Blauer Montag
und Fackeln zu sehen.«
»Es ist nur verständlich, dass die Leute aufgebracht sind.«
»Die sollen lieber heimgehen und sich um ihre eigenen Kinder kümmern«, meinte Frieda. »Wo haben Sie sie geschnappt?«
»In ihrem Haus.«
»In ihrem Haus?«, wiederholte Frieda.
»Es stand natürlich unter Beobachtung«, erklärte Karlsson. »Sie ist nach Hause gegangen, und wir haben sie dort verhaftet. Eine ganz simple Angelegenheit, die keinerlei kriminalistisches Gespür erforderte.« Er schnitt eine Grimasse.
»Warum ist sie denn zurück nach Hause?«, fragte Frieda mehr sich selbst als Karlsson. »Ich dachte, die beiden hätten einen Plan.«
»Den hatten sie auch«, erwiderte Karlsson, »aber Sie haben ihnen einen Strich durch die Rechnung gemacht, als sie ihr auf
dem Friedhof über den Weg gelaufen sind. Danach hat sie ihn sofort angerufen. Das wissen wir, weil wir ihr Handy haben. Sie hat ihn gewarnt. Ihm blieb genug Zeit, sich aus dem Staub zu machen.«
»Warum ist sie nicht auch abgehauen?«, fragte Frieda. »Und wieso war sie überhaupt auf dem Friedhof?«
»Das können Sie sie selbst fragen«, antwortete Karlsson. »Ich möchte, dass Sie mitkommen.«
»Mir wäre es lieber, ich würde die Antwort schon kennen«, erklärte Frieda. »Wie heißt es bei den Anwälten so schön? Man sollte nie eine Frage stellen, bei der man die Antwort noch nicht weiß.«
»Wir müssen ihr sehr wohl eine Frage stellen, bei der wir die Antwort nicht wissen«, entgegnete Karlsson, »und diese Frage lautet: ›Wo ist Kathy Ripon?‹«
Frieda ließ sich auf der Ecke von Karlssons Schreibtisch nieder. »Was das betrifft, habe ich ein schlechtes Gefühl.«
»Bei Matthew hatten Sie auch ein schlechtes Gefühl«, wandte Karlsson ein.
»Da lag der Fall aber ganz anders. Die beiden wollten einen Sohn. Sie haben den Jungen als ihr Kind betrachtet. Selbst dann, als sie ihn loswerden mussten, haben sie ihn nicht getötet. Sie haben ihn versteckt. So ähnlich wie im Märchen, wenn ein Kind im Wald ausgesetzt wird.«
»Sie haben ihn nicht im Wald ausgesetzt, sondern lebend begraben.«
»Bei Kathy Ripon verhält sich das ganz anders. Sie war nicht Teil des Plans, sondern nur ein zufällig auftauchendes Hindernis. Aber was wollte Terry auf dem Friedhof? Und warum ist sie anschließend nach Hause?«
»Vielleicht wollte sie nachsehen, ob er schon tot ist«, meinte Karlsson, »oder ihm den Rest geben. Womöglich hatte sie durchaus vor abzuhauen und wollte nur noch kurz nach Hause, um etwas zu holen. Oder ihr Mann hat sie vorgeschickt – um
zu sehen, ob die Luft rein ist.« Karlsson bemerkte, dass Friedas Hände zitterten. »Möchten Sie etwas trinken? Oder vielleicht einen Happen zu essen?«
»Nur einen Schluck Wasser«, antwortete Frieda.
Karlsson setzte sich und sah zu, wie Frieda einen Plastikbecher voll Wasser leerte. Anschließend tranken sie beide noch einen Becher schwarzen Kaffee und hingen dabei ihren Gedanken nach.
»Sind Sie bereit?«, brach Karlsson schließlich das Schweigen.
Terry Reeve saß im Verhörraum auf einem Stuhl und stierte vor sich hin. Karlsson nahm ihr gegenüber Platz, während Frieda hinter ihm stehen blieb und sich gleich neben der Tür an die Wand lehnte. Sie war erstaunt, wie kalt sich die Mauer in ihrem Rücken anfühlte.
»Wo ist Katherine Ripon?«, fragte Karlsson.
»Sie ist mir nicht über den Weg gelaufen«, antwortete Terry.
Langsam löste Karlsson die Armbanduhr von seinem Handgelenk und legte sie zwischen ihnen auf den Tisch. »Ich möchte, dass Sie sich über Ihre Situation im Klaren sind«, erklärte er. »Vielleicht bilden Sie sich ja ein, mit einer harmlosen Anklage wegen Freiheitsberaubung und einer netten kleinen Haftstrafe davonzukommen. Bei guter Führung wären Sie dann nach ein paar Jahren wieder draußen. Ich fürchte allerdings, das können Sie vergessen. Im Moment befinden wir uns in einem schalldichten Raum, aber wenn wir Sie auf den Gang hinausführen würden, könnten Sie draußen eine Menschenmenge toben hören. Die Leute toben Ihretwegen. Wenn wir hier in Großbritannien eines nicht mögen, dann sind es Menschen, die Kinder oder Tiere quälen. Und ganz besonders hassen es die Leute, wenn Frauen an so etwas beteiligt sind – auch wenn unsere Frau Dr. Klein das wahrscheinlich sexistisch findet. Sie werden lebenslänglich bekommen, und wenn Sie glauben, dass Sie Ihre Zeit dort nur mit Töpferkursen und Lesegruppen verbringen
werden, dann täuschen Sie sich. Menschen, die
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