Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
und hat ein bißchen Aroma verloren. Das erste Mal hatte ich ihn nachgeröstet, da schmeckte er einfach scheußlich, und das zweite Mal habe ich ihn so gekocht wie er war, und da schmeckte er gar nicht so übel. Aber alter Kerl, die Butter ist ganz fabelhaft, die könnte ich wirklich so essen. Ich möchte nun gern noch ein bißchen Butter, vielleicht ein halbes Pfund Kaffee und dann Wäsche, ich meine Unterwäsche. Ich brauche Größe 44, die Farbe stelle ich Dir frei, denn Du hast doch da einen guten Geschmack schon oft bewiesen. Vielleicht gibt es auch noch ein paar Strümpfe mit. Größe 9 ½. Selbstverständlich sollst Du das alles nicht von den 35 M kaufen, die ich Dir geschickt habe. Ich schicke Dir dann schon mal noch was. Auch wenn Du mal was Hübsches für einen Säugling findest, kannst Du ruhig was erstehen. Übrigens hat Frau Kolbe das erste Jäckchen fertig gehäkelt, es sieht einfach süß aus, schade daß Du es nicht gleich bewundern kannst. Paß auf, ich will es Dir aufmalen, Hellgrün mit weiß umhäkelt.
Grete möchte auch gern noch was haben, aber darüber schreibe ich Dir oder sie selber noch Näheres. Die Mutter und Grete lassen mir keine Ruhe mehr, Mutter hat schon ganz hungrige Augen und wir wollen zur Nacht speisen. Bleib gesund und behalt recht lieb
Deinen Robert
der Dich so lieb hat, und so glücklich über Kaffee und Butter ist.
Leipzig, den 25.2. 1942
Mein lieber Hans!
Nachdem nun mein Besuch, es ist aber auch schon bereits 10 Uhr, weg ist, will ich mich nun noch hinsetzen und Dir Deinen Sonntagsbrief schreiben. Ich komme aber jetzt auch zu gar nichts mehr. Zu weniger, als wenn ich ins Geschäft gehe. Habe heute vergeblich auf einen Brief von Dir gewartet, na, vielleicht wird es morgen. Du hat ja meinen diesmal auch nicht Mittwoch bekommen. Die Wäsche habe ich nun Gottlob hinter mir. Ich kann Dir gar nicht sagen, wie froh ich da bin, es war ein rechter Plagg. Am Dienstag früh alle Wäsche aus der Spüle geschmissen, durch die Wringmaschine gewrungen, aufgehangen, Waschhaus sauber gemacht. Da war es auch wieder ½ 4 Uhr, dann bin ich schnell einholen geflitzt und dann sind wir zu Frau Berthold gestartet. Diesmal habe ich Ilse auch mal zum Spielen versetzt. Sie hat es ja schon oft getan und ich bin wirklich durch die Wäsche nicht zum Absagen gekommen. Bei Frau Berthold gab es wunderbare Schokolade nur mit Milch gekocht und Buttersemmelchen. Habe drei Stück verdrückt, kannst Du Dir das vorstellen? Aber jetzt kommt auch die Zeit, wo ich immer essen könnte. Frau Berthold ißt bald nochmal so viel als ich, ist aber auch bedeutend dicker, obwohl ich sechs Wochen weiter bin als sie. Da kommt mir wirklich Deine Butter sehr zugute, brauche ich jetzt wenigstens nicht die alten Marmeladenbrote früh zu essen, die hängen mir sowieso zum Halse heraus. Heute habe ich nun das erste Mal ausgeschlafen, bis ½ 10 Uhr, dafür mußte ich mich aber dann tummeln, daß ich mit meiner Arbeit fertig wurde, denn auf Mutter kann ich nicht viel rechnen, sie hat bald den ganzen Tag mit Vater zu tun. Vielleicht kannst Du ihr mal schreiben, daß sie auch mal an sich denken soll, denn sie sieht nicht gut aus und macht sich auch mit kaputt dabei. Ich nehme ihr schon ab, was ich kann, aber Vater läßt sich von anderen nichts machen, und ich selber könnte ihm jetzt auch nichts machen, da mache ich aber all den anderen Kram jetzt. Als ich heute Mittag fertig war, habe ich mich renoviert und bin dann mal zur Hebamme geflitzt mich anmelden. Persönlich war sie sehr nett, nur sah es um sie rum und in ihrer Wohnung ein bißchen schmuddlig aus. Ich weiß ja auch noch nicht wie alles wird. Wenn es mit Vater nicht besser wird, kann ich sowieso nicht zu Hause bleiben, dann ginge ich in die Nürnberger in die kleine Stube, wo Erika geboren ist, das heißt, wenn sie mich nehmen. Es wird dann auch schwer, wenn ein Kind brüllt, ich kann doch nicht sagen, schreie nicht, und Vater stört dies alles. Ein Kind muß sich aber auch mal richtig ausschreien, dieses Ungewisse kann mich manchmal ganz krank machen, dabei hatte ich es mir so schön vorgestellt, wenn unser Kindchen den ganzen Tag in seinem Bett an der frischen Luft auf dem Balkon stehen kann. Wir können eben nichts tun als abwarten und hoffen. Die Hebamme sagte, daß es am 20.5. soweit sei, also können wir 18., 19. oder 20.5. rechnen. Wegen mir könnte alles vorbei sein. Guten Kaffee soll ich mir von der Hebamme aus aufheben, den bekomme ich dann
Weitere Kostenlose Bücher