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Blaufeuer

Titel: Blaufeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Kui
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Theoretisch wäre es denkbar, dass irgendein Reiter sie bei seinem wilden Ritt durch den Nebel versehentlich gestreift hat, ohne es zu merken. Und der Schiffsmotor könnte in der Tat zufällig von der Winde gestürzt sein. Die Kaffeemaschine? Pech. Das Ave-Maria? Sinnestäuschung. Hat zu guter Letzt doch Hella ihren Bruder getötet - aus Eifersucht, weil dieser genau wie sein Vater nicht treu sein konnte?
    Neben dem Fernseher bleibt Janne stehen. Ein modernes Gerätmit Flachbildschirm und einem exzellenten Soundsystem. Ein dünnes Kabel führt zu einem Camcorder, der auf dem Boden liegt. Mechanisch hebt Janne ihn auf, sucht den Knopf zum Einschalten.
    »Finger weg, das gehört Gabi Bremer.« Er steht dicht hinter ihr, in den Händen zwei Teller mit dampfendem Rührei.
    Janne weicht zurück. »Cooles Teil. Warum hast du es hier?«
    »Ich wollte mir etwas ansehen, aber ...« Er beendet den Satz nicht.
    »Aber?«
    »... Ich bin noch nicht dazu gekommen. Bitte setz dich an den Tisch, es gibt Essen.«
    Janne legt den Camcorder zurück, und sie nehmen an einem runden Esstisch aus hellem Holz Platz, um den vier Stühle stehen, die nicht zueinanderpassen. Immerhin hat Birger eine Tischdecke aufgelegt. Während sie ihren Gedanken nachhängt, schwärmt er von der Aussicht seiner Wohnung. »Im Winter, wenn die Luft absolut klar ist, kannst du bis nach Helgoland gucken. Das hat was, sage ich dir. Deswegen werden die Architekten auch nie aufhören, die Küsten so zu verschandeln.«
    Sie essen. Es schmeckt vorzüglich. Birger Harms versteht sich auf die große Wirkung einfacher Speisen. Allerdings lässt Janne einen Teil der Krabben liegen und konzentriert sich aufs Rührei. Sie will ihn über sein Leben aushorchen, doch viel bekommt sie nicht aus ihm heraus: Er stammt aus Cuxhaven, heiratete gleich nach der Schulzeit, die Ehe wurde nach drei Jahren geschieden. Seither lebt er als Junggeselle. Er hat eine Tochter, die in Kanada lebt und ihn nie besucht.
    »Seit wann bist du mit meinem Vater befreundet?«
    »Wer sagt, dass wir befreundet sind?«
    Er steht auf, holt eine Flasche Köm und zwei Gläser und schenkt ihnen beiden ein. Sie trinken auf ex.
    Janne fasst sich ein Herz: »Birger, mich beschäftigt eine Frage, auf die ich eine ehrliche Antwort brauche. Hat mein Vater irgendwelche schmutzigen Geschäfte betrieben?«
    Die Antwort kommt blitzschnell: »Nicht, dass ich wüsste.«
    »Sicher nicht? Niemals? Woher stammte zum Beispiel das Geld, mit dem er die Werft gekauft hat?«
    Birger hebt die Schultern. »Keine Ahnung. Er hat einige Jahre im Hamburger Hafen gearbeitet. Was er da genau gemacht hat, weiß ich allerdings nicht.«
    Sie glaubt ihm kein Wort. Der alte Mann weiß garantiert über alles Bescheid. »Du hast neulich erzählt, ursprünglich wolltest du gemeinsam mit Laurens Jörgensen die Werft kaufen. Stattdessen bist du als kleiner Angestellter bei meinem Vater gelandet. Hat dich das nie gewurmt?«
    »Nein. Was heißt schon kleiner Angestellter? Ich habe das gemacht, was ich am besten konnte: Boote bauen.« Birger unterbricht sich und runzelt die Stirn. »Was soll das überhaupt werden? Ein Verhör? Du sitzt an meinem Tisch, vergiss das nicht. Spar dir deine Unterstellungen, Janne, auch gegen die anderen Mitarbeiter. Unsere Leute sind loyal, für die lege ich meine Hand ins Feuer. Überleg doch mal: Wenn es tatsächlich jemand auf dich abgesehen hätte, würde er wohl kaum in der Werkhalle darauf warten, dass du vorbeikommst, um dir dann einen Motor auf den Kopf zu schmeißen. Du bist doch nie da.«
    »Ich hab's satt, dass du mir das dauernd vorwirfst. Was denkst du, was ich die ganze Zeit mache - Urlaub?«
    »Nein, du jagst Gespenster, und das habe ich satt. Weil ich es ausbaden muss.« Birgers Gesicht glänzt. Er füllt sein Glas erneut und schiebt ihr die Flasche zu, aber Janne hat genug.
    »Als ob ich etwas ausrichten könnte auf der Werft. Und wenn unsere Leute so loyal sind, wie du behauptest, warum haben dann die ersten bereits gekündigt?«
    Birger mäßigt seinen Tonfall: »Weil sie kein Vertrauen in die Zukunft haben, Janne, und genau das ist es, was du ihnen zurückgeben musst. Das kann ich dir nicht abnehmen. Niemand verlangt von dir, dass du aus dem Stegreif Boote konstruierst. Aber du musst das Gefühl vermitteln, dass da jemand ist, der die Fäden in der Hand hält. Auch wenn du im Augenblick nicht weißt, wie du das Knäuel entwirren sollst. Du müsstest morgens als Erste kommen und abends als Letzte

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