Bleib cool Samantha
ich. »Ob Random dir eins gibt, weiß ich nicht. Ich kenne ihn ja nicht.«
»Ich gehe jetzt einfach hin und stelle mich vor«, sagte Kris entschlossen. »Bevor die Diskussionsrunde anfängt. Meinst du nicht, das wäre gut? Ich meine, ich sitze ja quasi mit auf der Bühne. Da gebietet es doch eigentlich die Höflichkeit, dass ich mich vorher vorstelle, oder? Ich weiß, was ich mache: Ich begrüße ihn im Namen der Schülerschaft und heiße ihn an der Schule willkommen. Das macht man doch so, oder?«
Ich zuckte mit den Schultern. Ehrlich gesagt war es mir schnurzpiepegal, was Kris machte. Ich hatte eigene Probleme.
Das eine bestand darin, dass ich kurz zuvor gesehen hatte, wie meine gesamte Familie geschlossen in die Turnhalle marschiert war und sich neben David und die First Lady gesetzt hatte. Meine gesamte Familie: meine Eltern plus Lucy und Rebecca. Ich sprang schnell auf, rannte zu ihnen und fragte: »WAS MACHT IHR DENN HIER?«, woraufhin mich meine Mutter ansah, als hätte ich den Verstand verloren.
»Du hast doch nicht etwa angenommen, dass wir deinen kleinen Fernsehauftritt verpassen?«, fragte sie.
»Aber ihr hättet doch zu Hause bleiben und ihn euch im Fernsehen anschauen können«, sagte ich. »Ich meine, das Ganze wird live übertragen – ihr hättet alles mitbekommen.«
»Sam«, sagte meine Mutter mit einem beleidigten Unterton in der Stimme. »In der Kampagne, die der Präsident heute vorstellt, geht es darum, dass Familien mehr Zeit miteinander verbringen sollten. Was hätte das denn für einen Eindruck gemacht, wenn wir nicht da wären, um dich zu unterstützen?«
Oh. Daran hatte ich nicht gedacht.Wahrscheinlich hatte sie recht.
Andererseits war es offensichtlich, dass sie ihre Unterstützung anscheinend auf ihre körperliche Anwesenheit beschränkten. Mein Vater telefonierte gerade am Handy (klar, irgendwo auf der Welt ist immer eine Bank offen) und Rebecca war in ein Buch über die Chaos-Theorie vertieft. Meine Mutter schaute immer wieder auf ihrem internetfähigen Palmtop nach, ob irgendwelche Mails eingegangen waren, und Lucy verrenkte sich den Hals und suchte in der Menge nach ihren Freundinnen.
Erst als ihr Blick gleichgültig über Tiffany Shore und Amber Carson hinwegglitt, dämmerte mir, dass sie gar nicht nach ihren Freundinnen suchte. Nein, sie suchte nach Harold Minsky. Der natürlich nicht da war, weil keine Diskussionsrunde der Welt – selbst wenn der Präsident daran teilnahm – für ihn interessanter sein könnte, als die Filme, die auf dem Sci-Fi-Kanal liefen.
Aber dass meine Familie mich vor der gesamten Schule – ganz zu schweigen von der gesamten amerikanischen Nation – in Verlegenheit brachte, war nicht das einzige Problem, das mir auf der Seele lastete. Da war noch etwas, woran ich die ganze Zeit denken musste…
War das da draußen vor der Schule wirklich Dauntra gewesen? Und falls ja… was hatte es zu bedeuten? Hasste sie mich plötzlich, oder was? Bloß weil ich die Kampagne des Vaters meines Freundes unterstützte?
Als ich wieder zu meinem Platz vor den Kameras zurückging – die noch ausgeschaltet waren –, bemerkte ich, dass Kris ihren Mut zusammengenommen und die beiden wichtigsten Männer des Abends angesprochen hatte: Davids Vater und Random Alvarez. Sie schüttelte Random heftig die Hand und schien den leicht genervten Ausdruck auf seinem Gesicht nicht zu bemerken. Er war anscheinend immer noch nicht glücklich mit seiner Frisur.
»Hey«, kitzelte mich Davids Stimme im Ohr. »Halsund Armbruch.«
»Sehr lustig«, sagte ich. Er wünscht mir nämlich immer Hals- und Armbruch, wenn ich im Fernsehen auftrete, weil ein Armbruch der Grund war, weshalb wir uns überhaupt erst kennengelernt hatten. Nämlich der Armbruch, den ich mir zugezogen hatte, als ich seinen Vater vor dem Erschießen rettete.
»Mach dir keine Sorgen.« David küsste mich auf den Scheitel. »Du wirst das super machen. Wie immer.«
»Danke«, sagte ich. Obwohl ich ihm kein Wort glaubte.
»Und, hey«, sagte David, der immer noch versuchte, mich aufzumuntern. »Du lernst Random Alvarez kennen!«
»Der Typ ist ein totaler Idiot«, sagte ich.
»Deine Freundin Kris scheint da anderer Meinung zu sein.« Ich guckte in die Richtung, in die David zeigte, und sah, wie Kris hysterisch über etwas lachte, das Random gesagt hatte. (Wahrscheinlich: »Immerhin sehen meine Haare besser aus als die von der Schwarzhaarigen da drüben.«) Kris legte ihm eine Hand auf die Brust, als würde sie sagen:
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