Bleib für immer!: Roman (German Edition)
stehen bleiben.
Ich gebe es nur ungern zu, aber sie hat recht.
48
O FFENSICHTLICH HAT NIEMAND den Fotografen darüber informiert, dass das hier ein Festtag sein soll. Der Mann hat Koteletten wie Ako-Pads, eine derart rote Gesichtsfarbe, als hätte man ihn mit einem Lötkolben bearbeitet, und versprüht ungefähr den Charme eines Ausbilders bei den US Marines.
»So, und jetzt alle zusammenrücken«, blafft er uns an. »Näher, bitte .«
Unsanft packt er eine ältere Dame in migräneauslösendem Kirschrot am Arm und schiebt sie an ihren Nebenmann heran. Dass die Aufgabe, eine solche Anzahl von Leuten in die richtige Position zu bringen, nicht von einer Sekunde auf die andere zu bewerkstelligen ist, scheint er nicht im Ansatz zu begreifen.
»Die Brautjungfern müssen nach vorne kommen. Nein, nicht so weit!«, brüllt er. »Da stehen bleiben. Nein, nicht da, ein bisschen zurück.«
Valentina schmollt, und zur Abwechslung kann ich das mal nachvollziehen. Doch jemand ändert das bald.
»Ich könnte schwören, auf der letzten Hochzeit jemanden wie dich gesehen zu haben«, höre ich eine Stimme hinter mir, die ich sofort als Jacks erkenne.
Schnell halte ich mir die Hand vor den Mund, um ein Lächeln zu unterdrücken.
»Die linke Brautjungfer bitte die Hand runternehmen«, trompetet der Fotograf. »Gut, dann probieren wir’s noch mal.«
»Wenn Sie sich nicht benehmen, Miss Hart, dann müssen Sie in die letzte Reihe«, flüstert die Stimme hinter mir.
Ich versuche, nicht zu grinsen; wenn ich nicht aufpasse, sehe ich auf diesen Fotos noch aus wie der Mann im Mond.
»Das fehlt mir noch, dass du mich hier in Schwierigkeiten bringst«, flüstere ich leicht nach hinten geneigt zurück.
»Wenn du nicht anständig machst, was der Onkel dir sagt, ist das ja wohl kaum meine Schuld. Ich wette, du musstest in der Schule immer nachsitzen, stimmt’s?«
Ich suche noch nach einer geistreichen Entgegnung, als der Fotograf alle außer Braut und Brautjungfern auffordert, sich zu entfernen. Die gesamte Hochzeitsgesellschaft stürmt los Richtung Hotel, alle eindeutig nach etwas zu trinken lechzend. Es wird jetzt schon deutlich, dass es vielleicht kein Fehler gewesen wäre, ein paar Ordner für diese Veranstaltung anzuheuern.
»Sieht aus, als müsste ich dich hier allein lassen«, sagt Jack mit einem breiten Lächeln. »Wir sehen uns später, oder?«
Ja, bitte.
Eine meiner Erkenntnisse über Hochzeiten ist, dass die Fotos zu lange dauern. Die meisten Gäste sind in der Zwischenzeit schon sturzbetrunken, und die Mitwirkenden kriegen vor lauter Stillstehen Krämpfe. Fast eine Stunde und zehn Minuten nach dem Beginn dieses Marathons habe ich allmählich ernsthaft die Nase voll.
»Weißt du, wie spät es ist?«, sage ich zu Grace neben mir.
»Warum?«
»Es ist nach fünf Uhr, und wir sind alle noch vollkommen nüchtern. Das kommt einem bei einer Hochzeit irgendwie nicht richtig vor.«
»Das habe ich gehört«, bemerkt Georgia.
»Entschuldige.« Ich halte die Hände noch. »Ich wollte mich nicht beschweren, ehrlich.«
Wollte ich natürlich doch.
»Nein, nein, du hast ja recht«, sagt sie. Dann: »Hör mal, Bruce«, spricht sie den Fotografen an. »Von jetzt ab nur noch ungestellte Fotos, ja? Kommt, Mädels, wo ist die nächste Bar?«
Sie marschiert voran, einen hoffnungslos überflüssigen Mr Ako-Pads zurücklassend. Wir anderen bemühen uns, ihr so anmutig wie nur möglich in zehn Zentimeter hohen Absätzen über einen Strand zu folgen. Als wir die Terrasse erreichen, wende ich mich an Grace und atme tief ein.
»Ist meine Wimperntusche verschmiert?«, frage ich sie.
»Nein«, grinst sie.
»Frisur sitzt?«
»Ja.«
»Was ist mit dem Lippenstift?«
»Evie«, sagt sie, »du siehst toll aus. Ganz toll. Wenn du es heute nicht schaffst, Jack abzuschleppen, dann klappt es verdammt noch mal nie mehr.«
49
D ER EMPFANG findet in einem riesigen Saal statt, in dem jedes nur erdenkliche Hochzeitsaccessoire versammelt ist. Es gibt Tischschmuck von einem Meter Durchmesser aus weißen Rosen und Federn, eine achtstöckige Torte mit weißem Schokoladenguss und Beeren sowie ein überdimensionales Netz voller Luftballons über unseren Köpfen.
»Sind die Federn nicht lustig?«, fragt meine Mutter und kommt mit zwei Gläsern in der Hand auf mich zu. »Ich muss Georgia fragen, wo sie die herhat.«
»In Anbetracht der Tatsache, dass deine Hochzeit auf einer Wiese stattfindet, Mum, bin ich mir nicht so sicher, ob die Glamour-Deko
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