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Bleakhouse

Bleakhouse

Titel: Bleakhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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aus Kent und Surrey und Straßen von den Londoner Brücken her, die in dem allbekannten Elefanten zusammenlaufen, der sein Kastell, aus tausend vierspännigen Kutschen geformt, an ein noch stärkeres eisernes Ungeheuer, das ihn an jedem beliebigen Tag zu Wurstfleisch zu zerhacken bereit ist, abgetreten hat. Nach einem der kleinen Läden in dieser Straße, einem Instrumentenladen mit einigen Violinen, ein paar Panpfeifen, einem Tambourin, einem Triangel und ein paar Noten in der Auslage lenkt Mr. George seine wuchtigen Schritte. Kurz davor bleibt er stehen, als er eine soldatenmäßig aussehende Frau mit aufgeschürztem Kleid und einem kleinen Holzzuber heraustreten und auf dem Trottoirrand zu waschen anfangen sieht, und murmelt: »Sie wäscht Grünzeug wie gewöhnlich. Ich habe sie noch nie gesehen, außer auf einem Bagagewagen, ohne daß sie nicht Grünzeug wusch.«
    Der Gegenstand seiner Reflexionen ist jedenfalls mit dem Grünzeugwaschen so eifrig beschäftigt, daß er von seiner Annäherung nichts ahnt, bis er das Wasser in den Rinnstein geschüttet hat, mit dem Zuber aufsteht und ihn vor sich sieht. Ihr Empfang ist nicht besonders schmeichelhaft.
    »George, ich sehe Sie nie, ohne daß ich Sie nicht hundert Meilen weit weg wünschte.«
    Ohne ein Wort auf diese Begrüßung zu erwidern, folgt der Kavallerist der Dame in den Instrumentenladen, wo sie ihr Gemüsefäßchen auf den Ladentisch setzt, ihm die Hand schüttelt und die Hüften stemmt.
    »Ich halte Matthew Bagnet keine Minute für sicher, wenn Sie in der Nähe sind, George. Sie sind ein ruheloser, landstreicherischer...«
    »Ja, ja! Ich weiß schon, Mrs. Bagnet. Ich weiß schon.«
    »Wenn Sie's auch wissen, was hilft das? Warum sind Sie so?«
    »Wahrscheinlich ein animalischer Zug«, entschuldigt sich der Kavallerist gutmütig.
    »Ach!« ruft Mrs. Bagnet mit ein wenig schriller Stimme. »Was hab ich von dem animalischen Zug, wenn das Tier meinen Mat vom Musikgeschäft weg nach Neuseeland oder Australien gelockt haben wird.«
    Mrs. Bagnet ist keineswegs häßlich. Etwas derbknochig zwar und von grobem Wuchs und gebräunt von Sonne und Wind, die ihr das Haar auf der Stirne gebleicht haben, aber gesund und frisch und mit muntern Augen. Eine kräftige rührige tätige Frau mit ehrlichem Gesicht, von fünfundvierzig oder fünfzig Jahren. Reinlich, einfach und so ökonomisch, obgleich nicht ärmlich gekleidet, daß ihr einziger Schmuck ihr Trauring zu sein scheint, der ihr nicht mehr vom Finger geht, bis er sich dereinst mit ihrem Staub vermischt.
    »Mrs. Bagnet«, sagt der Kavallerist, »Sie haben mein Wort. Mat soll meinethalben keinen Schaden nehmen. Insofern können Sie sich auf mich verlassen.«
    »Nun, dann will ich's glauben. Aber schon Ihr Aussehen macht einen unruhig. Ach, George, George! Wären Sie nur gesetzter geworden und hätten Joe Pouchs Witwe geheiratet, als er in Nordamerika starb! Sie hätte sich die Hände abgearbeitet für Sie.«
    »Diese Gelegenheit habe ich allerdings versäumt«, entgegnet der Kavallerist halb lachend, halb im Ernst. »Aber jetzt werde ich kein solider Ehemann mehr werden. Joe Pouchs Witwe hätte mir helfen können – es war etwas an ihr –, aber ich konnte mich nicht dazu entschließen. Ja, wenn ich das Glück gehabt hätte, so eine Frau, wie Mat eine hat, zu finden.«
    Mrs. Bagnet, die in ehrbarer Weise einem guten Kerl gegenüber wenig Zurückhaltung zu kennen scheint, sondern in dieser Hinsicht selbst eine Art guter Kerl ist, bedankt sich für dieses Kompliment, indem sie Mr. George mit einem Bund Grünzeug ins Gesicht spritzt. Dann trägt sie ihren Zuber in das kleine Zimmer hinter dem Laden.
    »Nun, Quebec, mein Püppchen«, sagt George, der ihr auf ihre Einladung in die Stube folgt. »Was, und die kleine Malta auch? Kommt und küßt euern Wauwau.«
    Die angeredeten jungen Damen, die nicht wirklich so getauft sind, aber in ihren Familien stets so nach ihren Geburtsorten in den Militärstationen genannt werden, sind beide auf dreibeinigen Stühlchen beschäftigt. Die jüngere, fünf oder sechs Jahre alt, mit Buchstabierenlernen aus einer Pennyfibel, die ältere, acht oder neun Jahre alt, als ihre Lehrerin und dabei fleißig nähend.
    Beide jubeln Mr. George als altem Freund zu und setzen nach einigem Küssen und Balgen ihre Stühle neben ihn.
    »Was macht der kleine Woolwich?« fragt Mr. George.
    »Ach ja! Hören Sie nur!« ruft Mrs. Bagnet aus und sieht mit lebhaft gerötetem Gesicht – denn sie kocht eben das

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