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Blaues Gift - Almstädt, E: Blaues Gift

Titel: Blaues Gift - Almstädt, E: Blaues Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Almstädt , luebbe digital
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neuerdings jeden Schluck in dem Bewusstsein, dass es mein letzter sein könnte«, bemerkte er, »seit unseren Aconitinfällen bin ich ins Grübeln gekommen.«
    Pia musterte ihn über ihren Becher hinweg. Der aufsteigende Dampf verwischte seine Gesichtszüge und ließ sie weicher und damit weniger reizbar aussehen als sonst.
    »Hattest du schon mal mit Gift zu tun?«
    »Nein, jedenfalls nicht, dass ich davon gewusst hätte. Da läuft wahrscheinlich einiges im Hintergrund ab, von dem wir nicht einmal was ahnen. Es ist eine perfide Art, jemanden zu töten. Man muss nicht einmal dabei sein. Gift ist etwas für Feiglinge.«
    »Für Menschen, die es nicht auf eine körperliche Konfrontation ankommen lassen wollen. Es heißt doch, Giftmorde werden hauptsächlich von Frauen begangen.«
    »Darauf wiederum würde ich mich nicht verlassen.«
    »Wir haben den Frauen in diesem Fall aber noch nicht sehr viel Aufmerksamkeit geschenkt«, gab Pia zu bedenken.
    »Du meinst Frau Michaelis?«
    »Allen. Den Damen in Marlene Liebigs Abteilung ebenso wenig wie ihrer Mutter, Inge Brinkmann.«
    »Was könnte denn die Mutter von Marlene Liebig mit all dem zu tun haben?«
    »Keine Ahnung, ihr Benehmen ist merkwürdig. Vielleicht geht es um ihre Enkeltochter, die kleine Clarissa. Ich habe den Eindruck, dass sie mehr über Marlenes Verschwinden weiß, als sie uns sagen will. Das ist alles.«
    Broders sah missmutig auf.
    »Das ist doch nichts Neues. Nicht jeder breitet seine Privatangelegenheiten gern vor der Polizei aus. Sprich das morgen noch einmal bei Gabler an. Wir werden uns noch mit so einigen Leuten näher befassen müssen. Warum nicht auch mit Marlenes Mutter.«
    »Kommt es nur mir so vor oder ist dieser Fall ganz besonders schwierig zu handhaben?«
    »Dieses Gefühl habe ich eigentlich bei jeder längeren Ermittlung irgendwann einmal. Liegt auch am Wetter ...«
    Pia seufzte und sah durch das verschmierte kleine Bullauge hinaus in die Nacht.
    »Vermisst du ihn?«
    Die Frage traf sie völlig unvorbereitet.
    »Wen?«
    Broders sah sie unverwandt an. Dass seine Augen grüngrau waren wie die Ostsee, registrierte sie heute zum ersten Mal. Seine Antwort hätte Pia umgehauen, hätte sie nicht sicher und fest auf der Bank gesessen.
    »Ich meine Marten Unruh.«
    Der Name hing in der Luft wie ein ungebetener Flaschengeist. In diesem Moment wurde Pia klar, dass es tatsächlich so war. Immer, wenn etwas sie an Marten Unruh erinnerte, sei es ein Wort, das bei den Ermittlungen auftauchte oder etwas anderes, riegelte sie diese Erinnerung systematisch ab. Sie fühlte sich so blockiert, dass sie in Broders Gegenwart nicht einmal Unruhs Namen aussprechen wollte.
    Er stand auf und holte sich noch einen weiteren Kaffee. Inzwischen hatte das Seeboot der Wasserschutzpolizei wieder von dem Fischkutter losgemacht, und sie befanden sich auf dem Rückweg in den Hafen.
    »Marten kommt nicht wieder zurück, so viel steht jedenfalls fest. Mir hat er zumindest vorher gesagt, dass er abhaut.« Eine gewisse Befriedigung darüber, mehr gewusst zu haben als sie, stand ihm ins Gesicht geschrieben.
    »Freut mich für dich. Es spielt aber keine Rolle mehr.«
    »Wenn du ihn vermisst, spielt es für dich eine Rolle.«
    »Hör auf damit, Broders!«
    »Weißt du was?«
    Sie schüttelte stumm den Kopf.
    »Ich mochte ihn auch.«
    Damit stand er auf und ging, ohne sich noch einmal umzusehen, zurück an Deck. Sein letzter Satz und der Nachdruck, mit dem er ihn ausgesprochen hatte, hallten aufdringlich in Pias Kopf nach.
    Ich mochte ihn auch. Ja klar, alle in der Abteilung hatten Marten Unruh gemocht. Aber hatte Broders ihn ganz besonders gemocht? Was bedeutete das? Waren sie Freunde gewesen, oder bedeutete es mehr? War Broders schwul? Wenn man sein Benehmen unter diesem Aspekt betrachtete, passte mit einem Mal einiges besser ins Bild. Warum eigentlich nicht?
 
    »Ich zähl auf dich, dass du es nicht herumerzählst«, sagte Broders unvermittelt, als sie später nebeneinander im Auto saßen, um nach Lübeck zurückzufahren. »Bei uns in der Abteilung weiß außer dir und ehemals Marten nur Wilfried Kürschner Bescheid. Ich schätze, Gabler ahnt es auch, aber wenn er es nicht offiziell zur Kenntnis nehmen muss, tut er sich leichter damit.«
    »Hattest du mal was ... mit Marten?«
    »Hey, Pia, schöne Frage! Eigentlich sollte ich dich in dem Glauben lassen. Ich habe Marten kennen gelernt, als er gerade bei der Kripo anfing. Angeblich hat jeder Schwule eine große Liebe, die er nie

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