Bleib für immer!: Roman (German Edition)
Fußgängerzone spazieren, in einen stinknormalen Laden marschieren und einen Anzug kaufen – in Größe 42. Und zwar eine bequeme 42.
»Wie viel hast du diese Woche abgenommen?«, frage ich.
»Noch mal fünf Pfund«, sagt sie strahlend. »Alle haben mich gewarnt, dass der Gewichtsverlust sich bald verlangsamen würde. Aber das ist nicht passiert. Im Gegenteil, es geht jetzt wie von allein.«
Komisch, allein das Wissen, dass sie fünf Pfund leichter ist, lässt Charlotte auf dem Laufband noch schneller rennen. Sie drückt Knöpfe, bis sie bei neun Stundenkilometern anlangt, und läuft mit großen Schritten, ohne ihre frühere Angst, jemand könnte einen Blick auf ihre Kehrseite erhaschen.
Als ich in den Spiegel vor mir aufblicke, kommt ein vertrautes Gesicht durch die Tür, und ich drehe mich erstaunt zu Charlotte um.
»Ist das Jim, der da gerade gekommen ist?«, flüstere ich.
Sie nickt. »Er hat sich kurz nach Georgias Hochzeit hier angemeldet«, erzählt sie. »Ich habe ihm das Studio empfohlen. Er kommt aber nicht so oft wie ich.«
»Niemand kommt so oft wie du«, scherze ich.
»Hallo, ihr beiden«, begrüßt uns Jim. »Wie geht’s dir, Evie?«
»Super.« Ich bin immer noch verblüfft, ihn hier zu sehen. »Und dir?«
»Großartig«, antwortet er. »Ich glaube allmählich, du wohnst hier, Charlotte. Immer wenn ich durch die Tür komme, bist du auf dem Laufband.«
Sie drückt ein paar Knöpfe, und die Maschine verlangsamt sich auf ein gemütliches Gehen.
»Ich kann dir versichern, dass ich abends nach Hause gehe«, sagt sie atemlos. »Obwohl sie mich manchmal rauswerfen müssen.«
»Du beschämst mich, ganz ehrlich«, meint er. »Ich nehme mir jeden Sonntagabend vor, mindestens dreimal in der folgenden Woche hierher zu kommen. Aber das habe ich noch nicht ein einziges Mal geschafft. Ich gehe einfach zu gern nach der Arbeit in den Pub.«
Charlotte kichert, und plötzlich fällt mir auf, dass sie während des gesamten Gesprächs noch nicht einmal errötet ist. Natürlich ist sie etwas rot im Gesicht vom Laufen, also würde man es vermutlich nicht bemerken, aber trotzdem …
»Apropos Pub«, sagt Jim. »Du würdest wohl nicht … also, du hättest wohl nicht zufällig Lust, mal abends mit mir was zu machen?«
Sie zögert.
»Es muss natürlich keine Kneipe sein. Was du willst, ganz egal. Kino, ein Restaurant, was dir gefällt.«
»Ja«, antwortet sie. »Das wäre sehr nett.«
»Wunderbar.« Er wirkt zufrieden.
Ich wusste es. Ich hab es verdammt noch mal gewusst. Die ganze Zeit. Charlotte und Jim, endlich vereint. Ich platze schier vor Stolz.
»Leider habe ich die nächsten Wochen überhaupt keine Zeit«, fährt Charlotte fort, und mein Lächeln erstirbt. »Wegen der Hochzeit und allem – es sind nur noch drei Wochen bis dahin. Und wir haben viel zu tun. Aber irgendwann machen wir das. Irgendwann, ganz bestimmt.«
Jim lächelt sanft, aber er versteht offenbar, was sie ihm zu sagen versucht.
»Ich will dir hier keinen Korb geben«, fügt sie noch hinzu.
Doch genau das tut sie. Und wir wissen es alle drei.
84
Jacks Wohnung, Freitag, 18. Mai
G ESTERN ABEND ist etwas Komisches passiert. Jack und ich sind seit Georgias Hochzeit durchschnittlich fünf Mal die Woche miteinander ausgegangen. Und wenn auch der allgemeine Zustand der Euphorie, in dem ich mich momentan befinde, nicht mit Geld zu bezahlen ist, so hat das doch keine positiven Auswirkungen auf mein Bankkonto.
»Dann bleiben wir eben heute mal zu Hause«, schlug Jack vor. »Wir leihen uns eine DVD aus und kuscheln uns aufs Sofa. Wenn du Lust hast.«
»Fantastisch«, sagte ich. Und sonderbarerweise meinte ich es auch so.
Bis jetzt zählte so etwas genau zu der Sorte von Vorfall, die für mich »Auslöser« waren: diese kleinen Dinge, die in den Augen eines unbeteiligten Zuschauers völlig harmlos wirken mögen, die aber ausreichten, um mich mit der ganzen Entschlossenheit eines Gefangenen in Alcatraz einen Fluchtplan aushecken zu lassen.
Ich habe schon viele von diesen Auslösern erlebt. Vom Anblick fremder Socken in meinem Wäschekorb bis hin zu einem geplanten Abendessen mit den Eltern nahm ich bei allem, was auch nur annähernd als »Pärchenverhalten« bezeichnet werden konnte, sofort Reißaus. Doch es sieht ganz so aus, als fände ich seit gestern Abend zu Hause DVD schauen aufregender, als an Brad Pitts Seite zu einer Filmpremiere zu gehen.
Noch merkwürdiger an der Sache war, dass der Abend alle Erwartungen
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