Bleib ungezaehmt mein Herz
bezahlen. Ich ziehe diese Lösung sowieso vor. Ich lege keinen Wert darauf, von launischer Großzügigkeit abhängig zu sein, Mylord.«
»Ich habe niemals behauptet, daß es mich ärgert, deine Ausgaben zu bezahlen. Ich habe jedoch gesagt, daß ich als dein Ehemann deine Ausgaben kontrollieren würde. Mein Vermögen steht nicht zu deiner uneingeschränkten Verfügung, obwohl ich jetzt annehme, daß du es dir so gedacht hast.« Eisige Kälte schwang in jedem schweren, beschämenden Wort mit.
Judith hatte das Gefühl, unter der Wucht seiner Verachtung zu einem winzigen Häufchen brennender Scham zusammenzuschrumpfen, und sie kämpfte um Beherrschung, klammerte sich an ihren Stolz und das Bewußtsein, wie gründlich er im Irrtum war. »Ich habe niemals uneingeschränkten Zugang zu deinem Vermögen erwartet, und ich erwarte ihn auch jetzt nicht«, erwiderte sie gepreßt. »Aber ich nahm an, als deine Frau hätte ich Anspruch auf eine gewisse Würde und Freizügigkeit, statt auf den Status einer armen Verwandten reduziert zu werden oder den eines Kindes im Klassenzimmer, das um Taschengeld betteln muß.«
»Und so hast du aus Rache beschlossen, Geld von meinen Freunden zu nehmen, um einen Unterhaltsbetrag aufzustocken, der dir zu mager erschien?«
»Ich nehme kein Geld von deinen Freunden... ich gewinne es!« schrie sie. »Und ich gewinne es, weil ich fähiger bin als sie.«
»Du gewinnst, weil du eine berufsmäßige Spielerin bist -eine Abenteurerin, und etwas anderes wirst du auch niemals sein«, sagte Marcus verbittert. »Ich dachte... Gott helfe mir... ich dachte, wir hätten eine Wahrheit gefunden, auf der wir aufbauen könnten. Aber es gibt nur eine einzige Wahrheit, nicht wahr, Judith? Du bist eine Frau, die andere manipulieren muß, und du wirst auch weiterhin jeden manipulieren, der dir über den Weg läuft, solange er sich zu deinem Vorteil benutzen läßt.«
»Nein«, flüsterte sie, und der ziehende Schmerz in ihrem Bauch verstärkte sich, als ihre Muskeln sich unter den harten Worten zusammenkrampften. Sie preßte die Hände an ihre Wangen. »Nein, so ist es nicht.«
»Ach nein?« Seine Brauen schossen hoch, Fragezeichen in seinem düsteren Gesicht. »Wann hast du entschieden, daß ich der nützlichste Empfänger deiner unschätzbaren Keuschheit sein würde, Judith? Als du mich zum ersten Mal gesehen hast? Oder hast du mich erst später zu deinem Opfer auserkoren... vielleicht erst, als wir auf dem Weg nach Quatre Bras waren?«
»Was sagst du da?« Ihre Augen, riesengroß vor Verwirrung, starrten in sein maskenhaftes Gesicht. »Ich verstehe nicht, was du meinst.«
»Nicht? Dann laß es mich dir erklären, mein querköpfiges, begriffsstutziges Weib.« Marcus wandte sich brüsk von ihr ab, die Hände zu Fäusten geballt, während er um Beherrschung rang. Er wollte sie verletzen, so wie sie ihn verletzt hatte, und er wußte um die Kraft der Brutalität in seiner Seele, falls er jemals die Kontrolle über sich verlor.
»Wenn eine keusche Frau ihre Unschuld auf unehrenhafte Weise an einen ehrenhaften Mann verliert, dann hat sie einen Anspruch darauf, daß dieser Mann sie heiratet. Wie schwer muß es dir gefallen sein, deine leidenschaftliche Natur zu zügeln, meine Liebe, bis du einen Höchstbietenden für deine kostbare Ware gefunden hattest. Nur daß der Bietende nicht wußte, wofür er bot, stimmt's? Du hast dich dem Bietenden in der Verkleidung einer erfahrenen
Abenteurerin angeboten, und erst, als es zu spät war, entdeckte er die Jungfrau.«
Judith fühlte sich elend. Ihr Körper war völlig verkrampft, und Übelkeit stieg in ihrer Kehle auf. Darauf wäre sie nie gekommen. Die ganze Zeit hatte er geglaubt, sie hätte ihn absichtlich verführt, ihm die Hure vorgespielt, um ihn mit ihrer Jungfräulichkeit in die Falle zu locken.
»Nein«, erwiderte sie, ihre Stimme kaum mehr als ein Flüstern. »Es ist nicht wahr. Ich habe niemals an meine Jungfräulichkeit gedacht, als ich mit dir zusammen war. Ich habe nur an dich gedacht... du mußt dich doch erinnern, wie es war... wie es jetzt zwischen uns ist«, sagte sie in leidenschaftlichem Appell an die Glut und die verzehrende Sinnlichkeit, die sie teilten. »Wie kannst du nur glauben, ich hätte meine Gefühle für dich vorgetäuscht? Ich wüßte gar nicht, wie man so etwas vortäuschen sollte.« Tränen schnürten ihr die Kehle zu, und sie drängte sie zurück.
Marcus hörte kaum zu. Er wischte ihre Worte mit einer brüsken Handbewegung beiseite.
Weitere Kostenlose Bücher