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Blauer Montag

Blauer Montag

Titel: Blauer Montag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N French
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herausgepickt und den Rest unter den Tisch fallen lassen. Meine Kritiker argumentierten, beim Vergleich von zwei Menschenleben ließen sich vermutlich immer ein paar seltsame Übereinstimmungen finden.«
    »Ich glaube, ich wäre auch skeptisch gewesen«, gab Frieda zu.
    »Glauben Sie, ich war nicht skeptisch? Wir haben alles überprüft. Die Zwillinge wurden von anderen Mitarbeitern ein zweites Mal befragt, das ganze Umfeld wurde ebenfalls genau unter die Lupe genommen, alles noch einmal gründlich recherchiert. Wir haben nach Kräften versucht, unsere ersten Ergebnisse zu widerlegen, aber sie erwiesen sich als richtig.«
    »Aber wenn es tatsächlich stimmt«, sagte Frieda, »was, zum Teufel, hat das dann zu bedeuten? Wir reden hier doch wohl nicht von einer Art übersinnlicher Wahrnehmung, denn in diesem Fall …«
    Boundy lachte. »Nein, natürlich nicht. Aber Sie sind Therapeutin. Sie gehen davon aus, dass wir vernunftbegabte Wesen sind, die über ihre Probleme reden können und …«
    »Das trifft nicht genau …«
    Boundy sprach weiter, als hätte er ihren Einwand gar nicht gehört. »Die Leute reden immer davon, dass unser menschliches Gehirn wie ein Computer funktioniert. Wenn man das so sehen will – obwohl es nicht ganz den Tatsachen entspricht –, dann kommt dieser Computer mit einer Menge bereits installierter
Software zur Welt. Sie wissen schon – wie eine weibliche Schildkröte, die ihr ganzes Leben im Meer verbringt. Sie bekommt von ihrer Mutter nicht beigebracht, wie man sich an Land begibt, dort seine Eier legt und sie hinterher verbuddelt. Bestimmte Neuronen beginnen einfach auf eine für uns noch unverständliche Art Impulse auszusenden, woraufhin die Schildkröte genau weiß, was sie zu tun hat. Meine Zwillingsstudien belegen, dass vieles, wovon wir glauben, es handle sich dabei um Reaktionen auf das jeweilige Umfeld oder um persönliche Entscheidungen, die auf freiem Willen beruhen, in Wirklichkeit angeborene Verhaltensmuster sind.« Boundy breitete die Hände aus wie ein Zauberer, der gerade einen besonders cleveren Trick vorgeführt hatte. »Bitte schön! Problem gelöst. Sie brauchen keine Angst zu haben, wahnsinnig zu werden.«
    »Na, da bin ich aber froh«, antwortete Frieda, wirkte dabei aber gar nicht so, als wäre sie sonderlich erleichtert.
    »Das Problem ist, dass solche getrennten Zwillinge seltener werden. Sozialarbeiter und Adoptionsagenturen tendieren zunehmend dazu, sie zusammenzulassen. Für die Zwillinge ist das natürlich gut, für Leute wie mich eher weniger.« Er runzelte die Stirn. »Aber Sie haben meine Frage noch nicht beantwortet. Warum war die Angelegenheit so dringend?«
    Frieda wirkte irgendwie abwesend. »Sie haben mir sehr geholfen«, murmelte sie, »aber nun muss ich noch etwas erledigen.«
    »Vielleicht kann ich Ihnen helfen. Wollen Sie mehr über die Familie Ihres Patienten herausfinden?«
    »Ja, wahrscheinlich.«
    »Mein Team hat sehr viel Erfahrung darin, solche verschütteten Familiengeschichten auszugraben. Auf eine diskrete Weise, versteht sich. Wir haben im Lauf der Jahre ein paar recht nützliche – wenn auch inoffizielle – Kontakte aufgebaut. Meine Leute verstehen sich darauf, verwandtschaftliche Verhältnisse aufzuspüren, von denen die Betroffenen selbst gar keine Ahnung
haben. Wahrscheinlich ähnelt unsere Methode derjenigen, über die Sie wohl eher zufällig gestolpert sind, bloß dass wir dabei ein bisschen systematischer vorgehen.«
    »Was von Vorteil sein könnte«, räumte Frieda ein.
    »Wenn ich Ihnen also irgendwie behilflich sein kann…«, sagte Professor Boundy. Er klang inzwischen weniger ungehalten, fast schon freundlich. »Vielleicht könnte ich auf diese Weise wiedergutmachen, dass ich anfangs so unhöflich zu Ihnen war. Was ich sehr bedaure, aber Sie sind mitten in eine dieser schrecklichen Festivitäten geplatzt, zu denen wir unsere Nachbarn einladen. Sie kennen so etwas sicher. Es ist der unpassendste Zeitpunkt des Jahres.«
    »Verstehe.«
    »Natürlich kann ich meine Leute erst nach den Feiertagen auf die Sache ansetzen. Wie Sie sicher wissen, macht das Geschäftsleben Englands jetzt erst einmal rund zehn Tage Pause. Aber wenn Sie mir die Namen dieser zwei Brüder nennen, und vielleicht auch ihre Adressen oder andere wichtige Informationen, über die Sie verfügen, dann könnten wir möglicherweise ein paar Nachforschungen anstellen, sobald wir alle wieder im Einsatz sind.«
    »Welche Art Nachforschungen?«, fragte

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