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Blausäure

Blausäure

Titel: Blausäure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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ginge, wäre es mir ein besonderes Vergnügen, diesen kleinen Gauner endlich im Gefängnis zu sehen – aber man muss an seine Mutter denken. Sie ist leider nicht ganz bei Trost – aber eine liebe Seele. Also kommt Victor wieder einmal davon.»
    «Was für ein guter Mensch Sie sind», sagte Ruth.
    «Ich?»
    «Ich finde, der beste auf der Welt.»
    Er war gerührt. Er freute sich, aber gleichzeitig war es ihm auch peinlich. Spontan griff er nach ihrer Hand und gab ihr einen Handkuss.
    «Liebste Ruth! Meine liebste und beste Freundin! Was hätte ich nur ohne Sie getan?»
    Sie standen sehr dicht beieinander.
    «Ich hätte mit ihm glücklich sein können», dachte sie. «Ich hätte ihn glücklich machen können. Wenn nur – »
    Er aber dachte: «Soll ich Race’ Rat befolgen? Die ganze Sache sein lassen? Wäre das nicht wirklich das Beste?»
    Aber die Unentschiedenheit, die über ihm schwebte, verging wieder.
    «Um halb zehn im Luxembourg! » , sagte er.

Sechs
     
    S ie waren alle gekommen.
    George atmete erleichtert auf. Bis zum letzten Moment hatte er befürchtet, dass zu guter Letzt noch etwas dazwischenkommen würde – aber sie waren alle da. Stephen Farraday, groß und steif, mit seiner wichtigtuerischen Art. Sandra Farraday in einem strengen schwarzen Samtkleid mit einem Halsband aus Smaragden. Keine Frage, die Frau hatte Rasse. Sie gab sich völlig ungezwungen, eventuell eine Spur anmutiger als sonst. Ruth trug ebenfalls Schwarz und als einzigen Schmuck eine mit Brillanten besetzte Spange. Ihr rabenschwarzes Haar war glatt und eng am Kopf frisiert, Hals und Arme waren sehr weiß – weißer als bei den anderen Frauen. Ruth war berufstätig, sie hatte weder Zeit noch Muße für gepflegte Sonnenbräune. Er fing ihren Blick auf, und als hätte sie die Angst in seinen Augen bemerkt, lächelte sie ihm beruhigend zu. Ihm wurde warm ums Herz. Die treue Ruth! Iris neben ihm war ungewöhnlich schweigsam. Ihr allein merkte man an, dass dieses eine etwas eigenartige Feier war. Sie war blass, aber die Blässe stand ihr und verlieh ihr eine klare, ernste Schönheit. Sie trug ein gerade geschnittenes, schlichtes laubgrünes Kleid. Als Letzter erschien Anthony Browne. George hatte den Eindruck, dass er mit den schnellen, lautlosen Schritten einer Wildkatze herbeieilte – wie ein Panther oder ein Leopard. Der Bursche war wirklich noch nicht ganz zivilisiert.
    Sie waren alle da – in seiner Obhut – seiner Falle. Nun konnte das Spiel beginnen.
    Nachdem sie ihre Cocktails in der Eingangshalle getrunken hatten, schritten sie unter dem offenen Bogen hindurch ins eigentliche Restaurant.
    Tanzende Paare, sanfte Jazzmusik, flinke, gewandte Kellner.
    Charles war sogleich zur Stelle und führte sie lächelnd an ihren Tisch. Er befand sich am anderen Ende des Saales, in einer Nische mit drei Tischen – einem großen in der Mitte und zwei kleineren Zweiertischen an den Seiten. An dem einen Tischchen saß ein fahler Mann mittleren Alters, anscheinend ein Ausländer, mit einer hübschen Blondine, und an dem anderen ein schmächtiges Bürschchen mit einem jungen Mädchen. Der Tisch in der Mitte war für George Barton und seine Gäste reserviert.
    George wies ihnen freundlich ihre Plätze an.
    «Sandra, kommst du bitte hierhin, an meine rechte Seite? Browne daneben. Iris, meine Liebe, es ist deine Feier! Du musst hier neben mir sitzen, und du auf ihrer anderen Seite, Farraday! Dann Sie, Ruth – »
    Er zögerte – zwischen Ruth und Anthony war ein leerer Platz – der Tisch war für sieben Personen gedeckt.
    «Mein Freund Race kommt etwas später. Er sagte, wir sollten nicht auf ihn warten. Er schaut auf jeden Fall noch vorbei. Ich hätte gerne, dass ihr ihn alle kennen lernt – ein großartiger Mann, überall in der Welt herumgekommen. Hat ein paar gute Geschichten auf Lager.»
    Iris merkte, dass sie sich mit einem Gefühl des Zorns auf ihrem Platz niederließ. Das hatte George mit Absicht getan – sie von Anthony getrennt. Wo sie saß, hätte Ruth sitzen sollen, neben ihrem Gastgeber. George mochte Anthony also immer noch nicht – und misstraute ihm.
    Sie warf einen verstohlenen Blick über den Tisch. Anthony runzelte die Stirn. Er sah nicht zu ihr hinüber, sondern bedachte den leeren Stuhl neben sich mit einem scharfen Seitenblick.
    «Freut mich, dass Sie noch einen anderen Mann erwarten, Barton», sagte er. «Ich muss nämlich eventuell etwas früher gehen. Lässt sich leider nicht vermeiden. Ich habe hier einen Bekannten

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