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Bleakhouse

Bleakhouse

Titel: Bleakhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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seinem innersten Herzen wühlt. –
    »Legen Sie der Gnädigen, Sir Leicester Dedlock, Baronet, die Frage als von mir, dem Inspektor Bucket von der Geheimpolizei, kommend, vor. Und wenn die gnädige Frau Schwierigkeiten machen sollte, es zuzugestehen, so sagen Sie ihr, daß das nichts nütze. Inspektor Bucket wisse es genau und wisse auch, daß sie an dem Soldaten, wie Sie ihn nennen, vorübergegangen ist und ihm auf der Treppe begegnet ist. Nun, Sir Leicester Dedlock, Baronet, warum, glauben Sie wohl, erzähle ich Ihnen alles das?«
    Sir Leicester, das Gesicht mit den Händen verhüllt, läßt nur ein einziges tiefes Stöhnen vernehmen und bittet den Inspektor, einen Augenblick inne zu halten. Als er nach einer Weile seine Hände wieder wegnimmt, hat sein Gesicht seine Würde und äußere Ruhe, wenn es auch nicht mehr Farbe hat als sein weißes Haar, so wiedergewonnen, daß Mr. Bucket fast ergriffen ist. Sein Benehmen hat etwas Starres, Erfrornes, ganz abgesehen von der gewohnten Maske des Hochmuts, und Mr. Bucket fällt es auf, daß er ungewöhnlich langsam spricht und manchmal bei den Anfangsbuchstaben der Worte stottert, was ihn veranlaßt, unartikulierte Töne vernehmen zu lassen. Mit solchen Tönen bricht er jetzt das Schweigen, gewinnt aber bald wieder soviel Herrschaft über sich, daß er sagen kann, er begreife nicht, warum ein so pflichteifriger, wahrheitsliebender Gentleman wie Mr. Tulkinghorn ihm nicht selbst diese peinliche, unerwartete, niederschmetternde und unglaubliche Enthüllung gemacht habe.
    »Auch diese Frage können Sie der Gnädigen vorlegen, Sir Leicester Dedlock, Baronet«, entgegnet Mr. Bucket. »Und wenn Sie es für gut finden, wiederum im Namen des Inspektors Bucket von der Geheimpolizei. Sie werden erfahren, oder ich müßte mich sehr irren, daß der verstorbne Mr. Tulkinghorn die Absicht hatte, Ihnen alles mitzuteilen, sobald er die Sache für reif gehalten haben würde, sowie auch, daß er es der gnädigen Frau zu verstehen gegeben hat. Mein Gott, vielleicht wollte er es Ihnen gerade an dem Morgen, als ich den Tatort besichtigte, mitteilen! Sie wissen auch nicht von mir, Sir Leicester Dedlock, Baronet, was ich nach Ablauf der nächsten fünf Minuten sagen oder tun werde, und angenommen, ich fiele jetzt auf der Stelle tot um, würden Sie sich da wundern, warum ich es nicht getan hätte?«
    »W-w-wahr!« Sir Leicester wird nur mit Mühe des Stöhnens Herr, das sich ihm immer wieder in die Kehle drängt, und sagt: »Wohl wahr.« Da lassen sich plötzlich draußen in der Vorhalle lärmende Stimmen vernehmen. Mr. Bucket horcht auf, geht nach der Türe, schließt sie leise auf und öffnet und lauscht wieder.
    Dann steckt er den Kopf herein und flüstert hastig, aber bestimmt: »Sir Leicester Dedlock, Baronet, die unglückselige Familiengeschichte ist ruchbar geworden, wie ich gleich befürchtete, als der selige Mr. Tulkinghorn eines so plötzlichen Todes starb. Die einzige Möglichkeit, sie zu vertuschen, ist, die Leute, die sich jetzt da unten mit Ihren Bedienten herumzanken, vorzulassen. Können Sie es über sich bringen, ruhig dazusitzen – der Familie wegen –, während ich mit ihnen fertig werde? Und wollen Sie mir nur zunicken, wenn ich Sie darum zu bitten scheine?«
    Sir Leicester gibt verworren zur Antwort: »Inspektor, tun – Sie –, was – Sie für das Beste halten.«
    Mr. Bucket nickt, krümmt schlau seinen Zeigefinger und huscht in die Vorhalle hinunter, worauf das Stimmengewirr schnell verstummt.
    Nicht lange darauf kehrt er wieder zurück, und einige Schritte hinter ihm kommen der Merkur und ein ebenfalls gepuderter Gott vom selben Rang in pfirsichblütenen Beinkleidern mit einem Stuhl herein, in dem sie einen hilflosen alten Mann tragen. Ein andrer Mann und zwei Frauen schließen den Zug. Mr. Bucket erteilt mit leutseligem, unbefangnem Wesen Befehle, wo der Stuhl hinzustellen sei, entläßt dann die Merkure und schließt die Tür wieder ab. Sir Leicester sieht diesem Einbruch in seine geheiligten Räume starr und eisig zu.
    »Sie werden mich vielleicht kennen, meine Damen und Herren«, beginnt Mr. Bucket in vertraulichem Ton. »Ich bin der Inspektor Bucket von der Geheimpolizei, und dies hier« – er läßt die Spitze seines handlichen kleinen Stabes aus der Brusttasche hervorgucken – »ist mein Amtszeichen. Also Sie wünschen, Sir Leicester Dedlock, Baronet, zu sehen? Gut! Hier sehen Sie ihn, und bedenken Sie wohl, es widerfährt nicht jedermann diese Ehre.

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