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Bleib ungezaehmt mein Herz

Titel: Bleib ungezaehmt mein Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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die kommenden Dinge.
    Der Marquis von Carrington unterhielt sich gerade mit dem Duke von Wellington und General Karl von Clausewitz auf der gegenüberliegenden Seite des Salons, als Judith und Sebastian durch die großen Doppeltüren hereinkamen. Judith warf einen Blick in den schweren, goldgerahmten Spiegel an der Wand und musterte prüfend ihr Spiegelbild. Und ärgerte sich augenblicklich über sich selbst. Nach dem Debakel am Morgen war es unwahrscheinlich, daß Carrington sich ihr wieder nähern würde, und trotzdem wünschte sie es sich. Warum nur? Der Mann hatte sie auf die denkbar unverschämteste Weise beleidigt! Sie drehte sich zu ihrem Bruder um. »Laß uns tanzen, Sebastian.«
    »Wenn du möchtest.« Er blickte sie fragend an. »Aber seit wann bist du auf deinen Bruder als Tanzpartner angewiesen?«
    »Ab dem dritten Kotillon ist meine Tanzkarte bereits voll«, sagte sie und nahm seinen Arm. »Bis dahin hatte ich alle Tanzpartner abgelehnt, weil ich dachte, ich würde nicht gleich tanzen wollen. Aber jetzt habe ich auf einmal Lust dazu.«
    Sebastian entgegnete nichts, sondern faßte Judith nur leicht um die Taille und wirbelte mit ihr auf das Parkett.
    Sie sind ein unglaublich attraktives Paar, dachte Carrington, als er die beiden beobachtete und seine Gedanken dabei von der Diskussion über die Notwendigkeit, die Preußen hinter der Sambre zu unterstützen, abschweiften. Mit ihrem kupferfarbenen Haar und den schönen goldbraunen, mit grünen Pünktchen gesprenkelten Augen hätten sie fast Zwillinge sein können. Sie schienen altersmäßig kaum ein Jahr auseinander zu sein. Judiths Kinn war eine Spur runder als das ihres Bruders, aber beide hatten gerade, gutgeschnittene Nasen und üppig geschwungene Lippen, leicht vorstehende Wangenknochen und feste Kinnlinien. Ein elegantes Paar verrufener Abenteurer. Wer waren die beiden? Und wo zum Teufel stammten sie her?
    Ob sie sich nach dem morgendlichen Fiasko weigern würde, mit ihm zu tanzen? Der Stolz eines Mannes konnte nur ein gewisses Maß an Niederlagen von einem dreisten, wenn auch zugegeben klugen Weibsstück hinnehmen.
    Nachdem der Marquis sich bei seinen Gesprächspartnern entschuldigt hatte, bewegte er sich um die Tanzfläche herum, bis die Davenports auf gleicher Höhe mit ihm waren. Dann bahnte er sich einen Weg zwischen den tanzenden Paaren hindurch und schlug leicht auf Sebastians Schulter. Es war ein höchst unkonventionelles Vorgehen, aber manchmal mußte ein Mann sich eben etwas einfallen lassen.
    »Würden Sie Ihre Schwester an mich abtreten, Davenport? Es scheint mir eine zum Himmel schreiende Ungerechtigkeit, daß Sie sie ganz für sich beanspruchen, wenn Sie zu jeder anderen Zeit den Vorzug ihrer Gesellschaft genießen können.«
    Sebastian grinste. »Nun, was das betrifft, Carrington, da muß Judith schon selbst entscheiden.«
    »Madam?« Carrington verbeugte sich mit selbstironischer Galanterie. Seine Augen lächelten, gleichermaßen versöhnlich und verschwörerisch.
    Judith blickte sich um. Sie war sich der Aufmerksamkeit, die die Nebenhandlung auf sich zog, sehr wohl bewußt. Marcus Devlin hatte sie recht geschickt in die Enge getrieben.
    »Ich nehme an, eine Frau muß sich daran gewöhnen, wie ein Paket von Hand zu Hand weitergereicht zu werden«, sagte sie, während sie sich graziös aus Sebastians Arm löste und sich ihrem neuen Partner zuwandte.
    »Mit Weibsbildern geht man gewöhnlich auf diese Weise um«, murmelte Marcus, während er das Gefühl von Judiths Körper in seinen Armen genoß. Sie war zierlich und leicht und gleichzeitig fest... und so geschmeidig und gefährlich wie ein Luchs.
    Judith holte scharf Luft. »Ich nehme an, nach diesem Vormittag mußte ich mit einer derartigen Beleidigung von Ihnen rechnen.«
    »Mehr fällt Ihnen dazu nicht ein?« Seine schwarzen Augenbrauen hoben sich fragend. »Sie enttäuschen mich, Judith.«
    »Leider habe ich im Moment meine Pistole nicht bei mir«, gab sie zurück. »Ich denke doch, Sie haben Ihr seelisches Gleichgewicht wiedergefunden, Sir.«
    »Es hat eine Weile gedauert«, gab er zu. »Wissen Sie, ich hatte vorher noch nie mit einem Luchs zu tun.«
    »Einem Luchs?« Sie blickte verwirrt zu ihm auf. Seine schwarzen Augen funkelten vor Vergnügen und lachten auf sie herunter.
    »Ja, mein kleiner Luchs, ganz genau so.«
    Eine leichte Röte überzog ihre hohen Wangenknochen. Am besten, sie ignorierte eine solche Bemerkung einfach. »Ich hoffe doch, Sie haben die Zahlung meiner

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