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Blaues Gift - Almstädt, E: Blaues Gift

Titel: Blaues Gift - Almstädt, E: Blaues Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Almstädt , luebbe digital
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die wissen natürlich auch, was hier bei uns los ist. Einer von denen hat eben mit Gabler telefoniert. Ich bin mit zwei Leuten von der Kieler Mordkommission am Fundort verabredet.«
    »Könnte es ... kann es sich bei der Leiche um Marlene Liebig handeln?«
    »Noch ist alles offen. Gabler meint, dass du vielleicht Interesse daran hast, mitzukommen. Nicht aus Menschenfreundlichkeit, wenn du mich fragst; er ist natürlich an einer schnellen Identifizierung der Leiche interessiert. Will wissen, ob wir dran sind oder die Kieler Kollegen. Kommst du mit? Natürlich nur, wenn du nichts Besseres vorhast ...«
    »Ich bin in fünf Minuten wieder oben.«
    »Nur keine falsche Hast. Da läuft uns nichts mehr weg.«
 
    Auf dem Weg zum Ostseehafen Großenbrode sprachen Heinz Broders und Pia Korittki nur das Notwendigste miteinander. Pia war zu nervös, um sich Gedanken darüber zu machen, wie sie mit ihrem am wenigsten geliebten Kollegen Konversation machen könnte.
    Broders, der das Gaspedal des alten Passats fast bis zum Bodenblech durchdrückte, schien Mühe zu haben, das Fahrzeug auf der regennassen Fahrbahn in der Spur zu halten. Pia fröstelte in ihren feuchten Klamotten. Auch die Autoheizung, die sie angestellt hatte, konnte keine Abhilfe schaffen. Zu einem Leichenfund gerufen zu werden war immer eine unangenehme Geschichte, aber dieses Mal stand für Pia mehr auf dem Spiel. Sie hatte ernsthafte Befürchtungen, gleich den sterblichen Überresten von Marlene gegenüberzustehen. Marlene, der Frau ihres Bruders und Mutter der kleinen Clarissa.
    Im Geiste wog sie die Chancen gegeneinander ab: Der Fundort sprach eigentlich dagegen, dass es sich um Marlene handelte. Er lag zu weit nördlich. Andererseits, was wusste sie von Strömungsverhältnissen? Und wie groß war die Chance, dass im selben Zeitraum mehrere Menschen in der Lübecker Bucht ertranken? Es hatte keine weiteren Vermisstenfälle mehr gegeben in den letzten Tagen. Zu hoffen, dass es nicht Marlene war, hieß doch, sich etwas vorzumachen.
    Pia starrte in dem Bewusstsein nahenden Unheils aus dem Seitenfenster. Der Raps stand bereits in voller Blüte, und das grelle Gelb kontrastierte mit den dunkelgrauen Regenwolken, die über die Ostsee hinweg zu ihnen herübertrieben. Die Natur, was immer man darunter verstand, stand den Sorgen der Menschen gleichgültig gegenüber.
    Als sie ankamen, hatte aufgrund der schlechten Wetterverhältnisse eine verfrühte Dämmerung eingesetzt. Die Fehmarn , das Seeboot der Wasserschutzpolizei, lag am Kai, um Pia und ihre Kollegen zu dem Fischerboot zu bringen, das noch draußen auf See war, einen traurigen Fund in den Netzen.
    Die Ostsee sah bei diesem Wetter wenig einladend aus. Pia, die an sich seefest war, fühlte sich so hungrig, müde und kalt, dass sie befürchtete, heute seekrank zu werden. Broders, der immer eine ungesunde Gesichtsfarbe hatte, erinnerte mit seiner grimmigen Miene und dem Bart, in dem die Regentropfen glitzerten, an Kapitän Ahab auf der Suche nach dem weißen Wal.
    Die anderen Kripo-Kollegen aus Kiel sahen auch nicht begeistert aus, zu dieser Stunde noch aufs offene Meer hinauszumüssen, aber sie schwiegen duldsam. Niemand hatte ihnen versprochen, dass sie sich für einen gemütlichen Job entschieden hatten.
    Bald konnten sie am Horizont einen Punkt ausmachen, der stetig größer wurde und sich beim Näherkommen als ein größerer Fischkutter herausstellte. Die Positionsleuchten hoben sich vor den dunklen Wolken des Abendhimmels ab wie durchdringende kleine Augen.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Pia, als sie sich zu Broders an die Reling stellte. Ihr war aufgefallen, dass dieser schon eine ganze Weile reglos auf das schäumende Wasser starrte.
    »Nein, natürlich nicht. Ich hasse Wasserleichen. Das neulich am Strand war ja noch harmlos. Sei dir nicht so sicher, dass du gleich erkennen kannst, ob es sich bei der Leiche um Marlene Liebig handelt, Pia. Es kann sein, dass das Gesicht schon so aufgequollen oder verfärbt ist, dass es unkenntlich ist. Schon mal eine Froschkopfbildung gesehen? Man muss in so einem Fall als Erstes fotografisch sichern lassen und dann bei der Bergung äußerst vorsichtig sein. Theoretisch weißt du das alles, aber die Realität sieht immer um einiges schlimmer aus.«
    Wollte er sie warnen oder ihr nur Angst einjagen?
    »Ich glaube, ich werde sie erkennen, wenn sie es ist«, sagte Pia zuversichtlich. »Marlene hat auffällige, lange braune Haare, und ich weiß auch, was sie anhatte, als sie

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