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Bleeding Violet - Niemals war Wahnsinn so verfuehrerisch

Titel: Bleeding Violet - Niemals war Wahnsinn so verfuehrerisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dia Reeves
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großes Glas Milch und eine Karotte. Offensichtlich hatte er diese Mahlzeit selbst zusammengestellt.
    »Wyatt hat gesagt, ich soll warten, bis Ma ihre Übungen macht, und dir dann Essen bringen. Also hab ich das gemacht«, erklärte er, als ich ihm das Tablett abnahm. »Wyatt hat gesagt, du bist ein blinder Passagier in unserem Haus, und dass du ein Geheimnis bist.« Er fand die Idee aufregend. » Bist du ein blinder Passagier?«
    »Irgendwie schon.«
    »Ne-ee.« Er schnappte sich Wyatts Fußstütze, kletterte drauf und musterte mich skeptisch. »Blinde Passagiere verstecken sich auf Schiffen, nicht in Häusern, weil sie wohin fahren wollen. Mit einem Haus kannst du nirgendwo hinfahren.«
    »Wolltest du schon mal nirgendwo sein?«
    Er dachte darüber nach und nickte. »Als ich Mas BlackBerry kaputt gemacht hab. Ich wollte einen Wunsch an dem SCHLÜSSEL machen, aber der SCHLÜSSEL funktioniert nicht bei uns.« Die Erinnerung schien ihn zu verbittern. »Ich wollte weglaufen. Was hast du kaputt gemacht?«
    »Den Kopf von meiner Mutter. Ich muss rausfinden, wie ich ihn wieder ganz mache. Wirklich ganz mache, diesmal.«
    Ich sah zu, wie er wieder ein ganz erschrockenes Gesicht machte. »Hast du deshalb Angst vor deiner Ma?«
    Ich biss ein Stück von der Karotte ab. Nickte.
    Paulie sah nachdenklich aus. »Also, nimm keinen Leim«, warnte er mich. »Der hat bei dem BlackBerry gar nicht geholfen.«

    Rosalee weckte mich. Ich war furchtbar erschrocken, als sie vor mir stand. Ich dachte, sie wäre sauer auf mich, weil ich die ganze Nacht weggeblieben war und sie nicht einmal angerufen hatte, um ihr Bescheid zu geben, aber sie schien nicht sauer zu sein. Sie sah nicht einmal Wyatt an, der nackt neben mir lag. Sie brachte mich mit einer Geste zum Verstummen, als ich etwas sagen wollte, und zog mich aus dem Bett. Ich warf mir Wyatts zerschlissenen grünen Bademantel über und folgte ihr die Treppe runter.
    Mein Gepäck stand neben der Haustür.
    Ich drehte mich mit klopfendem Herzen zu Rosalee. »Was ist das?«
    »Du musst jetzt gehen.« Wir hatten dieselbe Größe, aber sie schien aus großer Entfernung auf mich runterzustarren. Und sie war sehr unzufrieden mit dem, was sie sah. »Es ist nichts Persönliches. Ich kann dir nur nicht mehr trauen.«
    »Warum?«
    »Du bist hergekommen und hast diesem Jungen mein Geheimnis verraten.«
    »Hab ich nicht!«
    »Hast du doch«, sagte der große, rauchfarbene Mann, der hinter ihr aufstieg. Er schwebte über ihrer Schulter, wogend und mächtig wie eine Gewitterwolke, die blauen Augen so hell wie ein Blitzschlag. » Ich brauche jetzt diesen Raum«, zischte er mich an.
    Rosalee lächelte und klatschte in die Hände, als sie sich ihm zuwandte. »Wir lassen die Betten rasseln, wie Linda Blair in Der Exorzist ! Wir können Eintritt nehmen!«
    »Nur, wenn du auch gut bist, Rosalee«, sagte Runyon nachsichtig.
    »Du kannst doch nicht den Teufel mir vorziehen!«, schrie ich. Aber sie hatten mich längst vergessen. Ich war ein Geist.
    Rosalee und Runyon tanzten davon und verschwanden in Rosalees Arbeitszimmer. Ich wollte ihnen folgen, aber die Tür war verschlossen, und obwohl ich ein Geist war, konnte ich nicht durch das Holz gehen. Ich hatte keinen Schlüssel – einen dieser Schlüssel, die die Bürgermeisterin ausgab, der bewiesen hätte, dass ich dazugehörte.
    Ich schlug gegen die Tür des Arbeitszimmers, als ich sie drinnen lachen hörte. Ich schlug so fest dagegen, dass ein Stück von der Tür absplitterte. Es war scharf und lang genug, um in mein Herz zu stechen. Ich griff danach.
    Schwänchen flatterte in einem silbernen Kreis um meinen Hals und verfing sich in meinem Kragen. Ich trug keinen Kragen, aber es verfing sich trotzdem darin und pickte an meinem Hals. Genervt griff ich nach hinten, um es wegzuscheuchen.
    »Au!«
    Das Geräusch zog mich aus einem Schlaf so tief wie Treibsand. Das Zimmer lag im Halbdunkel des Mondlichts. Wyatt drehte sich zu mir – er trug einen Schlafanzug, anders als in meinem Traum – und rieb sich das Ohr dort, wo ich ihn geschlagen hatte.
    Ich hatte nicht gehört, wie er letzte Nacht zurückgekommen war. Ich konnte mich nicht einmal erinnern, dass ich eingeschlafen war. Der größte Teil meines Gehirns war damit beschäftigt gewesen, sich etwas zu überlegen, wie ich Rosalee helfen konnte. Ich hatte nicht genug Hirn übrig, um mich um Alltäglichkeiten wie Zeitabläufe zu kümmern.
    »Was ist los?«, fragte er.
    Ich drehte mich auf die Seite, kuschelte mich

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