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Bleib bei mir, kleine Lady

Bleib bei mir, kleine Lady

Titel: Bleib bei mir, kleine Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Cartland
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an dieses Klima gewöhnt ist.“
    Nicht daran gewöhnt, dachte Lord Damien. Das stimmt. Wer zu lange in warmen Ländern gelebt hat, ist verweichlicht.
    Er hatte alles getan, um bei guter Kondition zu bleiben. Stundenlang geritten war er, bis zu seiner Erschöpfung und der des jeweiligen Pferdes. Geschwommen war er, um seine Muskeln zu stärken, gewandert und in die Berge gestiegen.
    Dawkins hatte recht. Er spürte die Kälte mehr als früher. Die Sonne hatte trotz aller Bemühungen einen Teil seiner Widerstandskraft geraubt.
    Er zog sich wortlos aus, ging zum Fenster und machte es auf.
    Ein unfreundlicher Wind schlug ihm entgegen. Er hüstelte.
    „Mylord, das sollten Sie nun wirklich nicht tun“, tadelte der Kammerdiener hinter ihm. „Sie wissen doch, was der Arzt gesagt hat, als Sie im Winter so krank waren, damals in Neapel.“
    Nicht wegen des Klimas war er in jenem Winter in Neapel so krank gewesen, sondern weil er wegen Phenice ein Duell ausgefochten hatte und sein Gegner ein besserer Schütze gewesen war als er.
    Dawkins zog sich zurück.
    Und Lord Damien lag in dem großen Bett mit den vier geschnitzten und vergoldeten Pfosten, die Palmen darstellten – was er früher immer höchst romantisch gefunden hatte.
    Diese Form von Romantik war ihm inzwischen gründlich vergangen. Er haßte Palmen, er haßte die kahlen Stämme, an denen die Eingeborenen wie Affen hochkletterten.
    Jetzt sehnte er sich nach dem Anblick von jahrhundertealten Eichen, nach Ahornbäumen, nach Fichten und Buchen, nach Mischwäldern, nach allem, was nicht an tropisches Klima erinnerte.
    Das Kaminfeuer warf bizarre Schatten an die Decke, und die Schatten wurden zu Bildern.
    Er sah den Palazzo, den sie in Venedig bewohnt hatten.
    Er hatte geglaubt, des Blicks aus den alten Fenstern auf den Canale Grande nie müde zu werden. Alles war so schön, so romantisch gewesen. Was hatte er in Buchläden gewühlt und nach Gedichtbänden gesucht! Und wie oft hatte er Phenice daraus vorgelesen, und sie hatte nie zugehört.
    „Verschwende deine Zeit nicht mit Poesie, Virgil, küsse mich lieber. Sag mir, daß du mich liebst.“
    Wie sehr ihn der leidenschaftliche Unterton ihrer Stimme erregt hatte, und wie sehr ihm diese Stimme später auf die Nerven gegangen war …
    „Ich langweile mich, Virgil. Laß uns von hier weggehen.“
    „Virgil, lade Leute ein – ich langweile mich allein.“
    „Virgil, mach, daß ich mich spüre. Mich zu spüren ist das einzige, wofür ich lebe.“
    Und es war die Wahrheit. Die nackte Wahrheit. Phenice lebte lediglich für die Gefühle, die nicht nur er, sondern auch andere Männer in ihr erweckten.
    Als er zum erstenmal gemerkt hatte, daß er betrogen worden war, hatte er den Nebenbuhler gefordert und niedergeschossen.
    Erst, als er das Blut über die schneeweiße Hemdbrust hatte fließen sehen, war ihm klar geworden, daß er einen Menschen getötet hatte.
    Er war verzweifelt gewesen, und Phenice hatte geweint, gebettelt und gefleht.
    „Ich wollte es nicht tun, es ist einfach – passiert. O Virgil, es ist deine Schuld. Du zwingst mich nicht, dich zu lieben. Du läßt mich nicht mehr mich selbst spüren wie früher.“
    Und das hatte sich pausenlos wiederholt. Es hatte immer andere Männer gegeben, andere Betrügereien, anderes Mißtrauen, das an ihm fraß.
    Am schlimmsten war es gewesen, als der Verdacht zur Gewißheit geworden war und der degradierende Prozeß des Nichtwissenwollens, des Ignorierens eingesetzt hatte.
    Sechs Jahre hatten sie zusammengelebt, und in diesen sechs langen Jahren war Virgil, wie er später dachte, vom idealistischen, ahnungslosen, törichten Jüngling zu einem zynischen, verbitterten alten Mann geworden.
    Nach sechs Jahren mit Phenice hatte es nichts mehr gegeben, was er über Frauen nicht gewußt hätte. Nichts, was sie ihm nicht beigebracht hatte. Nichts, was sie nicht besudelt, entwertet und heruntergezogen hatte.
    Als sie ihn verlassen hatte, haßte er sich, weil er vor sich nicht zugegeben hatte, daß er heilfroh war.
    Sie war nicht weggelaufen, sondern hatte ihm kaltblütig mitgeteilt, daß sie zu einem Mann ziehe, den er schon seit Monaten für ihren Liebhaber hielt.
    Er war Ägypter, unbeschreiblich reich, leidenschaftlich, gebieterisch und brutal. Danach hatte sich Phenice mittlerweile gesehnt. Nach Brutalität.
    Und er hatte ihr nur Zärtlichkeit entgegengebracht.
    Einmal – sie hatte ihn mit ihrer herausfordernden Art anderer Männern gegenüber zur Raserei gebracht – hatte er

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