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Blaues Gift - Almstädt, E: Blaues Gift

Titel: Blaues Gift - Almstädt, E: Blaues Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Almstädt , luebbe digital
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Gebäude in kaltes, klares Licht. Dahinter lag schwarz und bedrohlich der bewaldete Höhenzug, der Deister. Direkt hinter dem Pflegeheim Waldesruh führte ein ausgeschilderter Wanderweg in den Wald hinein. Nicht dass das einem der Patienten hier etwas genutzt hätte, aber manchmal nahmen Verwandte die Lage des Heims zum Anlass, einen Besuch hier mit einem Waldspaziergang zu verbinden. Vielleicht würde sie am Nachmittag, nachdem sie ausgeschlafen hatte, auch einmal in den Wald gehen. Gesa war kein besonderer Fan von derartigen Unternehmungen, aber vielleicht würde sie es an diesem Tag tun, einfach nur, weil sie es konnte.

16. Kapitel
 
    K riminalrat Horst–Egon Gabler hatte den Bericht der Spurensicherung vor sich auf dem Tisch liegen und erläuterte seinem Team die Ergebnisse. Die neu gewonnenen Erkenntnisse rechtfertigten das Zusammentrommeln aller am Sonntagvormittag, zumal auch das Labor eine Nachtschicht eingelegt hatte.
    Marlene Liebig war in ihrem Leben mindestens einmal an Bord von Michaelis’ Jacht, der Juvenile , gewesen. Ihre Fingerabdrücke befanden sich an Deck, unter Deck in der Kajüte und auch an einem Messinggriff eines der Bullaugen in der im Bug des Schiffes befindlichen Schlafkabine.
    Ein brünettes Haar im Bettzeug stammte von ihrem Kopf und wurde als Indikator für den Zeitraum angesehen, wann ihr Besuch an Bord stattgefunden haben musste. Wenn Michaelis ab und zu das Bettzeug gewechselt hatte, konnte ihr Aufenthalt auf der Jacht noch nicht allzu lange her gewesen sein. Vermutlich nach ihrer Hochzeit mit Tom Liebig im vergangenen September, denn die Polizei ging davon aus, dass das Bettzeug erneuert worden war, als die Segeljacht im Frühjahr aus dem Winterlager gekommen war.
    Gabler hatte mit dem Overheadprojektor eine Seekarte gegen die weiße Tafeloberfläche geworfen, und alle starrten auf das Gewirr gewundener Linien, die den vertrauten Papillarlinienbildern von Fingerspuren ähnelten.
    Es war eine Strömungskarte der Lübecker Bucht. Kreuze markierten verschiedene Punkte: den Ort, wo Michaelis’ Segeljacht mit der Fähre Peer Gynt zusammengetroffen war; den Jachthafen in Grömitz, Ausgangspunkt für die letzte Fahrt der Juvenile , sowie einen Punkt an der Küstenlinie, wo Michaelis Leiche an den Strand gespült worden war.
    »Ich habe mit unseren Kollegen von der Wasserschutzpolizei gesprochen, ebenso mit jemandem vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrografie – Sie geben in etwa denselben Bereich an für den möglichen Ort, wo Holger Michaelis ins Wasser gefallen oder gesprungen ist,wenn er hier ... angetrieben wurde.« Er kreiste mit einem quietschenden grünen Faserstift einen Bereich in der Ostsee ein und schraffierte ihn großzügig.
    »Die Todeszeitbestimmung ist im Fall Michaelis schwierig. Dr. Kinneberg gibt ein Zeitfenster von 18 Uhr am Freitag bis Mitternacht an. Da Michaelis noch beim Auslaufen der Juvenile um 19.10 Uhr gesehen wurde, können wir es noch etwas weiter eingrenzen. Holger Michaelis lebte noch, als er im Wasser eintraf, aber er hatte eine tödliche Dosis Aconitin in seinem Magen. Er kann sich nicht länger als ein paar Minuten im Wasser befunden haben, bevor er ertrank.
    »Wie wirkt Aconitin? War er noch bei Bewusstsein?«, fragte Pia.
    »Ja, mit hoher Wahrscheinlichkeit. Hören Sie sich die Wirkung dieses Giftes an: Übelkeit, mehrfaches Erbrechen, kolikartiger Durchfall, kalter Schweiß und Schweißausbrüche, blassfahle, marmorierte Haut, Frösteln, die Vergifteten fühlen sich, als hätten sie Eiswasser im Blut, Mundtrockenheit und Ohrensausen, Krämpfe, Blutdruckabfall, Lähmungen und starke Schmerzen, das Bewusstsein bleibt aber bis zum Schluss erhalten. Tod tritt durch Atemlähmung oder Herzversagen ein.«
    Nachdem Gabler die Symptome genannt hatte, schwiegen alle im Raum eine kleine Weile. Eine Aconitinvergiftung hörte sich nicht nach einem schnellen, einfachen Tod an. Nichts, womit jemand seinem Leben selbst ein Ende setzen würde.
    »Also war er bei vollem Bewusstsein, als er im Wasser landete«, folgerte Gerlach nachdenklich. »Vielleicht ist er absichtlich ins Wasser gesprungen, weil er den Tod durch Ertrinken dem, was ihm ansonsten bevorstand, vorgezogen hat?«
    »Könnte er das Aconitin selbst genommen haben, mit Absicht oder gar unabsichtlich?«
    »Das ist kein Gift, an das man leicht herankommt. Man gewinnt, wie ich schon sagte, die Substanz aus den Wurzelstöcken des Blauen Eisenhutes. Selbstmordabsicht wäre immerhin möglich, aber

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