Bleib ungezaehmt mein Herz
eingeführt worden war, würde seine Aufmerksamkeit noch nicht einmal für fünf Minuten fesseln können. Aber Harriet war anders. Sebastian wußte nicht, warum, sie war es einfach. Sie war sanft und nachgiebig, und er sehnte sich danach, sie zu beschützen und ihre Unschuld zu bewahren und...
Pest und Hölle! Er lachte leise über sich selbst. Was würde Ju wohl sagen, wenn sie ihn hören könnte? Er mußte sie bitten, bei Harriets Mutter vorzusprechen. Es würde seine bislang unbemerkte Jagd auf Miss Moreton offiziell machen.
»Nun, ich habe mein Hühnchen gefunden. Es ist reif zum Rupfen«, erklärte Gracemere und trank mit befriedigtem Lächeln einen Schluck Portwein. »Ich habe heute abend siebenhundert Guineas von ihm gewonnen.« Er lockerte sein Halstuch. »Und er schien darüber nicht im geringsten bekümmert.«
»Ich frage mich, wo die beiden herkommen.« Agnes streckte sich auf dem Polsterbett aus und schaute dem Earl lüstern beim Entkleiden zu. Ihre Augen funkelten erwartungsvoll. »Niemand scheint es zu wissen. Andererseits... wer sollte die Abstammung und Vorgeschichte einer Frau, die Marcus Devlin zur Ehefrau gewählt hat, in Zweifel ziehen? Ein Carrington würde wohl kaum eine unpassende Partie eingehen.«
»Ach, du weißt doch, wie diese weitverzweigten Familien auf dem Kontinent sind. Sie sind immer reich und mit Baronen und solchen Titeln durchsetzt.«
»Solange das Hühnchen für deine Zwecke nützlich ist, spielt alles andere keine Rolle.« Agnes nahm eine Schere von ihrem Nachttisch und schnitt gedankenverloren einen eingerissenen Fingernagel ab.
»Nützlich für unsere Zwecke«, verbesserte Gracemere sie sanft. »Was meine eigenen Zwecke betrifft, so habe ich die Absicht, die Beziehung mit Lady Carrington zu pflegen.« Er zog seine Kniehosen aus und warf sie achtlos in eine Ecke. »Es wird Marcus garantiert verärgern.«
»Hast du ihm nicht schon genügend Ärger bereitet?«
Bernards Lachen war so freudlos wie sein Lächeln. »Ich habe immer noch eine Rechnung mit ihm zu begleichen, meine Liebe. Nicht mehr lange, und ich werde seinen Stolz im Staub sehen.« Sein Mund verzog sich zu einem grausamen Grinsen.
»Erzähl doch mal, was an dem Morgen passierte, als er dich mit Martha in diesem Gasthof ausfindig machte.« Sie überlegte, ob er ihr die Geschichte vielleicht dieses Mal anvertrauen würde, aber wie jedesmal wurde seine Miene plötzlich verschlossen und ausdruckslos.
»Das geht nur Carrington und mich etwas an.« Er stützte sich mit einem Knie auf das Bett.
Agnes strich mit der Hand über seinen Schenkel hinauf. Trotz allem, was zwischen ihnen war, trotz all der Dinge, die sie miteinander teilten, trotz der vielen Jahre ihrer Gemeinsamkeit akzeptierte sie, daß dieser Morgen im Gasthaus eine Sache war, die Bernard niemals mit ihr besprechen würde. Nach dem Vorfall war er einen Monat lang verschwunden gewesen, und als er mit seiner Braut in die Gesellschaft zurückkehrte, schien er völlig unverändert; Agnes hatte damals jedoch einen neuen Zug in seinem dunklen Charakter entdeckt, einen, den er stets tief in seiner Seele verborgen hielt.
»Du hast also vor, dich mit der koketten Judith zu amüsieren?« Ihre Fingerspitzen wanderten über seine Lenden. »Du scheinst den Tanz mit ihr neulich abends sehr genossen zu haben.«
Gracemeres Mund verzog sich zu einem höhnischen Lächeln, als er sich mit dem anderen Knie aufs Bett stützte. »Ich werde dafür sorgen, daß Marcus Devlins verdammenswerter Stolz eine Demütigung erfährt und im Staub zertrampelt liegt, meine Liebe. Und Judith wird mir dabei helfen. Natürlich nur, wenn du keine Einwände hast«, fügte er mit spöttisch hochgezogener Braue hinzu.
Agnes lachte und berührte seinen Mund mit der Fingerspitze. »Oh, willst du sie etwa verführen, Liebster? Nein, ich habe keine Einwände. Im Gegenteil, ich werde jede Minute genießen.« Sie lachte wieder, ein tiefes, heiseres, sinnliches Lachen. »Komm zu mir, Liebster. Ich warte schon eine Ewigkeit auf dich.«
Einen Moment lang ignorierte er die Bitte, während er in ihr Gesicht blickte, in seinen Augen ein grausames Glitzern, das dem Glanz in ihren entsprach. Er wußte, wieviel sinnliche Erregung Agnes die Aussicht bereitete, jemandem ernsthaften Schaden zuzufügen. Es versprach eine lange, aufregende Nacht zu werden. Gracemere ließ sich langsam auf das Bett sinken und beugte sich über sie.
»Du mußt natürlich aufpassen, daß dein Techtelmechtel mit Carringtons Frau
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