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Blausäure

Blausäure

Titel: Blausäure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Motiv?»
    «Niemand – überhaupt niemand. Rosemary hatte keinen einzigen Feind auf der Welt, ganz bestimmt. Das habe ich alles um und um gewälzt – mich umgehört – hab versucht, was rauszufinden. Ich habe sogar dieses Haus in der Nähe der Farradays gekauft, um – »
    Er brach ab. Race nahm seine Pfeife und fing an, sie auszukratzen.
    «Wollen Sie mir nicht lieber alles sagen, junger Freund?»
    «Was meinen Sie?»
    «Dass Sie mir etwas vorenthalten – ich riech’s eine Meile gegen den Wind. Sie können dasitzen und die Ehre Ihrer Frau verteidigen – oder Sie können ernsthaft versuchen herauszufinden, ob sie ermordet wurde oder nicht – und wenn es das ist, was Sie wollen, dann müssen Sie mit der Sprache heraus!»
    Eine Weile herrschte Schweigen.
    «Nun gut», sagte George mit unterdrückter Stimme, «Sie haben gewonnen.»
    «Sie haben Grund anzunehmen, dass Ihre Frau einen Geliebten hatte, ist es das?»
    «Ja.»
    «Stephen Farraday?»
    «Ich weiß es nicht! Ich schwöre Ihnen, dass ich es nicht weiß! Entweder er oder der andere Kerl, Browne. Ich kam zu keinem Ergebnis. Es war die Hölle.»
    «Erzählen Sie mir, was Sie über diesen Browne wissen. Komisch, der Name kommt mir bekannt vor.»
    «Ich weiß gar nichts über ihn. Niemand weiß etwas. Er sieht gut aus, ist amüsant – aber niemand weiß auch nur das Geringste über ihn. Er soll Amerikaner sein, aber man hört keinen Akzent.»
    «Nun ja, vielleicht weiß die Botschaft etwas über ihn. Und Sie haben keine Ahnung – wer von beiden?»
    «Nein, das ist es ja! Ich erzähl’s Ihnen, Race. Also – sie hatte einen Brief geschrieben – und ich – ich guckte mir hinterher das Löschpapier an. Es – es war schon ein richtiger Liebesbrief – aber er enthielt keinen Namen.»
    Race hielt den Blick sorgfältig abgewandt.
    «Nun, das gibt uns ein bisschen mehr an die Hand. Nehmen wir Lady Alexandra – sie käme ins Spiel, wenn ihr Mann eine Affäre mit Ihrer Frau gehabt hätte. Sie gehört zu den Frauen, die sehr intensiv empfinden. Typ ‹Stille Wasser›, nicht wahr? Das ist der Typ, der mordet, wenn er in Not ist. Wir kommen voran. Da ist der geheimnisvolle Browne, da sind Farraday und seine Frau, und die junge Iris Marie. Was ist mit dieser anderen Frau, Ruth Lessing?»
    «Ruth hat mit der Sache nichts zu tun. Sie hat nun wirklich kein erfindliches Motiv.»
    «Ihre Sekretärin, sagen Sie? Was für ein Mädchen ist sie?»
    «Das netteste Mädchen auf der ganzen Welt», sagte George enthusiastisch. «Sie gehört praktisch zur Familie. Meine rechte Hand – ich kenne niemanden, den ich mehr schätze oder dem ich mehr vertraue.»
    «Sie mögen sie», sagte Race.
    Er schaute Barton nachdenklich an.
    «Ich verehre sie! Diese Frau, Race, ist der absolute Treffer! Ich bin völlig abhängig von ihr. Sie ist das ehrlichste, netteste Geschöpf auf der ganzen Welt.»
    Race murmelte etwas, das wie «Äh-häm» klang, und ließ das Thema fallen. Nichts an seinem Verhalten verriet George, dass er der unbekannten Ruth Lessing im Geiste ein dickes Motiv angekreidet hatte. Er konnte sich durchaus vorstellen, dass dieses «netteste Mädchen auf der ganzen Welt» einen sehr konkreten Grund gehabt haben könnte, um Mrs George Barton ins Jenseits zu wünschen. Es mochten finanzielle Beweggründe sein – vielleicht träumte sie davon, die zweite Mrs Barton zu werden. Es konnte auch sein, dass sie ihren Arbeitgeber wirklich liebte. Was auch immer es war, ein Motiv hatte sie. Anstatt dieses Thema weiter zu verfolgen, sagte er sanft: «Ich nehme an, es ist Ihnen bewusst, dass auch Sie selbst ein ziemlich überzeugendes Motiv hatten, George?»
    «Ich?»
    George machte ein verblüfftes Gesicht. «Nun, denken Sie an Othello und Desdemona.»
    «Ich verstehe, worauf Sie hinauswollen. Aber – aber so lagen die Dinge zwischen Rosemary und mir nicht. Ich habe sie natürlich angebetet, aber ich habe immer gewusst, dass es – Vorkommnisse geben würde – die ich tolerieren müsste. Nicht, dass sie mich nicht lieb gehabt hätte – das hat sie schon. Sie hat mich sehr lieb gehabt und war immer ganz reizend zu mir. Aber ich bin natürlich ein Langweiler, hat keinen Sinn, sich da was vorzumachen. Ich bin kein Romantiker, verstehen Sie. Als ich sie heiratete, wusste ich, dass es nicht nur ein Zuckerschlecken würde. Im Grunde hat sie mich gewarnt. Natürlich tat es weh, als es passierte – aber zu unterstellen, ich könnte ihr auch nur ein Haar gekrümmt haben –»
    Er brach ab

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