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Bleib ungezaehmt mein Herz

Titel: Bleib ungezaehmt mein Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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George Devereux gewesen, aber er hatte nur die nackten Tatsachen geschildert - wie Gracemere ihn des Betrugs beschuldigte, wie er der Öffentlichkeit den anscheinend überwältigenden Beweis präsentierte, der Georges Leben zerstörte, Georges Beteuerung seiner Unschuld und sein Wissen, daß Gracemere derjenige gewesen war, der betrogen hatte.
    Der darauffolgende Skandal hatte George Devereux die Ehre gekostet und ihn ins Exil fliehen lassen, von seiner Familie enterbt und in seiner Schande gezwungen, den Familiennamen abzulegen und mit seinen Kindern fortan unter einem falschen Namen zu leben. Der Skandal hatte seine junge Frau, die Mutter seiner Kinder, dazu getrieben, einen einsamen Tod in einem abgeschiedenen Kloster in Frankreich zu suchen. Und schließlich hatte sein bitteres Vermächtnis von Desillusion und Depression George Jahre später dazu gebracht, sich ebenfalls das Leben zu nehmen.
    Und seine Kinder würden sich für all die Schmach und das Elend rächen.
    Die Macht dieser Überzeugung brachte Sebastian wieder dazu, sich an die Rolle zu erinnern, die er spielen mußte. Es paßte ganz und gar nicht zu seinem Part, wenn er an seinem eigenen Tisch dumpf vor sich hin brütete. »Ich glaube, ich habe für eine Nacht genug Verluste gemacht«, verkündete er gähnend und schob seinen Stuhl zurück. »Gracemere, ich werde mir nächstes Mal Revanche verschaffen...«
    Der Earl sammelte seine Karten ein und lächelte. »Das Vergnügen wird ganz meinerseits sein, Davenport.«
    »Hast du schon öfters mit Gracemere gespielt?« fragte Viscount Middleton, als er nach der Verabschiedung des Earls mit Sebastian in dem schmalen Flur stand. Er sah etwas unbehaglich drein.
    »Nein. Ich habe gehört, er ist gerade erst in die Stadt gekommen.« Sebastian zog seinen Freund mit dem Hinweis auf einen besonders edlen Cognac ins Wohnzimmer zurück. »Was ist mit dir, Harry? Was weißt du über sein Spiel?«
    »Verdammt wenig.« Harry spähte in sein Cognacglas. Er war ein gutaussehender junger Mann, schlank gebaut und von einem stets heiteren, unbekümmerten Wesen, das nach Sebastians Einschätzung seinen Ursprung in einem gesicherten Vermögen und einer unerschütterlichen gesellschaftlichen Position hatte. Was ihn jedoch keineswegs weniger sympathisch machte.
    »Ich möchte nichts Falsches sagen, lieber Freund«, fuhr Harry fort. »Aber... Tatsache ist, daß Gracemere ein ziemlich unangenehmer und gefährlicher Spielgegner sein kann.« Er blickte wieder in sein Glas und ließ die goldene Flüssigkeit darin kreisen. Dann warf er Sebastian einen schrägen Blick zu, der gewitzt wirken sollte.
    »Immerhin, du bist noch neu in London, Sebastian, und... nun ja, nur ein kleiner Tip unter uns, du verstehst... ich will mich da nicht weiter einmischen.«
    Sebastian schüttelte den Kopf. »Heißt das, du willst mich warnen, Harry?«
    Harry schluckte seinen Cognac hinunter. »Gracemere ist ein Spieler, der sich die Taschen gern von anderen füllen läßt. Du wärst nicht das erste Hühnchen...« Er brach ab und hüstelte verlegen. Besser, er deutete nicht an, daß Freunde darin verwickelt sein könnten.
    »Keine Sorge, Harry«, sagte Sebastian. »Ich bin nicht von gestern.«
    »Nein... nein, ich wollte auch nichts dergleichen andeuten. Dachte nur, falls du keine Ahnung hast... sollte ich dich vielleicht darauf aufmerksam machen... na ja, du weißt schon...«
    »Ja, ich weiß, Harry, und ich weiß deinen Hinweis zu schätzen.« Sebastian legte ihm freundschaftlich einen Arm um die Schultern.
    »Du wirst also vorsichtig sein?« Harry ließ nicht locker und verfolgte beharrlich weiter den Pfad freundschaftlicher Pflicht. »Du tätest gut daran.«
    »Das werde ich, keine Bange«, versicherte Sebastian ihm lächelnd. »Ich bin nicht der Tölpel, für den Gracemere mich vielleicht hält. Vergiß das nicht, Harry.«
    Harry runzelte die Stirn in dem Bemühen, die Bemerkung in sich aufzunehmen, aber es war zuviel für sein benebeltes Hirn, und er ging bald darauf nach Hause.
    Sebastian ging kurz darauf zu Bett und erlaubte sich noch eine Weile, angenehmeren Gedanken nachzuhängen. Ein schüchternes blaues Augenpaar, ein zierliches Näschen, ein weicher Mund tauchten vor seinem inneren Auge auf -wie fast jeden Abend in letzter Zeit, seit er die Bekanntschaft von Harriet Moreton gemacht hatte. Er lächelte in der Dunkelheit vor sich hin. Hätte man ihn vorher gefragt, hätte er gesagt, ein naives junges Mädchen, das gerade erst in die Gesellschaft

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