Bleib doch, liebes Hausgespenst!
Amadeus nachhaltig getrübt, und die Eltern machten sich oft Sorgen darüber. Aber immer wieder kamen sie zu dem Schluß, daß es richtig gewesen war, sich für das Haus am Seerosenteich zu entscheiden. Sie selber und Monika fühlten sich ja glücklich und zufrieden hier, und es würde nur noch wenige Jahre dauern, bis Peter und Liane erwachsen sein würden.
Eines späten Nachmittags kam Peter ganz aufgeregt in die große Wohndiele geplatzt. Herr Schmidt, Frau Schmidt und Monika saßen friedlich besammen und lasen.
„Stellt euch bloß vor „...begann Peter aufgeregt.
Herr Schmidt ließ die Zeitung sinken und sah ihn an: „Also, zuerst grüßt man doch mal, wenn man nach Hause kommt!“
„Und wechsle gefälligst die Schuhe!“ mahnte Frau Schmidt. „Ich will nicht, daß du wieder den ganzen Dreck durchs Haus trägst.“
„Bürgerliche Vorurteile!“ murrte Peter, tat aber doch, wie ihm geheißen. Als er sich auch noch aus seinem nassen Anorak gepellt hatte, kam er zu den anderen und ließ sich in einen der Sessel plumpsen.
„Also jetzt... raus mit der Sprache!“ forderte der Vater ihn auf. „Was wolltest du uns erzählen?“
Es war Peter anzusehen, daß er seine Eltern nur zu gern gestraft hätte, indem er ihnen die Neuigkeit vorenthielt. „Och, eigentlich ist es gar nicht von Belang!“ behauptete er, die Beine von sich streckend.
Monika durchschaute ihn. „Hör auf, dich wichtig zu machen! Spuck’s aus... du kannst es ja nicht für dich behalten!“
Damit hatte sie den Nagel auf den Kopf getroffen.
Peter ließ sich nicht länger drängen. „Ich hab Liane gesehen! Mit einem Mann!“
Seine Mitteilung blieb ohne Wirkung.
„Mit sechzehn hat man halt Jungensfreundschaften“, sagte Frau Schmidt ungerührt.
„Aber ich rede nicht von einem Jungen! Es war ein Mann, ein ausgewachsener Mann, mit dem ich sie gesehen habe!“
„Und wo?“ fragte Herr Schmidt durchaus nicht alarmiert.
„Wo sie sich dauernd herumtreibt... in Schwabing!“
„Alter Petzer!“ sagte Monika. „Woher kannst du wissen, daß sie sich dauernd dort rumtreibt, wenn du es nicht selber tust?“
„Von Freunden und Bekannten! Dauernd bekomme ich zu hören: ,Ich habe deine Schwester gesehen!“ — Mir hängt das schon zum Hals heraus.“
„Sie ist eben auffallend hübsch“, meinte der Vater.
„Mehr als auffallend hübsch!“ sagte Peter. „Ihr habt ja keine Ahnung, wie die sich anmalt, wenn sie auf Kriegspfad geht.“ Jetzt sahen sich die Eltern nun doch betroffen an.
„Das ist eine Gemeinheit von dir, Peter!“ erklärte Monika entschieden. „Wenn es dir nicht paßt, wie sich sich anmalt, dann solltest du selber mit ihr reden...“
„Als wenn die auf mich hörte!“
„...oder wenigstens in ihrer Gegenwart!“ fuhr Monika ungerührt fort. „Aber solche Sachen in ihrer Abwesenheit aufzubringen, das ist einfach... gemein“, wiederholte sie, weil ihr kein treffenderes Wort einfiel.
„Da hast du nicht so unrecht, Moni“, sagte der Vater, „aber da Peter seine Geschichte begonnen hat, wollen wir sie auch zu Ende hören. Du hast Liane also in großer Kriegsbemalung zusammen mit einem Mann in Schwabing gesehen... was weiter?“
„Sie saßen in einem Café, hielten Händchen und guckten sich dauernd ganz tief in die Augen. Jeder konnte sehen, was mit ihnen los war.“
„Was denn?“ fragte Monika, die in solchen Dingen noch keine Erfahrung hatte.
„Daß sie ineinander verknallt sind!“ brüllte Peter sie an.
Sie hielt sich die Ohren zu. „Hab schon kapiert! Deshalb brauchst du doch nicht so zu schreien!“
„Und was war das für ein Mann?“ fragte Herr Schmidt ganz sachlich.
„Irgend so ’ne Type! Genau hab ich ihn mir nicht angesehen! Aber ganz bestimmt ist er über zwanzig.“
„Sie hat in letzter Zeit reichlich oft bei ihrer Freundin in München übernachtet. Vielleicht haben wir es ihr zu leicht gemacht“, meinte die Mutter.
„Mach dir keine Sorgen, Hildchen“, sagte Herr Schmidt, „wir haben Liane gut erzogen. Sie weiß bestimmt genau, wie weit man in einer Freundschaft mit einem Jungen gehen kann „Aber es war kein Junge, sondern ein Mann!“ rief Peter dazwischen.
„Nun denn: in einer Freundschaft mit einem Mann!“ verbessert der Vater sich. „Es ehrt dich, daß du so besorgt um das Wohl und Wehe deiner Schwester bist, Peter. Aber wenn du die Dinge dramatisierst, nützt das nichts, sondern schadet nur.“
„Ich finde es überhaupt nicht richtig, daß wir das hinter Lianes
Weitere Kostenlose Bücher