, ob er sie überhaupt verstanden hatte.
    »Die beiden werden vermutlich nicht begeistert sein. Vielleicht versuchst du es einfach mit … ich weiß es ja auch nicht… Süßigkeiten oder so was. Du wirst bald abgelöst.«
    »Schließlich bin ich selbst Vater«, erklärte er würdevoll.
    »Ich komme so schnell wie möglich zurück«, versprach Frieda.
    Ehe Josef die Wohnung betrat, wischte er sich an der Türmatte sehr gründlich die Stiefel ab. Karlsson tauchte bereits mit Mantel und Tasche auf. »Darf ich Sie

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