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Blausäure

Blausäure

Titel: Blausäure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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treu’ Gedenken!»
    Sie setzten die Gläser an die Lippen. Sie tranken.
    Einen Moment herrschte Stillschweigen – dann schwankte George vornüber und sackte auf seinem Stuhl zusammen. Wie ein Rasender griff er sich mit den Händen an den Hals, und sein Gesicht lief blauviolett an, als er mit dem Tode rang.
    Er brauchte anderthalb Minuten, bis er starb.

 
     
     
     
     
     
    Drittes Buch
     
    Iris
     
     
     
    Denn ich dachte, die Toten ruhen.
    Doch es ist nicht so…

Eins
     
    C olonel Race betrat die Eingangshalle von Scotland Yard. Er füllte das Besucherformular aus, und wenige Minuten später hieß Chief Inspector Kemp ihn in seinem Dienstzimmer bereits per Handschlag willkommen.
    Die beiden Männer kannten sich gut. Vom Typ her erinnerte Kemp entfernt an den großen alten Veteranen der Londoner Kriminalpolizei, Battle. Vielleicht hatte er unbewusst tatsächlich einige Eigenarten des Älteren angenommen – er hatte viele Jahre unter Battle gearbeitet. Genau wie jener wirkte er, als sei er aus einem einzigen Stück Holz geschnitzt. Aber während man bei Battle an Teakholz oder Eiche gedacht hätte, assoziierte man mit Chief Inspector Kemp ein etwas feineres Holz, Mahagoni etwa oder gutes altmodisches Rosenholz.
    «Nett, dass Sie uns angerufen haben, Colonel», sagte Kemp. «In diesem Fall brauchen wir alle Hilfe, die wir nur kriegen können.»
    «Scheint ja auf ziemlich hoher Ebene gehandelt zu werden», sagte Race.
    Kemp täuschte keine falsche Bescheidenheit vor. Es war nun einmal eine unbestrittene Tatsache, dass er nur mit den heikelsten Fällen betraut wurde, Fällen, die großes öffentliches Aufsehen erregten oder sonst wie von höchster Wichtigkeit waren.
    «Es betrifft den Kidderminster-Clan», sagte er ernst. «Sie können sich vorstellen, wie vorsichtig man da vorgehen muss.»
    Race nickte. Er war Lady Alexandra Farraday mehrmals begegnet. Eine jener stillen Frauen in unanfechtbarer Position, die man nur schwer mit reißerischen Aufmachern in Verbindung brachte. Er hatte sie bei ihren öffentlichen Auftritten reden hören – sie war nicht sehr eloquent, aber sprach mit Klarheit und Kompetenz, beherrschte ihr Thema und trug es ausgezeichnet vor.
    Sie war die Sorte Frau, über deren öffentliches Engagement die Zeitungen andauernd berichteten und deren Privatleben so gut wie nicht existierte, es sei denn als diskret angedeuteter familiärer Hintergrund.
    Und doch, dachte er, haben solche Frauen ein Privatleben. Sie wissen, was Verzweiflung ist und Liebe und kennen die Qualen der Eifersucht. Sie können durchaus die Kontrolle verlieren und ihr Leben in einem Anfall von Leidenschaft aufs Spiel setzen.
    Neugierig fragte er:
    «Angenommen, sie war’s, Kemp?»
    «Lady Alexandra? Glauben Sie wirklich?»
    «Keine Ahnung! Nur mal angenommen. Oder ihr Mann – der unter Kidderminster-Flagge segelt.»
    Chief Inspector Kemps ruhige seegrüne Augen blickten fest in die dunklen seines Gesprächspartners.
    «Falls einer von beiden wirklich gemordet hat, werden wir unser Bestes tun, um ihn oder sie an den Galgen zu bringen. Das brauche ich Ihnen nicht zu erzählen. In diesem Land gibt es für Mörder keine Extrawürste. Aber die Beweislage muss absolut hieb- und stichfest sein – darauf wird der Staatsanwalt bestehen.»
    Race nickte.
    «Dann lassen Sie uns mal die Bescherung ansehen!»
    «George Barton starb an einer Zyankalivergiftung – genauso wie vor einem Jahr seine Frau. Sie sagten, Sie waren selbst in dem Restaurant?»
    «Ja. Barton hatte mich zu dieser Feier eingeladen. Ich lehnte ab, denn mir gefiel nicht, was er vorhatte. Ich versuchte, ihn davon abzubringen, und bekniete ihn, falls er Zweifel am Tod seiner Frau hätte, damit zur richtigen Adresse zu gehen – zu Ihnen.»
    Kemp nickte.
    «Das hätte er allerdings machen sollen.»
    «Stattdessen hatte er sich auf eine Idee versteift – wollte dem Mörder eine Falle stellen. Er wollte nicht damit rausrücken, was die Falle wäre. Mir war nicht wohl bei der ganzen Sache – deshalb ging ich gestern Abend ins L u xembourg, um die Augen offen zu halten. Notwendigerweise nahm ich einen etwas abseits gelegenen Tisch – wollte nicht unbedingt gesehen werden. Leider kann ich Ihnen gar nichts berichten. Ich sah nichts, was auch nur im Geringsten verdächtig gewesen wäre. Die Kellner und Bartons eigene Gäste waren die Einzigen, die in die Nähe des Tisches kamen.»
    «Tja», sagte Kemp, «das grenzt den Kreis der Verdächtigen allerdings ein! Entweder

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