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Bleib ungezaehmt mein Herz

Titel: Bleib ungezaehmt mein Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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Annahme verleitet, Sie würden einer unkonventionellen, aber nichtsdestoweniger recht angenehmen Einkommensquelle nicht abgeneigt sein. Sie führen nicht das Leben einer tugendhaften Frau, Madam, auch wenn Ihre Maskerade noch so geschickt ist. Sie und Ihr Bruder führen eine verwegene Von-der-Hand-in-den-Mund-Existenz im Schatten der Spieltische. Wollen Sie das etwa abstreiten?«
    Judith machte gar nicht erst den Versuch. »Das ist noch lange kein Grund, mir einen so unehrenhaften Vorschlag zu unterbreiten. Ich trage nicht die Schuld an meinen Lebensumständen. Sie wissen nichts darüber.«
    Marcus schluckte wieder. Sein Mund fühlte sich trocken an. Er überlegte, ob er den Raum zwischen ihnen überqueren konnte, bevor sie den Abzug zog. Er konnte es nicht. Wie hypnotisiert beobachtete er, wie Judith einen kurzen
    Blick auf den Lauf warf und dann ihre Hand mit der Pistole blitzschnell nach vorn ausstreckte. Der scharfe Knall und der Feuerblitz aus dem Lauf kamen gleichzeitig. Der Geruch von Kordit hing in der feuchten Luft. Marcus wartete auf den Schmerz, aber er fühlte nichts. Er folgte Judiths Blick, der auf seine Füße gerichtet war. Die Kugel hatte ein sauberes Loch in den Boden gegraben, genau zwischen seine beiden Stiefelspitzen.
    »Ich bin zu dem Schluß gekommen, daß Sie es nicht wert sind, wenn ich Ihretwegen gehängt würde«, sagte sie kalt und ließ die Pistole in ihren Pompadour gleiten. »Ich werde Ihnen die zwanzig Guineas nach Hause schicken, sobald ich in meiner Wohnung bin.«
    Marcus räusperte sich. »Unter diesen Umständen bin ich bereit, die Wette rückgängig zu machen.«
    »Ich zahle immer meine Ehrenschulden«, sagte sie. »Oder dachten Sie, ich wäre auch in dieser Hinsicht ehrlos?«
    Er hob beschwichtigend eine Hand. »Es war ja nur ein Vorschlag. Allerdings ein völlig sinnloser, wie mir jetzt klar
    ist.«
    Judith funkelte ihn einen Moment lang zornig an, dann machte sie wortlos kehrt und eilte zwischen den Bäumen hindurch davon.
    Marcus stieß einen unterdrückten Seufzer aus und strich sich mit beiden Händen durchs Haar. Er hatte angenommen, sie hörte solche Vorschläge oft genug. Sie verdiente ihren Lebensunterhalt mit ihrem Verstand; die Vermutung lag nahe, daß sie auch ihren Körper einsetzte. Aber was war es noch, was ihr Bruder gesagt hatte? Etwas über die exzentrischen Prinzipien seiner Schwester. Wahrscheinlich hatte Marcus gerade eine Lektion in punkto Prinzipien erhalten.
    Du lieber Himmel, was für eine aufregende Partnerin beim Liebesspiel eine so leidenschaftliche Frau sein mußte! Es war verrückt, aber er hatte nicht die leiseste Absicht, seine Jagd aufzugeben.
    »Großer Gott, was ist passiert, das dich so in Rage versetzt hat, Ju?« Sebastian blickte von seinem Schachbrett auf, als seine Schwester wutschäumend ins Wohnzimmer gestürmt kam.
    »Ich glaube, so wütend bin ich noch nie gewesen«, sagte sie, während sie die Handschuhe von ihren zitternden Händen abstreifte. »Lord Carrington hatte gerade die... die bodenlose Frechheit, mir eine Blankovollmacht anzubieten.« Sie schleuderte ihre Handschuhe auf das Sofa und zog die Nadeln aus ihrem Hut.
    Sebastian pfiff leise durch die Zähne. »Was hast du ihm geantwortet?«
    »Ich habe ihn erschossen.« Sie holte die Pistole aus ihrem Pompadour und warf sie zu den Handschuhen aufs Sofa.
    Ihr Bruder nahm die Waffe in die Hand. An der Mündung haftete noch der Geruch von Kordit. Er drehte die Kammer. Sie war leer. »Nun, du hast sicher auf etwas geschossen«, stellte er fest, »doch irgendwie bezweifle ich, daß es der Marquis war. Du hast ein teuflisch hitziges Temperament, aber als Mörderin sehe ich dich nicht.«
    Judith biß sich auf die Lippen. Sebastian schaffte es immer wieder, sie zu ernüchtern und auf den Boden der Tatsachen zurückzubringen. »Ich habe zwischen seine Füße geschossen«, erklärte sie. »Aber ich habe ihm angst gemacht, Sebastian. Eine Minute lang hat er ernsthaft geglaubt, er wäre im Begriff, zu seinem Schöpfer einzugehen.« Sie kicherte im Wohlgefühl der Erinnerung. »Schenk mir ein Glas Sherry ein, Lieber. Es war ein höchst aufreibender Vormittag, auf die eine oder andere Art.«
    Sebastian füllte zwei Sherrygläser aus der Karaffe auf der Anrichte. »Wie lauteten die Bedingungen für die Blankovollmacht?« fragte er mit ausdruckslosem Blick. »Ich frage natürlich nur aus Interesse an der Sache.«
    Als sie es ihm erzählte, stieß er wieder einen Pfiff aus. »Wenn Gracemere nicht

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