Bleib bei mir – bleib in Sydney
nur ausnutzen, um das zu bekommen, was er wollte. In dieser Hinsicht machte sie sich keine Illusionen.
Ehrgeiz stand für Richard Seymour an erster Stelle. Es wäre dumm, sich einzureden, er würde besondere Gefühle für sie hegen. Obwohl Richard heute mehr Interesse an ihrem Wohlergehen bewiesen hatte als jeder andere, war es doch stets ein Interesse aus sicherer Distanz gewesen. Er hatte immer äußerst diskret als "ihr Freund" gehandelt, um sicherzugehen, dass ihm seine "Fürsorge" keinen Schaden einbrachte.
Dennoch hatte er sie allen anderen vorgezogen und ihr den Heiratsantrag gemacht. Das musste doch zumindest bedeuten, dass er ihr gegenüber positivere Gefühle hegte als gegenüber ihren Schwestern. Leigh tröstete sich mit diesem Gedanken, wobei sie sich warnte, nicht zu viel hineinzuinterpretieren.
Sie musste einen klaren Kopf bewahren. Ihre Einwilligung in die Heirat bedeutete nicht, dass sie ihm gleichzeitig ihren Kopf auf einem silbernen Tablett servierte. Nie wieder würde sie einem anderen Menschen die Kontrolle über ihr Leben geben, sich einem neuen Lawrence Durant unterwerfen. Je früher Richard das begriff, desto besser. Sie hatte in dieser Sache auch Bedingungen zu stellen, die Richard respektieren musste, wenn es eine gemeinsame Zukunft für sie beide geben sollte.
Als Ehefrau wollte sie nicht bloß eine Marionette in seinem Spiel sein. Er musste sie als gleichberechtigte Partnerin anerkennen, mit weniger würde sie sich nicht zufrieden geben. Sie hatte ihre eigenen Vorstellungen, in denen die Kontrolle über Lawrence Durants Finanzimperium keine vorrangige Rolle spielte. Sie würde sich nicht dazu zwingen lassen, ein Baby nach dem anderen zu bekommen, nur um den gewünschten Sohn zu produzieren. Und wenn Richard ihr nicht mehr die nötige Achtung entgegenbringen würde, würde sie nichts dazu bewegen können, an dieser Ehe festzuhalten.
Trotz dieser vernünftigen Überlegungen packte Leigh kalte Panik, als Richard pünktlich um acht Uhr an die Tür ihres Hotelzimmers klopfte. Es kostete sie große Überwindung, hinzugehen und die Tür zu öffnen. Dann trat sie zur Seite und blickte Richard an ... den Mann, den sie entschlossen war zu heiraten.
Er hatte sich umgezogen und trug jetzt einen blauen Pullover, eine graue Lederjacke und eine graue Hose. Doch auch in dieser sportlich legeren Kleidung strahlte er das gleiche Charisma, die gleiche Zielstrebigkeit und Entschlossenheit aus. Leigh jagte ein Schauer über den Rücken, als Richard den Blick seiner blauen Augen prüfend über sie schweifen ließ.
Sie hatte sich nicht zum Abendessen angezogen, denn sie hatte nicht die Absicht, mit ihm zu essen, sondern wollte mit ihm nur das Nötigste besprechen. Weitere Vertraulichkeiten an diesem Punkt schienen ihr gefährlich, weil sie fürchtete, das könnte sie in ihrem Entschluss wanken lassen.
Ihr Haar war immer noch lose hochgesteckt, weil sie vor Richards Ankunft zur Entspannung ausgiebig heiß geduscht hatte, und sie trug ein lachsrotes Satin-Neglige über einem Nachthemd in derselben Farbe. Leigh war bereit, ins Bett zu gehen ... aber nicht mit Richard.
"Ich will kein Abendessen, Richard, und auch keinen Sex", kam sie unverblümt zur Sache, um ihre Panik zu überspielen. "Wir müssen einige Dinge zwischen uns klarstellen, und das war's für heute. Unter der Voraussetzung kannst du hereinkommen. "
Er nickte und betrat das Zimmer. Leigh schloss die Tür, blieb jedoch daneben stehen, um Richard sofort wieder hinauszulassen, wenn alles besprochen war. Trotz ihrer festen Vorsätze weckte seine Gegenwart Gefühle in ihr, die sie lieber nicht genauer analysieren wollte.
"Hast du es dir vielleicht doch noch anders überlegt, was die Heirat mit mir betrifft?" fragte sie zunächst, um sicherzugehen, dass sie sich nicht zum Narren machte.
Richard ließ den Blick prüfend durch den Raum schweifen. Leighs Reisetasche stand unausgepackt neben dem Bett, obenauf lag, ordentlich zusammengefaltet, das Kostüm, das sie auf der Beerdigung getragen hatte. Auf einem Stuhl lagen Jeans, T-Shirt und Windjacke für den nächsten Morgen bereit. Das Hotelzimmer war schlicht und funktionell eingerichtet, mehr konnte Leigh sich nicht leisten. Richard betrachtete alles ganz genau, bevor er sich ihr wieder zuwandte.
"Ich will dich, Leigh, und keine andere", sagte er nur, und in seinen Augen leuchtete ein brennendes Verlangen, das Leigh einen Schauer über den Rücken jagte.
Unwillkürlich wich sie zurück und tastete
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