Bleib für immer!: Roman (German Edition)
vor Angst einen Satz, wie ihn sonst nur Zahnärzte auslösen können. Doch niemand kommt – und das Schnarchen dauert in einer Lautstärke an, die einem Vulkanausbruch alle Ehre machen würde. Wieder atme ich tief durch und starte einen erneuten Versuch. Dieses Mal hämmere ich schon mit etwas mehr Schwung, bevor ich zurücktrete und warte.
Nach einer weiteren Minute vergeblichen Hoffens darauf, dass das Schnarchen aufhören und jemand die Tür aufmachen wird, scheint mir ein etwas direkteres Vorgehen angezeigt.
»Valentina! Jack!«, rufe ich und donnere mit der Faust gegen die Tür.
Das Schnarchen bricht abrupt ab und wird von einer Reihe von Grunzern abgelöst. Jemand regt sich.
»Jack!«, wiederhole ich. Ich komme mir wie eine Vollidiotin vor, aber wenigstens möchte ich ihn vorwarnen, was ihn vor der Tür erwartet. »Ähm, ich wollte dir nur schnell dein Handy bringen.«
Daraufhin bricht ein Gepolter und Getöse in Zimmer 16 los, dass man meinen könnte, es werde von einem Nilpferd mit Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom bewohnt.
Die Tür wird aufgerissen, und ich stähle mich für eine schnelle Abwicklung.
»Jack …«, setze ich an.
Aber es ist doch nicht Jack, der in der Tür steht.
»Was? Ooooh. Wie spät ist es?«
Valentina sieht aus, als hätte sie die Nacht in den finstersten Winkeln der Hölle verbracht. Wüsste ich es nicht besser, ich hätte getippt, dass ihre Haare von einem Schimpansen toupiert worden sind. Ihr Augen-Make-up ist über beide Wangen verschmiert und würde Marilyn Manson daneben wie einen Freund des natürlichen Looks aussehen lassen. Aber noch schlimmer ist ihre Haut. Sie ist nicht mal mehr grau. Sie ist schmutzig grau .
»Valentina«, sage ich, »könntest du das vielleicht Jack geben? Er hat es gestern im Inn at Whitewell vergessen.«
»Was?«, stöhnt sie. »Ooooh. Komm rein.«
»O mein Gott, nein – nein, wirklich«, stottere ich. Auf keinen Fall will ich einen postkoitalen Jack zu Gesicht bekommen, der sich in Valentinas Bett wälzt. »Kannst du es ihm nicht einfach geben?«
Aber sie zerrt mich einfach am Arm herein, und mir bleibt keine andere Wahl. Das Zimmer ist ein Bild der Verwüstung. Über die Möbel verteilt liegen so viele Kleider, Schuhe und Taschen, dass es aussieht, als wäre bei Dolce & Gabbana eine Bombe explodiert.
Das Bettzeug ist am Fußende zu einem Knäuel verwickelt, die Nachttischlampe umgefallen und ein Tanga, der so winzig ist, dass man ihn mit Zahnseide verwechseln könnte, hängt an der Badezimmertür.
Von Jack keine Spur.
23
O OOOO JE«, ächzt Valentina und wirft sich auf die Bettkante. »Irgendwas stimmt da nicht. Ich meine, ich bin ja nie ein Morgenmensch, aber heute stimmt wirklich etwas nicht.«
»Alles in Ordnung?« Ich habe ehrlich noch nie solch dramatische Auswirkungen von Alkohol gesehen.
»Mein Mund«, wimmert sie. »Irgendwas stimmt mit meinem Mund nicht. O mein Gott, als... als hätte ich ein kleines Pelztier im Mund. Und dieser Geschmack … als hätte ich einen Bürgersteig abgeleckt. Oooo nein, es ist nicht nur mein Mund, auch mein Kopf. Mein Kopf pocht .«
»Jetzt weißt du, wie Charlotte Church sich an einem Sonntagmorgen fühlt«, sage ich.
Valentina versucht, ihr rechtes Auge aufzuklappen, aber es ist von einer schaurigen Kombination aus Schlaf und vier Schichten Wimperntusche fest verklebt.
»Willst du damit sagen, dass ich einen Kater habe?«, fragt sie empört.
Ich antworte nicht sofort.
»Valentina«, hebe ich dann an. »Du hast gestern im Alleingang mehr getrunken als eine Rugbymannschaft, du siehst aus, als hättest du unter einer Brücke geschlafen, und ich musste exakt achteinhalb Minuten an die Tür hämmern, um dich aufzuwecken. Nenn mich Miss Marple, aber ja, ich habe den Verdacht, dass du verkatert bist.«
»Ich habe nie einen Kater.« Sie macht eine wegwerfende Handbewegung, während sie erfolglos versucht, ohne fremde Hilfe aufzustehen. »Au! Vielleicht habe ich über Nacht eine seltene Krankheit bekommen, die meine Zunge anschwellen und mich halb erblinden lässt. Vielleicht hat Jack mich damit angesteckt! Er ist doch gerade erst aus dem tiefsten Afrika zurückgekommen und hätte alles einschleppen können. Also, wo ist das Badezimmer?«
Ich helfe ihr auf, und sie macht sich auf den Weg in die Zimmerecke. Aber sie strauchelt und knallt mit dem Bein gegen einen Stuhl.
»Aaaaah!«, schreit sie.
»Oje, oje.«
»Aaaaah!«, schreit sie noch mal.
»Ach komm schon, so weh kann das gar nicht getan
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