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Blausäure

Blausäure

Titel: Blausäure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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du bei George ein gutes Wort für mich eingelegt?»
    «Inwiefern?»
    «Nun, George bestand so eindringlich auf seiner Einladung zu deiner Feier heute Abend. Ganz das Gegenteil von seiner üblichen ‹Hände weg von meinem lieblichen Mündel›-Masche. Wollte absolut, dass ich auch komme. Ich dachte, du hättest vielleicht ein bisschen diskrete Arbeit im Hintergrund geleistet.»
    «Nein – nein – ich habe nichts damit zu tun.»
    «Also ein echter Gesinnungswandel?»
    «Nicht ganz. Es ist – »
    «Hallo – bist du noch da?»
    «Ja, Anthony.»
    «Du hast eben etwas gesagt. Was ist, Liebling? Ich höre dein Seufzen durch die ganze Leitung. Ist etwas nicht in Ordnung?»
    «Nein, nein, es ist nichts. Morgen geht’s mir wieder gut. Morgen wird alles gut sein.»
    «Welch süßer Glauben. Heißt es nicht ‹Ein Morgen gibt es nicht›?»
    «Anthony, bitte!»
    «Iris – etwas stimmt doch nicht?»
    «Doch, doch – nein! Ich kann jetzt nicht darüber reden. Ich habe es jemandem versprochen, verstehst du.»
    «Erzähl’s mir, Liebling!»
    «Nein – ich kann es wirklich nicht. Aber Anthony – wirst du mir etwas erzählen?»
    «Wenn ich es kann.»
    «Hast du Rosemary je – geliebt?»
    Eine kleine Pause folgte, dann hörte man Lachen.
    «Also das war’s! Ja, Iris, ich war ein bisschen in Rosemary verliebt. Du weißt ja, wie hübsch sie war. Aber dann, eines Tages, als ich gerade mit ihr sprach, da sah ich dich die Treppe herunterkommen – und da war’s um mich geschehen. Die Gefühle für Rosemary waren wie fortgeblasen. Es gab nur noch dich auf der Welt. Das ist die nackte, kalte Wahrheit. Grüble nicht über solche Dinge nach. Schließlich hatte sogar Romeo seine Rosalinde, bevor er sich unsterblich in Julia verliebte.»
    «Danke, Anthony. Ich bin froh.»
    «Bis heut Abend dann. Du hast Geburtstag, oder?»
    «Erst nächste Woche – wir feiern aber schon heute.»
    «Klingt nicht gerade sehr begeistert.»
    «Bin ich auch nicht.»
    «Ich nehme an, George weiß, was er tut, aber es kommt mir verrückt vor, am selben Ort zu feiern, wo – »
    «Ach, ich war schon mehrmals im Luxembourg seit – seit Rosemary – ich meine, man kommt nicht daran vorbei.»
    «Nein, und es ist ja auch egal. Ich habe ein Geburtstagsgeschenk für dich, Iris. Hoffentlich gefällt es dir. Au revoir! »
    Er legte auf.
    Iris kehrte zu Lucilla Drake zurück, um mit ihr die Lage zu erörtern, sie zu überzeugen und zu beruhigen.
     
    Sobald George in seinem Büro ankam, bat er Ruth Lessing zu sich.
    Als sie eintrat, ruhig und lächelnd, in ihrem gepflegten schwarzen Kostüm, ließ seine Anspannung etwas nach.
    «Guten Morgen!»
    «Guten Morgen, Ruth. Wir haben wieder Sorgen. Schauen Sie sich das an!» Er hielt ihr das Telegramm hin, und sie nahm es ihm aus der Hand.
    «Schon wieder Victor Drake!»
    «Ja, hol ihn der Teufel!»
    Sie schwieg, mit dem Telegramm in der Hand. Ein markantes, dunkles Gesicht – das Kräuseln um die Nase, wenn er lachte – die spöttische Stimme: «Ganz der Typ, der am Ende den Chef heiratet…» Wie lebhaft stand ihr alles wieder vor Augen! Als ob es gestern gewesen wäre, dachte sie.
    Georges Stimme brachte sie in die Gegenwart zurück.
    «Ist es nicht ungefähr ein Jahr her, dass wir ihn dorthin verfrachtet haben?»
    Sie dachte nach.
    «Ja, ich glaube schon. Ich glaube, es war der 27. Oktober.»
    «Sie sind ein erstaunliches Mädchen! So ein Gedächtnis!»
    Sie dachte, dass sie einen besseren Grund hatte, sich daran zu erinnern, als er ahnen konnte. Es war unmittelbar nach ihrer Begegnung mit Victor Drake gewesen, dass sie Rosemarys unbekümmerte Stimme am Telefon gehört hatte und zu dem Schluss gekommen war, dass sie die Frau ihres Chefs hasste.
    «Vermutlich müssen wir von Glück reden, dass er es überhaupt so lange dort ausgehalten hat», sagte George. «Auch wenn es uns vor drei Monaten schon mal fünfzig Pfund gekostet hat.»
    «Dreihundert jetzt scheint ein bisschen viel.»
    «Allerdings. So viel bekommt er nicht. Wir müssen die üblichen Erkundigungen einholen.»
    «Ich setze mich mit Mr Ogilvie in Verbindung.»
    Alexander Ogilvie war George Bartons Vertreter in Buenos Aires – ein nüchterner, dickköpfiger Schotte.
    «Ja, telegrafieren Sie ihm sofort. Victors Mutter hat wieder mal Zustände. Praktisch hysterisch. Bisschen schwierig wegen der Feier heute Abend.»
    «Hätten Sie gern, dass ich bei ihr bleibe?»
    «Nein!»
    Er lehnte ihren Vorschlag entschieden ab.
    «Auf keinen Fall! Sie sind diejenige,

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