Blauwasserleben
gewesen.
Aber letztlich war das nur eine Vermutung, ein Zusammentragen von Bruchstücken.
Stefan wollte von diesem »dunklen« Geheimnis Hausners nichts wissen. Das
Treffen mit ihm hatte Hausner ungemein beeindruckt und seine ganze
Lebenseinstellung verändert.
In den zweieinhalb Wochen mit Hausner erlebten wir, was es mit dem Fahrtensegeln
wirklich auf sich hat. Abends machten wir am Strand Lagerfeuer, tauschten mit
den einheimischen Fischern unsere Konserven gegen Schalentiere, Red Snapper
oder Papageienfische. Manchmal wechselte auch ein Messer seinen Besitzer und
hin und wieder auch Alkohol.
Hausner gab uns einen weiteren wichtigen Tipp: »Gebt den
Einheimischen nie zu viel Alkohol. Die Fischer kippen sich den sofort hinter
die Binde, und dann kehren sie betrunken zurück und wollen mehr. Das kann
lästig werden.« Er zeigte uns, wie man Joghurt selbst zubereitet, Brot backt
und verschiedene Sorten von Kokosnüssen aufschlägt. Die Schale lieà sich am
besten mit einer Machete aufmachen, und Hausner wusste genau, wo man
hineinzuschlagen hatte, damit man nicht zu viel von der kostbaren Flüssigkeit
verlor.
Vor den Philippinen sprangen wir an dem einen oder anderen Riff von
der Taboo III ins Wasser, um zu tauchen. Dazu hatten
wir uns extra eine neue Ausrüstung gekauft, mit einem Tauchcomputer, den wir am
Arm trugen, wenn wir in die Tiefe hinabglitten. Der Tauchcomputer zeigte an,
wie lange wir unter Wasser bleiben konnten, wie tief wir waren, welche
Wassertemperatur herrschte und wie schnell wir auftauchen durften. Er war kein
Spielzeug, sondern ein wichtiges Hilfsmittel. Hausner hatte nicht einmal einen
Neoprenanzug, wenn er mit uns tauchte. Sonst war er technisch hochgerüstet,
aber bei diesem Sport reichte ihm einzig ein alter Atemregler, und die
Pressluftflasche machte er mit einer einfachen Leine am Körper fest.
»Und ihr wollt wirklich um die Welt segeln?«, fragte Hausner eines
Abends am Lagerfeuer. Die frisch gefangenen Fische hingen über der Glut, und
wir konnten es kaum erwarten, sie zu essen.
»Unbedingt«, sagte ich, und Stefan nickte bestätigend.
»Fühlt ihr euch vertraut genug mit den Ozeanen? Habt ihr keine Angst
vor starken Stürmen? Wisst ihr, wie man abwettert?«
»Segeln ist heute ganz anders, nicht zu vergleichen mit der Zeit,
als du zum ersten Mal mit einem Katamaran losgezogen bist«, antwortete Stefan.
»Gerade bei langen Strecken hattest du keine Wetterinformationen, damals gab es
kein GPS . Sextanten haben heute ausgedient,
stattdessen benutzt man Computerbordprogramme, um nicht auf ein Riff
aufzulaufen. Die Segelei ist nicht mehr eine solche Kunst wie einst. Man muss
aber technisch versiert sein.«
»Da hast du vermutlich recht«, konstatierte Hausner. »Trotzdem, bei
allen technischen Raffinessen muss dir klar sein, dass es immer wieder
unerwartete Situationen gibt.«
»Wer sich davon abschrecken lässt, sollte nicht segeln«, bemerkte ich,
während ich die fertig gegrillten Fische auf Tellern verteilte. Hungrig
stürzten wir uns darauf, und mit einem Mal waren alle Gedanken an gefährliche
Stürme wie weggeblasen.
Nach einer Woche erreichten wir die Insel Palawan auf den
Philippinen. In der Bucht vor dem Hauptdorf Puerto Princesa â einem Ort mitten
im Nirgendwo â warfen wir den Anker. Die Zollstelle war in einem Hinterhof
untergebracht. Der Zollbeamte inspizierte ausgiebig unsere Pässe und setzte mit
einem Knall einen Stempel in unsere Dokumente. Mit der Hand schrieb er
darunter: »Einreise mit dem Segelboot.« Es fühlte sich besonders an, dieses
Prozedere, und dieses besondere Gefühl sollte uns immer wieder begegnen, auch
wenn wir später noch zahllose solcher Stempel in unsere Ausweise bekamen.
Während wir unsere Pässe in Empfang nahmen, hörten wir, wie Hausner
sich mit einem Mann laut stritt. Wahrscheinlich ging es um die
Deklarationsgebühren. Der Mann trug keine Uniform, seinem Verhalten nach war er
dennoch ein Offizieller.
»Was ist, wenn der mit seinen Leuten aufs Boot will?«, flüsterte mir
Stefan zu. »Wolfgang hat die Waffe, die er uns gezeigt hat, einfach im
Kleiderschrank herumstehen. Ich hab keine Ahnung, ob die legal ist.«
»Wir müssen ihn warnen«, sagte ich ebenso naiv wie bestimmt.
Stefan gab Hausner so beiläufig wie möglich auf Deutsch zu
verstehen: »Da steht noch was im Kleiderschrank â¦Â«
Der
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