Bleib bei mir – bleib in Sydney
anziehen", sagte der Arzt und lächelte Leigh an. "Ich hoffe, Sie und Ihr Mann freuen sich darüber, dass Sie einen Sohn bekommen werden."
"Ja, sehr. Obwohl mein Mann auch genauso gern eine kleine Tochter gehabt hätte."
"Vielleicht beim nächsten Mal", meinte der Arzt lächelnd.
Beim nächsten Mal! So weit konnte Leigh noch nicht in die Zukunft planen. Eines war sicher: Sie würde kein weiteres Kind bekommen, ehe sie wusste, wie Richard als Vater war.
Als Ehemann war er zärtlich und leidenschaftlich und teilte mit ihr im Bett die größtmögliche Vertrautheit und Harmonie, doch was wirklich in ihm vorging, war ihr immer noch rätselhaft.
Es war, als würde er ihr nur sehr ausgesuchte Einblicke in seine Persönlichkeit gestatten und andere Bereiche streng unter Verschluss halten.
Andererseits war er ein überaus fürsorglicher werdender Vater, der an allen Phasen der Schwangerschaft lebhaft Anteil nahm. Deshalb holte Leigh auch sofort, nachdem sie die Arztpraxis verlassen hatte, ihr Handy aus der Tasche, das sie auf Richards Drängen hin stets bei sich trug. Es war fast Mittag, und die Sommersonne brannte jetzt im Februar heiß, so dass Leigh sich einen Platz im Schatten eines Baumes suchte, um den Anruf zu machen.
"Das Büro von Mr. Seymour. Was kann ich für Sie tun?" meldete sich die Sekretärin höfliche.
"Ich bin Leigh Seymour, seine Frau. Könnte ich bitte mit ihm sprechen?"
"Oh!" Es folgte ein überraschtes Schweigen, wahrscheinlich weil Leigh noch nie zuvor in Richards Büro angerufen hatte. "Er ist gerade in einer Besprechung, Mrs. Seymour. Einen Augenblick, ich stelle Sie in den Konferenzraum durch."
"Wenn es sich um eine wichtige Besprechung handelt..."
"Nein, nein, Sie haben Vorrang vor allem. Ich hoffe, es ist alles in Ordnung ...", fügte die Sekretärin aufgeregt hinzu. "Ich habe ihn schon angepiept... er nimmt ab ... Mr. Seymour, Ihre Frau ist auf der anderen Leitung."
Im nächsten Moment hörte Leigh Richards Stimme. Sie klang erregt und besorgt. "Leigh?
Was ist los?"
Leigh war so überrascht, dass Richard seine Sekretärin angewiesen hatte, jedem ihrer Anrufe absoluten Vorrang zu geben, dass es ihr für einen Moment die Sprache verschlug.
Offenbar waren sie und das Kind Richard wichtiger als jedes Geschäft.
"Leigh!" rief Richard beschwörend. "Wo bist du? Was ist passiert?"
Sie lächelte. "Es geht mir gut, Richard, und dem Baby auch.
Ich dachte nur, du würdest gern erfahren, dass es ein Junge ist. Wir bekommen einen Sohn."
"Einen Sohn?" wiederholte er verblüfft. "Wie kannst du dir sicher sein?"
"Ich bin gerade bei der Ultraschalluntersuchung gewesen. Es ist eindeutig ein Junge", bekräftigte Leigh stolz.
Für einen Moment herrschte Schweigen. Dann sagte Richard vorwurfsvoll: "Der Arzt hatte eine Ultraschalluntersuchung angesetzt, und du hast es mir nicht gesagt?"
Leigh fühlte Gewissensbisse in sich aufsteigen. Vermutlich hätte sie Richard diesen Termin nicht verschweigen sollen, aber sie hatte einfach das Gefühl gehabt, je nach Ausgang der Untersuchung erst einmal Zeit zu brauchen, um für sich mit dem Ergebnis klarzukommen.
"Ich wollte nicht darüber sprechen", gestand sie.
Er seufzte. "Ich wäre gern dabei gewesen, Leigh."
Seine Enttäuschung verstärkte ihre Schuldgefühle. Es war falsch gewesen, ihn von der Erfahrung, ihr Kind zum ersten Mal zu sehen, auszuschließen. "Es tut mir Leid, Richard", sagte sie bedrückt. Sie hatte egoistisch gehandelt, ohne seine Gefühle zu berücksichtigen.
"Aber ich habe ein Video von der Untersuchung. Du kannst es dir heute Abend ansehen", fügte sie tröstend hinzu.
"Ein Video?" Er klang erleichtert und erfreut.
"Das Baby ist gesund und munter und entwickelt sich genau, wie es sollte."
"Großartig, Leigh! Wundervoll! Und man kann wirklich sehen, dass es ein Junge ist?"
fragte Richard begeistert.
"Zweifelsfrei. Ich komme gerade aus der Arztpraxis und dachte, du würdest es gern sofort erfahren."
"Ja, natürlich. Danke. Ein Junge ...", wiederholte Richard noch einmal - nicht triumphierend, sondern einfach benommen.
Es war ihm wirklich egal, ob es ein Junge oder ein Mädchen wird, dachte Leigh plötzlich.
Ein Sohn bedeutete für ihn nicht -wie für Lawrence Durant - die Bestätigung und Fortführung seines Egos. Richard war nicht vom gleichen Schlag! Überglücklich sagte Leigh beschwörend: "Du wirst ihn heute Abend sehen."
"Ja ... heute Abend ..."
Leigh hörte ihm an, dass er dabei lächelte, und ihr wurde warm ums Herz.
Weitere Kostenlose Bücher