Bleib cool Samantha
retten wollt, ist:
1. Vielleicht werdet ihr sauer auf ihn und verkündet dann aus Versehen im Fernsehen, ihr hättet mit seinem Sohn geschlafen. Obwohl es gar nicht stimmt.
12
»Letzten Endes liegt das doch alles an dem verdammten Zeichenkurs«, schimpfte der Präsident.
»Es hat nichts mit dem Zeichenkurs zu tun, Dad.« David klang müde. Was wahrscheinlich daran lag, dass er wirklich müde war.
Nachdem der Präsident wütend aus der zum Fernsehstudio umfunktionierten Turnhalle gestürmt war und MTV nichts anderes übrig geblieben war, als eine Wiederholung von »Pimp my Ride« auszustrahlen, hatten wir uns bei uns zu Hause ins Wohnzimmer gesetzt und kauten das Thema jetzt schon seit über einer Stunde gründlich durch.
»Ich weiß nur, dass mein Sohn sich nicht für Sex interessiert hat, bevor er angefangen hat, nackte Menschen zu zeichnen«, sagte der Präsident.
»Dad«, sagte David geduldig. »Ich habe mich schon immer für Sex interessiert. Ich bin ein Junge, okay? Aber ich habe bis jetzt noch keinen Sex gehabt. Und habe es auch nicht vor. Jedenfalls nicht so bald.«
Wahnsinn. Ich hatte gar nicht gewusst, dass David so lügen kann. Echt nicht.
»Und warum«, fragte sein Vater, »hat Sam dann gesagt…«
»Moment mal«, schaltete sich mein Vater ein. »Wer zeichnet nackte Menschen?«
»Deine Tochter.« Meine Mutter beugte sich vor, um der First Lady Kaffee nachzuschenken. »Susan Boone hat ihr und David angeboten, dienstags und donnerstags an ihrem Aktzeichenkurs teilzunehmen.«
Mein Vater runzelte die Stirn. »Und inwiefern hat die beiden das dazu animiert, Sex miteinander zu haben?«
»Wir haben keinen Sex«, sagte ich zum gefühlten dreißigtausendsten Mal.
»Und warum hast du dann in Gottes Namen«, fragte der Präsident, »jedem MTV-Zuschauer in unserem Land gesagt, du hättest welchen gehabt?«
»Ich weiß es nicht«, sagte ich. Ich hatte mich auf dem Sofa zur kleinstmöglichen Kugel zusammengekauert, die Oberschenkel an die Brust gedrückt und das Kinn auf die Knie gelegt. »Weil ich so sauer auf Sie war…«
»Auf MICH?« Der Präsident wurde noch wütender, als er ohnehin schon war. »Was meinst du denn, wie ich mich fühle? Ich stehe jetzt wie ein Idiot da. Da rede ich davon, dass mein Sohn ein großes Vorbild ist und dann werde ich kurz darauf von ihm als der größte Heuchler auf diesem Planeten entlarvt…«
»Aber das stimmt nicht«, verteidigte ich mich und fühlte mich immer mieser. »Weil wir doch gar nicht miteinander…«
Gleichzeitig sagte David: »Dad! Ich kann mich nicht daran erinnern, dass du mich gefragt hättest, ob ich deine Gesetzesvorlage unterstütze. Also dass Jugendliche Ärzten und Apothekern in Zukunft eine Einwilligung ihrer Eltern vorlegen müssen, wenn sie Verhütungsmittel kaufen wollen. Und in den Unterlagen, die ihr Sam zur Vorbereitung gegeben habt, stand darüber auch nichts.«
»Eltern sollten das Recht haben, zu erfahren, was ihre Kinder hinter ihrem Rücken treiben«, verkündete der Präsident.
»Wieso?«, wollte David wissen. »Damit sie sich dann so aufführen wie du jetzt? Was soll das, Dad? Wenn sie wüssten, was ihre Kinder machen, würden sie bloß ausflippen, genau wie du.«
»Aber wenn sie informiert werden würden, BEVOR ihre Kinder Sex haben«, sagte der Präsident, »dann hätten sie vielleicht eine Chance, sie davon abzuhalten, indem sie die Kommunikationskanäle öffnen und ihre Kinder durch ein einfühlsames Gespräch davor bewahren, den größten Fehler ihres Lebens zu begehen…«
»Es führt doch zu nichts, das Ganze jetzt in eine Grundsatzdiskussion ausarten zu lassen«, warf meine Mutter mit der sachlichen Stimme ein, die wir immer ihre »Gerichtsstimme« nennen. »Sam hat sich entschuldigt und erklärt, dass sie hyperbolisch gesprochen hat (Wort aus dem Fremdwörterlexikon, das bedeutet »im Ausdruck übertreiben«). »Wir sollten uns jetzt vor allem darauf konzentrieren, zu entscheiden, was wir weiter in der Sache unternehmen.«
»Ich sage Ihnen, was WIR dagegen unternehmen«, sagte der Präsident. »Internat.«
David sah mit gelangweiltem Blick zur Wohnzimmerdecke. »Dad«, sagte er.
»Ich meine es ernst«, sagte der Präsident. »Es ist mir egal, dass du schon in einem Jahr den Abschluss machst. Ich schicke dich auf eine Militärakademie. Das ist beschlossene Sache. Punkt.«
Ich warf David einen panischen Blick zu.
Aber er sah völlig gelassen aus… viel gelassener, als man es einem Menschen zutrauen würde, dessen
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