Bleib bei mir – bleib in Sydney
sich von ihrem Hocker, die Hände mit feuchtem Ton beschmiert, und blickte ungläubig auf Alicias elegante Erscheinung. Ihre Mutter blieb wie angewurzelt stehen und ließ den Blick langsam über die Gefäße und Vasen in den Regalen und auf den Podesten schweifen. Als sie sich schließlich wieder ihrer Tochter zuwandte, blickte sie ebenso verblüfft, wie Leigh sich fühlte.
"Das machst du also?" fragte sie fast ehrfürchtig.
"Ja." Leigh war die Kehle wie zugeschnürt. Sie nickte der Haushälterin zu. "Danke, Rene."
Die Tür schloss sich wieder.
Alicia ging langsam auf ein Podest zu, auf dem eine hohe Vase stand, deren verschiedene Blauschattierungen durch den Kristalleffekt, mit dem Leigh experimentierte, betont wurden.
"Deine Arbeit?" fragte Alicia, wobei sie die Vase bewundernd berührte.
"Ja."
"Sie ist schön." Alicia schüttelte den Kopf. "Wunderschön."
Verwirrt über dieses unerwartete Lob, brachte Leigh nur ein mattes "Danke" heraus.
Ihre Mutter ging langsam durch den Raum, betrachtete alle ausgestellten Gefäße, berührte das eine oder das andere. Leigh hatte keine Ahnung, was Alicia durch den Kopf ging oder was sie mit ihrem unangemeldeten Besuch bezweckte. Nervös wischte sie sich die Hände an ihrer Arbeitsschürze ab und wartete, bis ihre Mutter den Rundgang beendet hatte.
Als Alicia Leigh schließlich wieder anblickte, schien sie ihre Tochter mit ganz neuen Augen zu sehen. "Ich kenne dich überhaupt nicht, nicht wahr?"
"Du hast mich nicht kennen lernen wollen." Das war die schlichte, ungeschminkte Wahrheit.
"Nein, das habe ich nicht", räumte Alicia ein. "Du warst eine Verzweiflungstat, die danebenging, Leigh. Oft konnte ich es kaum ertragen, dich anzusehen. Es war eine große Erleichterung für mich, als du gegangen bist. Ich habe unaufhörlich über all das nachgedacht, seit du mich wegen des Babys angerufen hast."
"Es tut mir Leid. Ich wollte nicht hämisch über dich frohlocken ... oder dich verletzen."
Leigh seufzte. "Als wir uns zuletzt getroffen haben, hast du diese Parallelen gezogen ... das hat mir Angst gemacht." Sie sah ihre Mutter flehentlich an. "Es ist so wichtig für mich, dass mein Leben anders verläuft."
Alicia nickte. "Ich freue mich für dich, dass es ein Junge ist, Leigh. Ich freue mich wirklich.
Du hast nicht verdient, was Lawrence und ich dir angetan haben. Ich hoffe, Richard ist gut zu dir."
"Danke."
"Und was das Testament betrifft ... Ich habe sichergestellt, dass ich gut versorgt bin, unabhängig von Lawrence' Leben oder Tod", sagte sie sarkastisch. "Felicity und Vanessa stehen aus ihren gescheiterten Ehen gut da. Aber Caroline und Nadine werden über deine Neuigkeit erleichtert sein. Ich werde es sie wissen lassen."
"Bitte ... Caroline hat auf meiner Hochzeit eine Andeutung in dieser Richtung gemacht."
"Typisch Caroline! Sie hat Lawrence wahrscheinlich noch mehr gehasst als du."
Das war Leigh neu. "Warum?" fragte sie erstaunt.
"Weil sie ein heller Kopf ist und glaubte, sie sollte in seine Fußstapfen treten. Doch er wies diesen Gedanken verächtlich von sich. Wie sollte eine Frau in seine Fußstapfen treten?"
Für einen Mann wie Lawrence undenkbar. "Warum bist du überhaupt bei ihm geblieben, Mutter?" fragte Leigh.
Ein ironisches Lächeln huschte über Alicias Gesicht. "Er war mächtig, aufregend, herausfordernd. Kein anderer Mann hätte sich mit ihm vergleichen lassen. Ich war einfach nicht bereit, ihn aufzugeben." Sie betrachtete Leigh wissend. "Ich nehme an, du empfindest Richard gegenüber ähnlich."
War es so? Leigh hätte ihre Gefühle nie so ausgedrückt, doch die Worte ihrer Mutter - kein anderer Mann habe sich mit ihm vergleichen lassen - trafen ganz sicher ins Schwarze.
"Ich wollte Lawrence ... bis zum Schluss", fuhr Alicia nachdenklich fort. "Wenn ich jetzt zurückblicke auf all das, was ich getan habe, um ihn zu halten ... auf das, was ich dabei gewonnen und verloren habe ... wird mir klar, dass es so etwas wie Besessenheit war." Sie atmete tief ein und sah Leigh zerknirscht an. "Haben wir wirklich eine Wahl? Oder wird sie uns von einem komplizierten Zusammenspiel von Mächten aufgedrängt?"
Eine Frage, die sehr nachdenklich stimmte. Leigh dachte an Richards Bemerkung, dass sie die Wahl getroffen habe, von zu Hause fortzugehen und nichts mehr von Lawrence anzunehmen. Doch ihre Flucht aus dem Leben, das für sie zu einem Albtraum geworden war, war keine bewusste Entscheidung gewesen. Sie war weggelaufen, weil sie keine andere Wahl gehabt
Weitere Kostenlose Bücher