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Bleib ungezaehmt mein Herz

Titel: Bleib ungezaehmt mein Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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wirklich. Er sah Martha, so wie sie an jenem Morgen vor zehn Jahren ausgesehen hatte. Er ballte die Fäuste, und fast konnte er wieder den kühlen Silbergriff seiner Pferdepeitsche in seiner Handfläche fühlen.
    Judith betrachtete Marcus stirnrunzelnd. »O nein, ganz so einfach ist es nicht«, fuhr sie leicht verärgert auf. »Du kannst nicht einen solchen Befehl erteilen, ohne mir einen Grund zu nennen.«
    Marcus wandte sich vom Fenster ab. »Ich kann, Judith, und ich habe es bereits getan«, erklärte er. »Und ich erwarte, daß du dich danach richtest.« Er wies auf den Stapel von Briefen auf ihrem Bett und milderte seinen Ton. »Du hast so viele Freunde... einer weniger kann kaum einen Unterschied machen.«
    Judith überlegte krampfhaft. Es war eine verdammt unerwartete Komplikation, aber es war lebenswichtig, daß Gracemere nicht zu einem Zankapfel zwischen ihr und Marcus wurde. Wenn sie den Fehdehandschuh warf, würde Marcus ihn ganz sicher aufheben, und kein Mensch konnte Voraussagen, wie weit er ginge, um sie von ihrem Opfer fernzuhalten. Nein... statt mit Trotz zu reagieren, sollte sie ihn lieber besänftigen und ihn in trügerische Sicherheit wiegen. Gracemere mußte außerhalb der Hör- und Sichtweite ihres Ehemannes bearbeitet werden.
    »Ich möchte dir einen Vorschlag machen«, sagte sie heiter, als hätte die vorangegangene Unterhaltung überhaupt nicht stattgefunden.
    Marcus, den ihr plötzlich veränderter Tonfall mißtrauisch machte, hob fragend die Brauen, sagte aber nichts.
    »Angenommen, du hättest mich gebeten, dir einen Gefallen zu tun«, fuhr Judith betont nachdenklich fort, während sie mit einer kupferfarbenen Locke auf ihrer Schulter spielte. »Angenommen, du hättest gesagt: >Meine liebe Frau, würde es dir sehr viel ausmachen, Gracemere mir zuliebe wie die Pest zu meiden?<« Eine zart geschwungene Augenbraue hob sich fragend, als Judith die undurchdringliche Miene und die fest zusammengepreßten Lippen ihres Mannes betrachtete.
    Überraschung blitzte in seinen Augen auf, unmittelbar gefolgt von Verstehen, dann verzogen sich seine Mundwinkel zu einem Lächeln. »Vorschlag angenommen, liebe Frau«, sagte er freundlich. »Aber ich glaube, ich kann deinen Vorschlag noch verbessern.« Er ging in sein Schlafzimmer und kam darauf mit einem unförmigen Paket zurück.
    Marcus trat an das Bett, wo Judith gegen die Kissen zurückgelehnt lag, kaum fähig, ihre Neugier zu bezähmen. »Was ist das?«
    »Ein Geschenk«, erwiderte er lächelnd und legte das Paket vorsichtig aufs Bett. »Ich habe auf einen passenden Moment gewartet, um es dir zu geben. Jetzt scheint mir der richtige Augenblick gekommen.«
    »Eine Bestechung!« rief Judith hell auflachend, während sie eifrig an der Schnur zog. »Schamlos! Du willst dir meinen Gehorsam erkaufen.«
    Marcus grinste bezaubert von Judiths fröhlicher Erregung. Wie ein Kind an Heiligabend, schoß es ihm durch den Kopf. Eine Kindheit in Armut und Wirrwarr konnte wohl kaum viele Geschenke mit sich gebracht haben. Der Gedanke ließ ein ungewohntes Gefühl der Zärtlichkeit in ihm aufkeimen, während er sich an Judiths Entzücken erfreute.
    »Oh, Marcus, es ist wunderschön«, hauchte sie, als sie das Einwickelpapier herunterriß und ein massives, kariertes Brett aus Marmor enthüllte. Die schwarzen Quadrate waren fast indigofarben, die weißen ein durchsichtiges Elfenbeinweiß. Beinahe träumerisch öffnete Judith das Kästchen, das die Schachfiguren enthielt - schwere, wundervoll geschnitzte Figuren aus Marmor. Mit glänzenden Augen legte sie das Brett auf ihre Knie und stellte die Figuren auf.
    »Es ist keine Bestechung«, erklärte Marcus sanft. »Es ist ein Geschenk ohne irgendwelche Bedingungen.«
    Sie blickte zu ihm auf und lächelte. »Danke.«
    »Und jetzt«, sagte er, beugte sich über sie und hob ihr Kinn mit einem Zeigefinger zu sich hoch. »Würdest du mir den besonderen Gefallen tun?«
    »Aber natürlich, du brauchtest doch nur zu fragen«, erwiderte Judith mit spöttischer Würde.
    Die Schachfiguren flogen in alle Richtungen, als Marcus sich mit seinem ganzen Körper auf Judith legte und sie in die Kissen zurückdrückte. Und während sie an der Schnur seines Morgenrocks nestelte und ihre Hände unter den Stoff gleiten ließ, um seine nackte Haut zu spüren, beruhigte sie ihr Gewissen mit dem Gedanken, daß Marcus von ihrem Plan, Gracemere zu vernichten, letzten Endes nur profitieren würde.

12. Kapitel
    »Also, was meinst du, Judith? Könntest du

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