Bleib bei mir – bleib in Sydney
anderen Mitglieds meiner so genannten Familie, dachte Leigh verbittert. Verächtlich ließ sie den Blick über Alicias elegantes Chanel-Kostüm schweifen. "Mir kommt gerade in den Sinn, dass das Geld, das deine Trauerkleidung heute gekostet hat, ausgereicht hätte, um einen Privatdetektiv eine ganze Weile auf meine Spur zu setzen -sofern ich dir wichtig genug gewesen wäre, dass du dir um mich Sorgen gemacht hättest."
Alicia horchte auf und beugte sich vor. "Richtig! Und deshalb bildest du dir ein, dass wir dir einen gewissen Anteil von diesem Geld schulden. Deshalb also bist du hergekommen, jetzt, da du Lawrence nicht mehr darum angehen musst!"
Leigh verschlug es für einen Moment die Sprache. Doch dann sprudelten die Worte nur so aus ihr heraus. "Falsch, Mutter! Du kannst mich nicht auszahlen, wie du es mit meinem wirklichen Vater gemacht hast. Und ich werde auch nicht verschwinden."
Alicia wurde kreidebleich. "Was redest du da? Was weißt du davon?"
Leigh kostete ihren Triumph aus. "O h, das bleibt natürlich unter uns, Mutter", ahmte sie Richards gefährlich freundlichen Ton nach. "In dieser Familie graben wir keine Skandale aus, nicht wahr?"
Alicia lehnte sich zurück. "Willst du mir drohen, Leigh?" fragte sie hochmütig.
Leigh lachte angesichts der blanken Ironie ihrer Lage. Ihre Mutter betrachtete sie als Bedrohung, dabei war sie doch nur gekommen, um bei ihrer Familie um etwas Zuneigung zu bitten! "Keineswegs", wehrte sie mit einem Anflug von Galgenhumor ab. "Ich bin heute lediglich hergekommen, um herauszufinden, was ich dir und meinen Schwestern bedeute.
Jetzt weiß ich es."
Alicia sah sie verblüfft an.
Leigh stand lächelnd auf.
"Auf Wiedersehen, Mutter. Ich stelle fest, dass ich absolut nichts mehr mit dir zu tun haben möchte ... und mit deinen Töchtern genauso wenig."
Entschlossen ging sie zur Tür, obwohl ihr die Knie zitterten.
"Wo willst du hin, Leigh?" Die Frage ihrer Mutter klang argwöhnisch. Offenbar nahm Alicia ihr diesen endgültigen Abschied nicht ab.
"In mein Hotel", antwortete Leigh betont gleichmütig.
"Und was hast du vor?"
Die Antwort kam wie von selbst. Eine wundervolle, perfekte Antwort, der der strahlende Glanz von Gerechtigkeit anhaftete.
Leigh blieb stehen, drehte sich um und sah ihrer Mutter ins Gesicht.
"Ich beabsichtige, Richard Seymour zu heiraten."
Voller Genugtuung registrierte sie die Wirkung ihrer Worte.
"Wie?" rief Alicia ungläubig aus.
Leigh lächelte. "Er hat mich gewählt, Mutter. Nicht Felicity, nicht Vanessa, nicht Caroline und nicht Nadine ... sondern mich. Und ich werde ihn heiraten, sobald wir den Termin festsetzen können." '
Mit diesem Triumph verließ sie den Salon und die Villa der Durants und schloss die Tür nachdrücklich hinter sich.
6. KAPITEL
Nachdem Leigh ihrer Mutter den Fehdehandschuh hingeworfe n hatte, schlichen für sie die Stunden bis zu ihrem Treffen mit Richard dahin. Von Zeit zu Zeit gewann die Stimme der Vernunft die Oberhand und versuchte, sie vor dem alles entscheidenden Schritt zurückzuhalten ... Du hast das nicht nötig. Du hast dir in Broome ein gutes, ganz normales Leben aufgebaut. Geh einfach fort, setz dich von allem ab, und blick nicht mehr zurück.
Doch welche Chance hatte diese Stimme gegen den wilden, tief in ihrer Seele verwurzelten Schrei nach Gerechtigkeit? All die Jahre war sie, Leigh, die Verliererin gewesen, zurückgewiesen worden, nichts wert gewesen. Warum sollte sie nicht einmal die Gewinnerin sein und die Trophäe einstreichen? Hatte sie sich nicht immer gewünscht, dass Richard ihr edler Ritter sein würde? Dann sollte er es jetzt sein, ganz offen und unmissverständlich, nicht als jemand, der nur "eine Schwäche" für sie hatte, sondern als jemand, der an ihrer Seite stand und jeden bekämpfte, der sie verunglimpfte. Als ihr Ehemann!
"Die Zeit für uns ist gekommen", hatte Richard gesagt. Also, warum nicht gemeinsam mit ihm Lawrence Durant endlich einmal einen Strich durch die Rechnung machen? Der Pakt, den Richard ihr angeboten hatte, gründete auf einer gemeinsamen Erfahrung. Wer konnte dieses quälende Gefühl von Einsamkeit und Ausgeschlossensein besser verstehen als er?
Sie musste der Wahrheit ins Gesicht sehen: Ihr "normales" Leben in Broome war nur Schein gewesen. Die eigentliche Wahrheit für sie lag hier ... und war vermutlich mehr mit Richard als mit irgendeinem anderen Menschen verknüpft. Aber das durfte sie ihn nicht wissen lassen, denn als echter Jäger würde er dieses Wissen
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