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Blauwasserleben

Blauwasserleben

Titel: Blauwasserleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Dorsch
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Alles hatte Hand und Fuß. Ja, wir mussten ihn regelrecht
löchern, um mehr Abenteuer von ihm zu hören.
    Â»Und wie hast du dich auf deiner Weltumsegelung versorgt?«, fragte
Stefan. Walter hatte sich schon schlafen gelegt.
    Â»Ich hatte nie das Geld, um in einen Supermarkt zu gehen und 600 Dollar zu zahlen, um für die nächsten Südseemonate versorgt zu sein. Solltet
ihr das Geld haben, kann ich euch nur zu den Supermärkten in Panama raten, denn
danach wird alles verdammt teuer. Da könnt ihr locker das Vierfache für ein
Pfund Vollkornmehl bezahlen.« In den nächsten zweieinhalb Wochen sollten wir
noch viele weitere Tipps von Hauser zu hören bekommen, die uns später alle
nützlich waren.
    Â»Aber bestimmt hast du auf den Pazifikinseln keine Kängurus gejagt.
Bist du da Vegetarier geworden?«
    Hausner musste lächeln: »Ich esse jetzt sehr wenig Fleisch und habe
immer Fische harpuniert. Auf den Marquesas bin ich auf Ziegenjagd gegangen,
nachdem wir uns Ciguatera eine Art Fischvergiftung geholt hatten …«
    Â»Du hast Ziegen geschossen?«, fragten Stefan und ich unisono.
    Â»Die Tiere laufen dort frei herum und gehören niemandem. Ich bin
einfach losgegangen, und wenn ich eine Ziege im Visier hatte … Gegrillt oder
lange eingekocht schmecken sie wunderbar.«
    Das war also die Freiheit des Mannes, von der Hausner in seinem
ersten Buch gesprochen hatte – losziehen und Ziegen schießen. Und genauso
musste es Stefan empfunden haben, denn er sagte mit seltsamem Glanz in den
Augen: »Das will ich auch machen. Das ist mein Ding.«
    Von Kota Kinabalu segelten wir mit der Taboo III hinüber zu den Philippinen. Die Rollen an Bord waren klar verteilt: Stefan
durfte alles, die Segeln hissen, sich stundenlang ans Steuer stellen,
Nachtwachen übernehmen. Bei mir lag die Sache anders: Ich durfte ein einziges
Mal kurz das Steuer halten. Mehr nicht. Dabei war ich längst nicht mehr
unerfahren, was das Segeln betraf. In den drei Jahren in Hamburg hatte ich nach
und nach alle notwendigen Segelscheine gemacht, den A-Schein auf der Alster,
dann den SKS -Schein, den Sportküstenschifferschein,
bei dem ich eine Woche lang auf der Ostsee mit einem kleinen Team segelte.
Stefan war nicht dabei, was gut war – Partner sind nicht immer die besten Pädagogen.
Hinzu kam, dass Stefan sich noch nie mit Segeltheorie beschäftigt hatte. Von
klein auf wusste er, was auf einem Segelschiff zu tun war, und sammelte
Erfahrungen. Segeln war ihm in die Wiege gelegt worden.
    Hausner war weder Partner noch Pädagoge – und er schien felsenfest
davon überzeugt zu sein, dass Frauen mit Segeln nichts am Hut haben konnten.
Vielleicht vertrat er diese Ansicht, weil er die meiste Zeit allein über die
Weltmeere gesegelt war. Ein Mann, der jahrelang ohne einen Mitmenschen an Bord
lebt, wird einfach anders. Das ließ sich für mich auch an der Einrichtung der Taboo III ablesen. Zwar funktionierte alles perfekt, aber
es war auch alles sehr spartanisch. Stefan und ich hingegen hatten uns
gemeinsam ausgemalt, dass unser Boot eher »gehoben« ausgestattet sein sollte,
nicht allzu schlicht. Außerdem sollte unsere Kabine kein dunkles Holz haben,
die Kissen sollten alle hell und farbenfroh sein.
    Vor den Philippinen lernten wir, nachts ohne Licht zu segeln – diese
Gegend war bekannt für ihre Pirateriegefahr. Hausner hatte für alle Fälle ein
Gewehr an Bord, eine M 16, ein amerikanisches
Modell, vorrangig benutzt von den US -Streitkräften.
    Er zeigte es uns, und ich fragte ihn: »Hast du die schon mal
benutzt?«
    Â»Ja, das habe ich«, bemerkte Wolfgang ausdruckslos. »Wenn ich es
nicht getan hätte, stünde ich heute nicht vor euch.« Mehr sagte er nicht, und
es war klar, dass er auch nicht mehr dazu sagen wollte.
    In der Kabine hatte ich ein Foto entdeckt, das den indischen Guru
Sathya Sai Baba abbildete. Diesen Mann kannte ich aus Erzählungen meines
Yogalehrers in Singapur. Sathya Sai Baba galt als Reinkarnation eines Heiligen,
der in der Lage war, schwere Krankheiten zu heilen und Menschen zu einem sinnstiftenden
Leben zu bewegen. Hausner hatte wohl meinen Blick bemerkt, denn einige Tage
nachdem er uns das Gewehr gezeigt hatte, erzählte er mir, im Aschram des Baba
gewesen zu sein.
    Vielleicht hatte Hausner nach dem Waffenerlebnis, so überlegte ich,
nach Vergebung gesucht. Vielleicht war er nicht mit sich im Reinen

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