Bleib doch, liebes Hausgespenst!
jetzt wieder zum Tisch zurück. „Du auch ein Glas auf den Schrecken, Hildchen?“ fragte er.
Sie schüttelte stumm den Kopf.
„Solltest du aber! Du bist ganz blaß geworden. Ja, das ist schneller gekommen, als wir gedacht haben, wie? Aus Kindern werden eben Leute.“ Er schenkte sich und seiner Frau ein.
„Wenn das so ist“, fragte Frau Schmidt bedachtsam, „warum hast du uns dann nicht von diesem Verehrer erzählt?“
„Hätte ich schon noch. Keine Bange. Wir wollen uns ja Ostern verloben.“
„Verloben!?“ riefen die übrigen Mitglieder der Familie wie aus einem Mund.
Liane ließ sich nicht verwirren. „Ja, ganz offiziell. Mit Ringen und Karten und einer Anzeige in der Zeitung.“
„Aber... ist das inzwischen nicht etwas aus der Mode gekommen?“ wandte Frau Schmidt fast zaghaft ein und trank nun doch einen Schluck Cognac.
„Pah! Wir wären doch schön dumm, wenn wir es anders machten! Schon wegen der Geschenke.“
„Und wegen des Ringes“, fügte Monika hinzu.
„Klar! Alle meine Freundinnen werden platzen vor Neid, daß ich es schon so weit gebracht habe.“
„Ja, prächtig weit“, wiederholte Herr Schmidt, „dann dürfen wir also bald mit dem Besuch des jungen Mannes rechnen?“ Jetzt wurde Liane unsicher. „Ja... nein... eigentlich möchte ich lieber, ihr würdet euch in München kennenlernen.“
„Das verstehe ich nicht. Wenn ihr schon alles so nach althergebrachter Weise plant, dann würde es sich doch gehören, daß er hierherkommt und ganz formell um deine Hand anhält.“
„Oder traut er sich nicht?“ rief Peter.
„Natürlich würde er sich trauen. Was ist schon dabei. Es ist nur... wegen Amadeus.“
„Er hat Angst vor Amadeus!“ Peter tat, als müßte er sich den Bauch vor Lachen halten.
„Keine Spur!“ fauchte Liane ihn an. „Er weiß natürlich gar nichts von ihm. Wir haben doch alle Vati versprochen, daß wir nicht über ihn reden.“
„Nun, in diesem Fall, da der junge Mann nun bald zu unserer Familie gehören wird“, sagte Herr Schmidt ernsthaft, „entbinde ich dich natürlich von diesem Versprechen.“
„Aber das Ganze ist doch eine zu alberne Geschichte! Warum soll ich sie Walt erzählen?“
„Ich meine doch, daß er als dein künftiger Mann es wissen müßte“, sagte Frau Schmidt, „es ist schlecht, wenn eine Verbindung gleich mit Geheimnissen anfängt.“
Liane sah aller Augen erwartungsvoll und prüfend auf sich gerichtet und wußte nicht mehr, wie sie sich aus der Zwickmühle befreien sollte. „Gut, gut, ich erzähl’s ihm!“ sagte sie endlich. „Aber, bitte, erlaßt ihm dann, euch zu besuchen!“
„Wenn er sich nicht hierher traut, brauchst du es ihm ja auch nicht zu erzählen!“ behauptete Peter überraschend logisch.
„Ihr wißt genau, wie Amadeus sich aufführt, wenn ein Fremder ins Haus kommt!“
„Aber dieser junge Mann wird ja bald kein Fremder mehr für uns, sondern dein Verlobter sein!“ erklärte Herr Schmidt ebenso logisch wie sein Sohn.
„Ich werde mit ihm sprechen und ihn bitten, sich möglichst zurückzuhalten“, erbot sich Monika.
Liane stiegen Tränen in die Augen. „Ich sehe nicht ein, wieso das sein muß!“
„Weil es für uns unnatürlich wäre, einen Schwiegersohn zu haben, der nie unser Haus betritt!“ sagte Herr Schmidt.
„Du übertreibst, Vati! Ihr könnt uns doch später besuchen... das geht genauso! Und außerdem werden wir doch gar nicht in der Nähe leben. Ein junger Regisseur bekommt nämlich nicht gleich ein Engagement in München, sondern muß erst mal in die Provinz...“
Jetzt fiel der Vater ihr ins Wort. „Wenn ich dich recht verstehe, Liane, willst du dich also völlig von uns absetzen? Du willst nicht einmal mehr zu Weihnachten oder zu Ostern nach Hause kommen? Und das wegen eines jungen Mannes, den du erst ein paar Wochen kennst?“
Er war sehr ernst geworden.
„Seit über einem Monat!“ berichtigte Liane trotzig.
Herr Schmidt ging gar nicht darauf ein. „Und von uns erwartest du, daß wir dir eine Verlobungsfeier ausrichten ?“
„Natürlich!“ rief Liane. „Das gehört sich ja so! Dafür verzichte ich schließlich aufs Studium. Wenn wir erst verheiratet sind, wird Walt für mich sorgen.“
„Es tut mir leid, Liane. Wir werden bei deinen schönen Plänen nicht mitziehen, wenn dieser junge Mann nicht hier bei uns erscheint und sich vorstellt.“
„Ihr wollt ihn ja nur vergraulen!“ rief Liane, und die Tränen liefen ihr über die Wangen und verschmierten ihre
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