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Blausäure

Blausäure

Titel: Blausäure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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mich mit Rosemarys Arzt in Verbindung. Natürlich erwähnte ich die Briefe nicht – sprach nur über das Vorgefallene. Er erzählte mir, dass Rosemarys Selbstmord ihn sehr überrascht hätte. Er hätte so etwas nie für möglich gehalten, sagte er. Rosemary wäre überhaupt nicht der Typ gewesen, der zum Selbstmord neigte. Er meinte, der Vorfall zeige, wie sogar ein Patient, den man gut kenne, sich ganz untypisch verhalten könnte.»
    George hielt erneut inne. Dann fuhr er fort:
    «Nach diesem Gespräch wurde mir vollends bewusst, wie wenig ich selbst an Rosemarys Selbstmord glaubte. Schließlich habe ich sie sehr gut gekannt. Sie war zu heftigem Unglück fähig, konnte sich enorm aufregen und hat gelegentlich impulsiv und unüberlegt gehandelt, aber ich habe sie nie in der Stimmung erlebt, wo sie ‹alles hinschmeißen› wollte.»
    Ein wenig verlegen murmelte Race:
    «Hätte sie außer Depressionen noch ein Motiv für Selbstmord haben können? Ich meine, war sie über irgendetwas wirklich unglücklich?»
    «Ich – nein – sie – sie war vielleicht ein bisschen nervös.»
    Ohne George dabei anzusehen, fragte Race weiter:
    «War sie irgendwie melodramatisch veranlagt? Ich habe sie ja nur ein einziges Mal gesehen. Aber es gibt doch diesen Typus, der – nun ja – Spaß dran hat, einen Selbstmord vorzutäuschen – meistens, nachdem sie sich mit jemandem gestritten haben. Dieses kindische Motiv, wissen Sie: ‹Das wird denen noch Leid tun!›»
    «Rosemary und ich hatten uns nicht gezankt.»
    «Nein. Und ich muss auch sagen, die Tatsache, dass Zyankali benutzt wurde, spricht eher gegen diese Möglichkeit. Mit Zyankali treibt man keinen Jokus – das weiß jedes Kind.»
    «Das führt zu einem weiteren Punkt. Angenommen, Rosemary hätte sich wirklich aus irgendeinem Grund umbringen wollen, dann hätte sie es doch sicher nicht auf diese Art und Weise gemacht? So schmerzhaft und – und so hässlich. Eine Überdosis von irgendeinem Schlafmittel wäre doch wohl wahrscheinlicher gewesen, nicht wahr?»
    «Ganz meine Meinung. Gab es irgendeinen Hinweis darauf, dass sie tatsächlich Zyankali gekauft oder sonst wie in die Finger gekriegt hätte?»
    «Nein. Aber sie hatte zuvor Freunde auf dem Land besucht, und an einem Tag wurde dort ein Wespennest vernichtet. Man vermutete, dass sie bei der Gelegenheit eine Hand voll Kaliumzyanidkristalle an sich gebracht hätte.»
    «Ja – es ist nicht schwierig, daranzukommen. Die meisten Gärtner haben einen kleinen Zyankalivorrat.»
    Er überlegte einen Moment und sagte dann:
    «Lassen Sie mich kurz zusammenfassen! Es gab keinen positiven Hinweis darauf, dass sie selbstmordgefährdet war oder irgendeine Vorbereitung der Art getroffen hatte. Im Gegenteil. Aber ebenso wenig gab es einen positiven Hinweis auf Mord, sonst hätte die Polizei es bemerkt. Die sind schon ziemlich auf dem Quivive, Barton.»
    «Der bloße Gedanke an Mord wäre damals abwegig erschienen.»
    «Aber sechs Monate später kam er Ihnen nicht mehr abwegig vor?»
    «Ich glaube, ich muss die ganze Zeit über nicht zufrieden gewesen sein», sagte George langsam. «Vielleicht habe ich mich im Unterbewusstsein auf die Mordtheorie vorbereitet, so dass ich sie, als ich es schließlich schwarz auf weiß zu lesen bekam, sofort ohne Zweifel akzeptieren konnte.»
    «Ja», nickte Race. «Nun, dann schießen Sie los. Wen haben Sie in Verdacht?»
    George beugte sich vor. Sein Gesicht zuckte.
    «Das ist ja das Schreckliche daran. Wenn Rosemary ermordet wurde, muss es einer in der Runde gewesen sein. Einer unserer Freunde. Sonst ist ja niemand an den Tisch herangekommen.»
    «Die Kellner? Wer hat den Wein eingeschenkt?»
    «Charles, der Oberkellner. Kennen Sie Charles?»
    Race nickte. Jeder kannte Charles. Die Vorstellung, dass Charles vorsätzlich einen Gast vergiftet hätte, schien absurd.
    «Und am Tisch hat uns Giuseppe bedient. Wir kennen ihn gut. Ich kenne Giuseppe schon seit Jahren. Er bedient mich immer im Luxembourg. Ein reizender, fröhlicher kleiner Kerl.»
    «Dann kommen wir also zu der Runde am Tisch. Wer war da?»
    «Stephen Farraday, der Abgeordnete. Seine Frau, Lady Alexandra Farraday. Meine Sekretärin Ruth Lessing. Ein Bursche namens Anthony Browne. Rosemarys Schwester Iris und ich. Sieben Personen insgesamt. Mit Ihnen wären wir acht gewesen. Als Sie absagten, fiel uns auf die Schnelle kein passender Ersatz ein.»
    «Verstehe. Nun raus mit der Sprache, Barton, wer, meinen Sie, hat’s getan?»
    «Ich weiß es

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