Bleib ungezaehmt mein Herz
Freundeskreis des Earls sicherte, damit er nicht auf Hintergedanken kam, wenn sie neben ihm am Kartentisch saß. Wenn ich aber meine Fähigkeiten schon so bald in einem betrügerischen Spiel beweisen muß, werden wir unsere Pläne neu überdenken müssen, überlegte Sebastian. Tricks konnte man nur mit Tricks schlagen, und sie durften ihr Doppelspiel nicht zu früh einsetzen. Fürs erste würde er vielleicht doch mehr Verluste hinnehmen müssen, als sie ursprünglich eingeplant hatten.
Nachdem Sebastian zu dieser Entscheidung gekommen war, verdrängte er Gracemere für den Augenblick aus seinen Gedanken und lächelte seinem Schwager zu, während er nach der Portweinkaraffe auf dem Tisch griff.
»Also, was ist das für eine unerledigte Angelegenheit, Marcus? Ich gestehe, du hast mich neugierig gemacht.«
»Schulden, die noch nicht beglichen sind«, sagte Marcus, das Glas ergreifend, das Sebastian ihm reichte. »Danke. Wieviel hast du für Judiths Pferde bezahlt?«
»Etwas über vierhundert«, sagte Sebastian. »Es war ein Gelegenheitskauf.«
»Das will ich nicht bestreiten.« Marcus setzte sich in den Sessel und schlug seine langen Beine in den olivfarbenen Hosen übereinander. »Und der Kutschenbauer?«
»Zweifünfzig, glaube ich.« Sebastian trank einen Schluck Wein. »Erstklassige Arbeit. Ich würde mich über den Kostenaufwand nicht ärgern.«
»O nein, das tue ich auch nicht«, versicherte Marcus ihm hastig. »Ich werde dir einen Wechsel über sechshundertfünfzig Guineas auf meine Bank ausstellen, wenn es dir recht ist.«
Sebastian verschluckte sich fast an seinem Wein. »Wofür denn bloß?«
»Du bist doch als Bevollmächtigter deiner Schwester in dieser Sache tätig gewesen, oder?«
»Ja, natürlich, das bin ich, aber... oh.« Er begriff. »Du glaubst, ich hätte ihr den Kauf finanziert... nein, ich versichere dir, Judith hat jeden Penny selbst bezahlt. Ich habe den Handel nur für sie abgeschlossen.«
»Judith, pah!« Marcus setzte sich abrupt auf. »Versuche nicht, mich hereinzulegen, Sebastian. Ich weiß sehr gut, daß sich deine Schwester eine solche Summe nicht hätte leisten können. Ich weiß, wieviel sie vierteljährlich an
Taschengeld bekommt, und ich prüfe alle ihre Rechnungen.«
Er setzte sein Glas auf dem Tisch ab. »Ich habe Judith erlaubt, ihre Kutsche und die Pferde zu behalten, deshalb kann ich nicht zulassen, daß du Kosten übernimmst, die ich rechtmäßig zu tragen habe, bitte versteh das.«
Sebastian blickte stirnrunzelnd in sein Glas. Ein dorniges Dickicht schien sich plötzlich um ihn zu schließen. Er hatte gar nicht mehr daran gedacht, daß Marcus nichts von Judiths »Nebeneinkünften« am Spieltisch wußte. Doch auch wenn es ihm nicht entfallen wäre - er konnte unmöglich Marcus' Geld unter falschem Vorwand annehmen. Nach einer Pause sagte er: »Deine Rechnung ist offensichtlich falsch, Marcus. Ich versichere dir, daß meine Schwester für diesen Gelegenheitskauf selbst bezahlt hat.« Dann fügte er mit verbindlichem Lächeln hinzu: »Sie kann selbst mit der kleinsten Summe Wunder wirken, doch, das kann sie.«
»Woher sollte sie denn das Geld...« Die Frage erstarb auf seinen Lippen. Wie hatte er nur so naiv sein können? So blind? Er hatte Judith eine Höchstgrenze für ihre Ausgaben genannt, und sie hatte einfach wieder auf ihre alte Methoden zurückgegriffen.
»Ich nehme an, Judith spielt weiterhin um hohe Einsätze, um sich ein Einkommen zu verschaffen. Ist es so?« Seine Stimme klang ruhig, nichts deutete auf seine siedendheiße Wut hin.
Sebastian betrachtete die beherrschte Miene seines Schwagers. Der angespannte Zug um seinen Mund, das Flackern in den schwarzen Tiefen seiner Augen sprachen ihre eigene Sprache.
»Du konntest nicht erwarten, daß Judith eine so peinliche Abhängigkeit hinnehmen würde«, sagte er. Es war sinnlos zu versuchen, Marcus weiter in die Irre zu führen. »Als du ihre Ausgaben beschränkt hast, hatte sie keine andere Wahl, als sich selbst um ihre Bedürfnisse zu kümmern.«
Marcus ignorierte diese Bemerkung. Seine Stimme klang immer noch ruhig. »Hast du eine Vorstellung, wieviel meine Frau in einer Woche an den Spieltischen gewinnt?«
Sebastian kaute auf seiner Unterlippe. »Das hängt davon ab, wo sie spielt und ob sie Geld braucht. Aber an einem guten Abend, wenn die Einsätze besonders hoch sind, könnte sie wahrscheinlich mit einem Tausender davonkommen, ohne daß es auffallen würde, ln der Pickering Street könnte sie
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