Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blauwasserleben

Blauwasserleben

Titel: Blauwasserleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Dorsch
Vom Netzwerk:
gestreckt, lächelnd im Sand lag. Das Bild
musste im vergangenen Sommer in Dänemark aufgenommen worden sein – Stefan hatte
mir von der Reise an die Nordsee erzählt. Außer Sand, diesem extrem gut
aussehenden Mann und einem kornblumenblauen Himmel war nichts weiter auf dem
Foto zu sehen. Wäre ich nicht bereits in ihn verliebt gewesen, ich hätte mich
spätestens beim Anblick dieses Fotos in ihn verknallt. Jetzt erst entdeckte ich
die vielen kleinen aufgeklebten Fotoherzen, die den Himmel zierten. War darin
nicht mein Gesicht zu sehen? Ich lächelte auf diesen Herzbildern ebenfalls! Wie
hatte er das hinbekommen? So verblüfft, wie ich war, so warm war das Gefühl,
das sich in mir ausbreitete. Zärtlich strich ich mit meinen Fingern über das
Bild. Dem Foto lag noch etwas bei; ein Gedicht, das er selbst verfasst hatte.
Es endete mit den Worten: Ich bin glücklich, Dich zu lieben!
    Von da an waren wir unzertrennlich, auch wenn wir weiterhin unsere
eigenen Pläne verfolgten. Für Februar und März hatte Stefan einen sechswöchigen
Windsurftrip mit einem Freund verabredet, zusammen wollten sie an die
andalusische Küste, nach Tarifa. Für mich begann ab März das sechsmonatige
Praktikum in den USA . Kurz bevor Stefan nach
Spanien aufbrach, kam er mit seinem qietschgelben VW -Bus,
den er »Joshuaeii« getauft hatte, nach Würzburg. Es war mein 20. Geburtstag,
und er überreichte mir mit seinem umwerfenden Lachen einen riesigen Strauß
rosafarbener Tulpen, einen Geburtstagskuchen und ein Kopfkissen mit
aufgedruckten Fotos von ihm in Herzform. Drei Wochen hatten wir uns nicht gesehen,
und wir wussten, dass wir nun eine sehr lange Zeit überbrücken mussten, bis wir
uns das nächste Mal wiedersehen würden. Wir genossen jede Minute zusammen.
    Trotz der räumlichen Trennung fühlten wir uns innerlich stets
nahe, und jung, wie wir waren, genossen wir sogar die die Möglichkeit, uns
unabhängig vom anderen selbst zu finden. Bei der großen Entfernung blieben
natürlich auch Eifersuchtsattacken nicht aus. In dem Heimatdorf von Stefan war
es die Exfreundin, die mich beunruhigte, und als ich ihm von tollen Poolpartys
erzählte, war er auch nicht gerade begeistert. Einmal sagte er bei einem
unserer transatlantischen Telefonate: »Du triffst so viele interessante Leute,
das gefällt mir gar nicht …« Daraufhin führten wir ein langes Gespräch, in dem
wir uns gegenseitig unserer Treue versicherten. Es wäre ein teures Gespräch
geworden, aber als hätte jemand bei der Telefongesellschaft ein weiches Herz
gehabt, wurde es nie von meinem Konto abgebucht.
    Nach meiner Rückkehr aus den USA war
Stefan drauf und dran, seine Diplomarbeit in der Dependance eines großen
Ölkonzerns in Hamburg zu schreiben. Aber ich hielt dagegen: »Du kannst dir doch
aussuchen, in welcher Firma du deine Arbeit schreibst. Warum kommst du nicht
nach Coburg? Hier gibt es auch interessante Unternehmen.«
    Schließlich schrieb er seine Diplomarbeit bei einem Coburger
Zuliefererbetrieb für die Autoindustrie – und er zog bei mir in mein achtzehn
Quadratmeter großes Studentenwohnheimzimmer ein. Höchst inoffiziell natürlich.
Meine Zimmernachbarn wussten über unsere »wilde Ehe« Bescheid, doch der
Hausmeister durfte davon nichts erfahren. Auf diesen achtzehn Quadratmetern
lebten wir äußerst spartanisch: ein Schrank, ein Stuhl, ein Schreibtisch, ein
Einzelbett, in dem wir jede Nacht zu zweit lagen und das uns tagsüber als Couch
diente.
    Da wir beide einen starken Charakter hatten, kam es öfter zum
Streit. Beide wollten wir immer recht haben, selten Kompromisse eingehen und
nur unseren Standpunkt akzeptieren. Doch so leidenschaftlich wir stritten, so
emotional waren unsere Versöhnungen. Vielleicht fanden wir diese so schön, dass
wir uns extra stritten? Wie auch immer: Es ging in unserer Beziehung häufig auf
und ab, sodass eine Freundin einmal zu mir sagte: »Heike, dieses ständige Hin
und Her, ist das nicht anstrengend?« Aber Stefan und ich empfanden es gar nicht
so. Die offenen Auseinandersetzungen waren Teil unserer Beziehung, von Anfang
an. Nur so war es möglich, auf engstem Raum auszukommen und auch eigenen Gedanken
nachgehen zu können.
    Trotz einer eher durchschnittlichen Note für seine Diplomarbeit
erhielt Stefan einen Job bei einer angesehenen Unternehmensberatung in Hamburg.
Und da

Weitere Kostenlose Bücher