Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bleib nicht zum Frühstück

Bleib nicht zum Frühstück

Titel: Bleib nicht zum Frühstück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Elizabeth Phillips
Vom Netzwerk:
für Rod Steward entwickelt.« Lynn lachte fröhlich auf. »Wenn er im Radio kommt, zwingt sie mich mit dem, was ich gerade tue, aufzuhören und mit ihr zu tanzen. Auch ein paar der neueren Gruppen findet sie toll – Gruppen, deren Namen ich vorher nie gehört hatte. Manchmal ist das Tanzen für sie wie ein Zwang. Ich glaube, sie hat in ihrer Jugend nicht viel Spaß gehabt.«
    »Aber sie – sie soll doch angeblich Wissenschaftlerin sein«, warf er vorsichtig ein.
    »Das ist sie auch. Aber im Augenblick findet sie das Wichtigste das Wachsen-Lassen ihres Babys.«
    Sekunden vergingen, während derer er verdaute, was er da zu hören bekam. »Sie scheint eine ungewöhnliche Person zu sein.«
    »Absolut!« Dann fragte sie spontan: »Möchtest du vielleicht heute zum Abendessen zu uns kommen, um sie näher kennenzulernen?«
    »Lädst du mich etwa zu euch ein?« Sein Gesicht drückte Überraschung und Freude aus.
    »Ja. Ja, ich glaube, schon.«
    »Also gut. Ich komme gern!«
    Eine Zeitlang gingen sie schweigend nebeneinander her.
    Der Pfad wurde schmaler, und sie bog ab zu einem kleinen Bach. Bereits als Jugendliche waren sie häufig hierhergekommen und hatten nebeneinander auf einem alten Baumstamm gesessen, den es inzwischen längst nicht mehr gab.
    Manchmal hatten sie einfach zugeschaut, wie das Wasser über die moosbewachsenen Steine plätscherte, aber meistens hatten sie sich geliebt. Ungefähr in dieser Gegend hatte sie Cal empfangen.
    Er räusperte sich und setzte sich auf den Stamm einer Roßkastanie, die irgendein vergessener Sturm gefällt hatte.
    »Du warst meinem Sohn gegenüber eben ganz schön hart.«
    »Es mußte sein…« Sie setzte sich neben ihn, aber berührte ihn nicht, »… unserem neuen Enkelkind zuliebe.«
    »Ich verstehe.«
    Aber sie sah ihm an, daß er nichts verstand. Noch wenige Wochen zuvor hatte er sie aus seiner Unsicherheit heraus sicher angeschnauzt, aber jetzt wirkte er eher nachdenklich als erbost. Fing er tatsächlich an, auch ihr richtige Entscheidungen zuzutrauen?
    »Erinnerst du dich noch daran, daß ich meine entlaufene Frau erwähnte?«
    Unweigerlich spannte sie sich an. »Ja, so vage…«
    »Es war meine Schuld. Das sollst du nur wissen für den Fall, daß du mich vielleicht öfter… treffen willst.«
    »Allein deine Schuld?«
    »Zu neunundneunzig Prozent. Ich habe stets sie für meine eigenen Unzulänglichkeiten verantwortlich gemacht und habe es nicht einmal bemerkt.« Er legte seine Unterarme auf die Knie und folgte dem Lauf des Wassers mit den Augen. »Jahrelang redete ich mir ein, daß ich sicher ein weltberühmter Epidemiologe geworden wäre, wenn ich nicht schon in meiner Jugend hätte heiraten müssen; erst, nachdem sie mich verlassen hatte, wurde mir die Infantilität dieser Vorstellung klar.« Er faltete seine starken, heilenden Hände, die in diesem Bezirk so manchen Menschen ins Leben und aus dem Leben geleitet hatten. »Überall hätten mir diese Berge gefehlt. Ich bin froh, daß ich Landarzt geworden bin.«
    Sie war gerührt von der Tiefe seiner Gefühle, die in seiner Stimme lag, und überlegte, ob er endlich einen Teil seines Selbst wiederentdeckt hatte, der ihm seit langem verlorengegangen war. »Und was ist mit dem einen Prozent?«
    »Was?« Er drehte den Kopf und sah sie an.
    »Du hast gesagt, zu neunundneunzig Prozent hättest du die Schuld gehabt. Was ist mit dem einen Prozent in der anderen Waagschale?«
    »Selbst das war nicht wirklich ihre Schuld.« Sie wußte nicht, ob es am Licht oder an der Reflexion des Wassers lag, aber sein Blick verriet so etwas wie Mitgefühl. »Meine Frau wuchs in nicht gerade privilegierten Verhältnissen auf und hat niemals eine wirkliche Ausbildung erhalten. Deshalb meinte sie, ich sähe immer auf sie herab, und wahrscheinlich hat sie damit recht – wie in den meisten Dingen.
    Aber inzwischen denke ich, daß sie es mir auch ziemlich leichtgemacht hat, auf sie herabzusehen, denn trotz ihres unendlichen Eifers, der leicht für zwei Leben ausgereicht hätte, mangelte es ihr stets an Selbstvertrauen.«
    Ihr Mund klappte auf und wieder zu. Wie konnte sie etwas leugnen, was auf der Hand lag?
    Einen Augenblick lang dachte sie darüber nach, wie weit sie in ihrem Leben gekommen war. Sie sah all die harte Arbeit und Disziplin, die sie zu guter Letzt ans Ziel gebracht hatten. Wie aus weiter Ferne betrachtete sie ihre Person und merkte, daß sie sich gefiel. Warum hatte sie sich selbst nie akzeptiert? Jims Darstellung war richtig.
    Wie

Weitere Kostenlose Bücher