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Bleib ungezaehmt mein Herz

Titel: Bleib ungezaehmt mein Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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ziemlich gut betucht, deshalb schätze ich, hat er ihr einen sicheren Hafen im Sturm angeboten. Sie ist eine verdammt attraktive Frau; ich bin überzeugt, sie hätte auch noch eine bessere Partie machen können.«
    »Ja, das ist sie«, gab Judith geistesabwesend zu. Dann schien sie sich gewaltsam aus ihren Gedanken zu reißen. »Bist du gekommen, um sicherzugehen, daß ich auch da bin, wo ich sein sollte?«
    »Sei nicht so provozierend, Judith.«
    »Ich bin nicht provozierend, nichts läge mir ferner«, protestierte sie gekränkt. »Aber es ist doch nur normal, daß ich nach einem Grund forsche, wenn du etwas tust, was so ganz und gar nicht deine Art ist.«
    »Ich bin gekommen, um dich zu finden«, erklärte er.
    »Um mich zu überwachen«, fügte sie mit triumphierendem Nicken hinzu.
    »Leg mir keine Worte in den Mund«, sagte er. »Ich bin gekommen, um dich zu sehen.«
    »Aber es läuft im Grunde auf dasselbe hinaus. Du wolltest dich vergewissern, daß ich nicht etwas tue, was ich nicht tun sollte.«
    »Nun, falls dich wieder einmal der Drang überkommt, dich ungebührlich zu benehmen, wirst du es dir wahrscheinlich zweimal überlegen. Da du nicht wissen kannst, ob ich plötzlich erscheine oder nicht.«
    Judith schwieg einen Moment, dann fing sie an zu lachen. »Ich glaube tatsächlich, wir streiten uns schon wieder«, bemerkte sie zufrieden. »Ich wußte doch, es konnte nicht lange dauern.«
    »Hornisse!« Marcus führte sie von der Tanzfläche.
    »Wollen wir nach Hause gehen?«
    »Eine wundervolle Idee.« Er schob Judith durch den Saal, eine Handfläche flach auf ihren Rücken gelegt.
    »Guten Abend, Lady Carrington, Marcus... gestatten Sie mir, Ihnen meine Glückwünsche auszusprechen. Ich hätte es schon eher getan, aber Barret wurde von einem Gichtanfall auf dem Lande aufgehalten, und wir sind erst gestern in die Stadt zurückgekehrt.«
    Lady Barret tauchte plötzlich wie aus dem Nichts vor ihnen auf und streckte Judith die Hand hin, während sie Marcus anlächelte. »Dieser elende Krieg«, murmelte sie. »Er hat sich ausgesprochen zerstörerisch auf unser gesellschaftliches Leben ausgewirkt. Alle waren nach Brüssel verschwunden.«
    »Wohl kaum alle«, hielt Marcus dagegen. Er nahm seine Hand von Judiths Rücken und hob Lady Barrets Rechte an seine Lippen.
    »Nun ja, jetzt, wo der Menschenfresser sicher auf dieser Insel gefangengehalten wird, bleibt zu hoffen, daß das Leben sich wieder normalisiert.« Agnes Barret schauderte leicht.
    »Der Krieg hat fünfzehn Jahre gedauert«, stellte Judith fest. »Frieden ist wohl kaum der Normalzustand.«
    Agnes' Lächeln gefror, und ihre Augen schienen zu winzigen Stecknadelköpfen in ihren plötzlich scharf gezeichneten Zügen zu schrumpfen. Sie lachte; ein hartes Geräusch, das wie zersplitterndes Glas klang. »Wie wahr, meine liebe Lady Carrington. Und was für einen scharfen Verstand Sie besitzen!«
    Judith spürte wieder diese unheimliche Ausstrahlung und kam zu der untrüglichen Überzeugung, daß Agnes Barret eine gefährliche Frau war. Sie zwang sich zu lächeln. »Ich wollte nicht etwa unhöflich sein, Madam. Aber den größten Teil meines Lebens hat sich die Welt im Kriegszustand befunden, deshalb sehe ich die Sache vielleicht aus einer anderen Perspektive.«
    Agnes' Augen verengten sich bei dieser Anspielung auf den Altersunterschied zwischen ihnen. »Ich hoffe, ich darf Ihnen demnächst mal meine Aufwartung machen, Lady Carrington«, sagte sie kalt, als Marcus seine Frau weiterdrängte.
    »Ich würde mich geehrt fühlen«, antwortete Judith zurückhaltend.
    An der Tür blieb sie noch einmal stehen und blickte über ihre Schulter zurück. Agnes Barret war in ein angeregtes Gespräch mit Bernard Melville vertieft. Die beiden erinnerten Judith an zwei züngelnde, zischende Kobras. Ein Schauder des Ekels überlief sie.
    »Was bekümmert dich, Judith?« fragte Marcus weich. »Du bist so angespannt und verkrampft. Und du warst unverzeihlich unhöflich.«
    »Ich weiß. Diese Frau hat irgend etwas Bedrohliches an sich.« Sie zuckte mit den Schultern. »Ach, vergiß es. Wahrscheinlich liegt es an meiner blühenden Phantasie.« Sie eilte auf die Treppe zu.
    »Oh, Judith, geht ihr schon?« Charlie trat aus dem Schatten eines Türdurchgangs auf dem obersten Treppenabsatz, und Judith überlegte, warum sie das Gefühl hatte, er hätte schon eine Weile dort auf der Lauer gelegen. Charlie zog leicht den Kopf ein und richtete das Wort an seinen Cousin, ohne ihn jedoch dabei

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